Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_E_01_01
DOI: 10.1055/s-2006-952411

Nachweis einer Deletion im X-chromosomal gebundenen KAL1-Gen bei 2 Patientinnen mit Kallmann-Syndrom

SC Friess 1, C Gründker 1, B Hinney 1, G Emons 1
  • 1Georg-August-Universität, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Göttingen

Einleitung: Das Kallmann-Syndrom ist durch eine primäre, hypogonadotrope Amenorrhoe und Anosmie gekennzeichnet, zusätzlich können diverse Stigmata auftreten. Bei Frauen ist es mit einer Häufigkeit von ca. 1 zu 50.000 extrem selten. Es basiert auf einer Vielzahl genetisch unterschiedlicher gonosomaler und autosomaler Defekte. Häufig wird eine Mutation im X-chromosomal gebundenen KAL1-Gen (Xp22.3) als Ursache beschrieben.

Material und Methoden: Es stellten sich eine 15-jährige und eine 30-jährige Patientin mit primärer hypogonadotroper Amenorrhoe und Anosmie in unserer Sprechstunde vor. Bei der zweiten Patientin bestand zusätzlich eine Spaltbildung im Kieferbereich. Nach klinischer Diagnosestellung wurde für beide Patientinnen eine molekulargenetische Diagnostik eingeleitet. Genomische DNA wurde aus weißen Blutkörperchen mit Standardmethoden isoliert. Die 14 Exone des Kal1-Gens wurden mittels PCR amplifiziert und direkt sequenziert. Dazu wurden Primer nach Hardelin et al. (1993) genutzt.

Ergebnisse: Die Sequenzanalyse zeigte bei beiden Patientinnen, ohne Verwandtschaftsbeziehung, eine identische Deletion im KAL1-Gen von 57 Nukleotiden (Pos. 199–255) ohne Leserasterverschiebung.

Diskussion: Bei beiden Patientinnen wurde eine Deletion von 19 Aminosäuren im Kal1-Gen nachgewiesen. Diese Mutation führt sicherlich zu einem funktionslosen oder zumindest in seiner Funktion stark eingeschränkten Genprodukt (Anosmin-1). Anosmin-1 ist ein circa 95 kDa großes extrazelluläres Glykoprotein mit noch unbekannter Funktion. In weniger als 20% der Kallmann-Syndrome können Veränderungen im Kal1-Gen nachgewiesen werden. Andere, unbekannte Faktoren scheinen daher noch eine wichtige Rolle zu spielen. Trotzdem ist die molekulargenetische Analyse des Kal1-Gens sicherlich nützlich. Ob eine routinemäßge Untersuchung des Kal1-Gen sinnvoll ist und somit den Patientinnen als diagnostisches Mittel dienen könnte, ist aber unklar. Sicherlich ist hierfür ein größeres Kollektiv notwendig.