Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(44): 2465-2468
DOI: 10.1055/s-2006-955031
Kasuistik | Case report
Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verhinderung des Organversagens beim Organspender

Frühzeitige Identifikation und maximale protektive Therapie nach PolytraumaProtection of multiorgan failure in an organ donorTimely identification and protective therapy in a patient after multitraumaTh Bein2 , A. Obed1 , H. J. Schlitt1
  • 1Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Regensburg
  • 2Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg
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Publication History

eingereicht: 19.6.2006

akzeptiert: 14.9.2006

Publication Date:
25 October 2006 (online)

Zusammenfassung

Anamnese: Eine 18-jährige Frau erlitt bei einem Verkehrsunfall ein Polytrauma mit schwersten Schädelverletzungen. Nach komplizierter Rettung durch die Feuerwehr und Primärversorgung durch den Notarzt wurde in der Notaufnahme die erweiterte Diagnostik und Stabilisierung durchgeführt.

Untersuchungsbefunde: Im Computertomogramm des Schädels (CCT) sah man ein massives generalisiertes Hirnödem mit Aufhebung der Rinden-Mark-Grenze ohne Nachweis einer ausreichenden zerebralen Perfusion nach Kontrastmittelgabe. Die Pupillen waren beidseits weitgestellt ohne Reaktion auf Lichteinfall. Zusätzlich bestanden ein stumpfes Abdominaltrauma, ein ausgeprägter Hämato-Pneumothorax sowie multiple Frakturen von Mittelgesicht und Extremitäten. Eine neurochirurgische Intervention wurde wegen der schweren, diffusen Hirnschädigung nicht für erfolgversprechend erachtet. Die Patientin wurde zur weiteren Therapie auf die Intensivstation aufgenommen.

Verlauf: Auf der Intensivstation wurde trotz der aussichtslosen Prognose eine maximale Therapie weitergeführt (u. a. Massivtransfusion, Thoraxdrainage, kontinuierliche Hämodiafiltration). Ein Kontroll-CCT zeigte nun eine weitgehende morphologische Aufhebung der Hirnstrukturen mit beginnender Infarzierung. Die Analgosedierung wurde beendet. Nach einer 48-stündigen intensiven Therapiephase erfolgte die Feststellung des Hirntodes; die Angehörigen willigten in die Organspende ein. Die Explantation von Herz und Nieren wurde unter stabilen hämodynamischen Bedingungen vorgenommen. Lunge, Leber und Pankreas konnten wegen der traumatisch bedingten Schädigung nicht transplantiert werden.

Schlussfolgerung: Die frühzeitige Befunderhebung, die konsequente Einbeziehung der Möglichkeit einer Organspende in die Entscheidungsprozesse sowie die maximale organprotektive Therapie beim potenziellen Organspender ermöglicht auch bei zunächst eingeschränkten Organfunktionen die Klärung der Spendereignung. So kann - im Falle des Sterbens des Patienten im Hirntod - durch Aufrechterhaltung der Organfunktionen schwerkranken Menschen durch eine Transplantation geholfen werden.

Summary

Anamnesis: A 18-year-old woman suffered from severe multitrauma in combination with acute brain injury (Glasgow Coma Scale Score = 4) after road accident. After prolonged rescue measures and emergency stabilisation the patient was transferred by helicopter to the emergency department of our clinic.

Investigations: Cranial computertomography showed a severe general cerebral edema and a marked reduction in cerebral perfusion. Additionally, blunt abdominal injury, severe chest injury and multiple fractures were seen. Due to the severe and diffuse brain injury, a neurosurgical intervention was not possible. The patient was transferred to the intensive care unit.

Therapy and course: Intensive supportive therapy was started (artificial ventilation, massive transfusion, volume replacement, insertion of a chest tube, renal replacement therapy). Control cerebral computertomography indicated a complete destruction of the cerebral parenchyma and infarction. Sedation was stopped. After 48-hours of intensive care therapy brain death was stated and the approval for organ donation was given by the next of kin. Heart and kidneys were explanted and transplanted successfully.

Conclusion: Even under conditions of limited organ functions early identification and maximal supportive therapy may help to supply organ donation. Under certain condition, multiorgan failure may be reversible in possible organ donors.

Literatur

  • 1 Bein Th, Schlitt H J, Bösebeck D, Bele S, Krämer B, Taeger K. Hirntodbestimmung und Betreuung des Organspenders.  Dtsch Ärztebl. 2005;  102 A278-283
  • 2 Deutsche Stiftung Organtransplantation. http://www.dso.de
  • 3 Deutsche Stiftung Organtransplantation .Jahresbericht 2005. Neu Isenburg 2006
  • 4 Deutsche Stiftung Organtransplantation .Das Transplantationsgesetz - TPG, Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (1997),. Vertrag nach § 11 TPG zur Koordinierungsstelle Organspende 2000
  • 5 Mauer D, Gabel D, Eisenreich S, Smit H. Organspende in Deutschland: Aktuelle Situation und Zukunftsperspektive.  Intensivmed. 2003;  40 538-548
  • 6 Mauer D, Nehammer N, Bösebeck D, Wesslau C. Die organprotektive Therapie bei postmortalen Organspendern.  Intensivmed. 2003;  40 574-584
  • 7 Mascia L, Bosma K, Pasero D. Ventilatory and hemodynamic management of potential organ donors: An observational survey.  Crit Care Med. 2006;  34 321-327
  • 8 Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes. Dritte Fortschreibung 1997 mit Ergänzungen gemäß Transplantationsgesetz. Deutsches Ärzteblatt 30; http://www.BÄK.de 1998: 95

Prof. Dr. Thomas Bein

Kliniken für Anästhesiologie, Universitätsklinikum

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