Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_K_02_05
DOI: 10.1055/s-2006-952469

HIV-positive Schwangere – muss die Sectio wirklich sein?

R Kaestner 1, M Sovric 1, A Gingelmaier 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, I. Frauenklinik-Innenstadt, München

Die Frage des Geburtsmodus bei HIV-positiven Schwangeren ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Die für Deutschland gültigen Therapierichtlinien sind auf der Homepage des Robert-Koch Institutes (www.rki.de) veröffentlicht, ein letztes Update stammt aus dem Jahre 2005.

Entgegen der unzweifelhaften Reduktion des vertikalen Transmissionsrikos bei fehlender oder unzureichender medikamentöser Behandlung durch elektive Sectio und der sich daraus ableitenden Empfehlung hierzu werden mögliche körperliche oder seelische Nachteile der Schnittentbindung bzw. deren fehlender oder nur minimaler Nutzen bei optimal medikamentös therapierten Schwangeren nur marginal erwähnt.

Es ist in hohem Maße erstaunlich, dass in Deutschland – im Gegensatz zu vergleichbaren europäischen Nachbarländern–in den letzten 6 Jahren von über 600 HIV-positiven Schwangeren, die um ihre Infektion wußten und in ausgewiesenen Zentren betreut wurden, weniger als 1% geplant und beabsichtigt vaginal geboren haben. Erstaunlich vor allem angesichts der Tatsache, dass bei mindestens 50% von allen eine HAART durchgeführt wurde und die Therapie in 41% zur Reduktion der Viruslast unter die Nachweisgrenze von 50 copies/ml geführt hat, bei weiteren 27% immerhin in einen niedrigen Bereich von unter 1000 copies/ml. Ganz offensichtlich spielen andere Gründe in der Beratung eine Rolle und wahrscheinlich auch die mittlerweile häufige Verharmlosung des Kaiserschnittes, der nunmehr als sanfte Sectio bezeichnet wird. Möglicherweise lassen sich die Behandler durch eigene Ängste oder gar negative Gegenübertragungen unbewußt zu einem solchen Tun verleiten.

Angesichts der komplexen Interventionsmöglichkeiten müssen Vor- und auch Nachteile der einzelnen Strategien aber ehrlich zur Diskussion gestellt werden und wenn Entscheidungsspielraum für die betroffenen Eltern bleibt, sollte dieser auch angeboten werden.

Es werden 4 Kasuistiken geplanter vaginaler Geburten HIV-positiver Schwangerer präsentiert und diskutiert.