Fortschr Neurol Psychiatr 1998; 66: S9-S12
DOI: 10.1055/s-2007-1001157
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Opipramol im Vergleich zu anderen Therapeutika - Neue pharmakologische Daten

W. E. Müller , B.  Siebert
  • Pharmakologisches Institut, Biozentrum der Johann Wolfgang von Goethe Universität, Frankfurt
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. Januar 2008 (online)

Zusammenfassung

Opipramol wurde in den frühen 60er Jahren als imipraminanaloge Substanz entwickelt. Aufgrund der großen Ähnlichkeit der trizyklischen Grundstruktur und gewisser Ähnlichkeiten im pharmakologischen Wirkprofil hat man Opipramol zunächst zu den trizyklischen Antidepressiva gerechnet. Diese primär auf der chemischen Struktur basierende Klassifikation wurde nach unterschiedlichen Erfolgen bei depressiven Patienten dann auch von der Pharmakologie in Frage gestellt, da gezeigt werden konnte, daß der primäre biochemische Wirkungsmechanismus der trizyklischen Antidepressiva (Hemmung der neuronalen Aufnahme von Noradrenalin und Serotonin) nur für sehr hohe Konzentrationen von Opipramol gilt, die therapeutisch nicht relevant sind.

Nachdem durch die klinische Erfahrung die Wirkqualitäten von Opipramol dann mehr im Bereich von Angststörungen gesehen wurden, hat man in den letzen Jahren die Substanz vermehrt in pharmakologischen Angstmodellen untersucht. Hier konnte eine spezifische anxiolytische Wirkung von Opipramol bestätigt werden. Zum Beispiel ist die Substanz im Elevated-Plus-Maze-Test schon bei 10fach geringeren Dosen wirksam. als im weitverbreiteten Depressionsmodell des Immobilisationstests.

Ein weiterer Vergleich der verhaltenspharmakologischen Effekte von Opipramol zeigt, daß sich die Substanz weder den klassischen trizyklischen Antidepressiva noch den klassischen Tranquillantien wie z. B. den Benzodiazepinen zuordnen läßt. Dieses spezifische verhaltenspharmakologische Profil wirft natürlich erneut die Frage nach dem biochemischen Wirkmechanismus auf.

Nachdem eine Hemmung der neuronalen Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin ausgeschlossen werden kann, hat man untersucht, inwieweit Interaktionen mit verschiedenen Neurorezeptoren in Frage kommen. Hier zeigt Opipramol stark antagonistische Eigenschaften an Histamin-H1-Rezeptoren, die allerdings eher die sedierenden Eigenschaften erklären können. Die Beeinflussung von Dopamin-D2- und Serotonin2-Rezeptoren ist nur mäßig ausgeprägt und möglicherweise nicht in der lage. die zum Teil schon bei sehr niedrigen Dosen zu sehenden verhaltenspharmakologischen Effekte von Opipramol in Anxiolytikamodellen zu erklären. Auf der anderen Seite konnte man für Opipramol sogar eine Verstärkung dopaminerger Wirkmechanismen im ZNS nachweisen, die mit den anxiolytischen Eigenschaften in Verbindung gebracht werden könnte. Als Mechanismus scheint allerdings hier weniger der direkte D2-Antagonismus in Frage zu kommen, sondern eine Interaktion mit Sigma-Rezeptoren. Oie hohe Affinität von Opipramol zu diesen Rezeptoren haben wir kürzlich auch selbst bestätigen können. Wenn sich diese Befunde in weiteren Untersuchungen festigen lassen, wäre Opipramol möglicherweise Prototyp einer Klasse von Anxiolytika mit dem Wirkmechanismus einer indirekten dopaminergen Aktivierung.

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