Z Gastroenterol 2006; 44 - P_38
DOI: 10.1055/s-2006-955508

Bilateraler Hörverlust als Zeichen einer Meningeosis carcinomatosa beim Kardiakarzinom

K Stock 1, P Hulin 5, S Astner 2, F Eckel 1, F Neff 3, S Schmidt 4, A Grosu 2, RM Schmid 1, C Lersch 1
  • 1Klinikum rechts der Isar, II. Medizinische Klinik und Poliklinik
  • 2Klinikum rechts der Isar, Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie
  • 3Institut für Pathologie der TU München
  • 4Institut für Röntgendiagnostik der TU München
  • 5Klinikum rechts der Isar, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Einführung: Bei onkologischen Patienten mit rasch progredienter Schwerhörigkeit muss in erster Linie an eine (chemo-) therapie-bedingte Ototoxizität, in zweiter Linie an andere, paraneoplastische oder metastatische Ursachen gedacht werden. Im vorliegenden Fall trat diese letztere Komplikation bei einem Patienten mit Kardiakarzinom auf, was nach Literaturlage eine seltene Manifestation darstellt.

Fallbericht: Ein 75jähriger Patient mit einem hepatisch metastasierten Kardiakarzinom hatte eine palliative Chemotherapie 1st line mit Docetaxel, bei Progress 2nd line mit Cisplatin (Kumulative Dosis: 644mg) und 5-FU erhalten.

Zwei Monate nach der letzter Cisplatingabe und neun Monate nach Diagnosestellung ertaubte der Patient auf dem linken Ohr. Einen Monat später wurde er auch auf dem rechten Ohr taub, außerdem kam ein unsystematischer Schwindel dazu. Im kraniellen MRT stellten sich beidseits unklare Raumforderungen im Bereich inneren Gehörgänge dar. Daraufhin wiederholt durchgeführte Liquorpunktionen waren unauffällig. Ein kurzfristiges Restaging zur Therapieplanung zeigte im MRT eine Größenzunahme der Raumforderungen im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels beidseits, sowie lateral des Sinus cavernosus rechts. Eine erneute Liquorpunktion bestätigte schließlich den Befund einer Meningeosis carcinomatosa als wahrscheinlichste Ursache der Taubheit. Unter der anschließenden intrathekalen Chemotherapie und perkutane Strahlentherapie zeigte sich zwar eine Größenregredienz der Meningeosis, die bestehende Taubheit und der Schwindel veränderten sich jedoch nicht. Der Patient verstarb unter supportativer Therapie sechs Monate nach Auftreten des plötzlichen Hörverlustes.

Schlussfolgerung: Bei Tumorpatienten mit rasch progredientem, beidseitigen Hörverlust muss die Möglichkeit einer Meningeosis carcinomatosa neben einer toxischen Hörschädigung in Betracht gezogen werden. Liquorpunktionen können neben kranieller Bildgebung die klinische Verdachtsdiagnose untermauern, müssen jedoch bei negativem Befundergebnis unter Umständen wiederholt werden.