Fortschr Neurol Psychiatr 1985; 53(5): 168-176
DOI: 10.1055/s-2007-1001964
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schizoaffektive Psychosen in Deutschland und in Japan - Eine transkulturell-psychiatrische Studie

Schizoaffective Psychoses in Germany and in Japan - A transcultural psychiatric studyW.  Omata
  • DAAD-Forschungsstipendiat an der Nervenklinik der Universität München
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Publication Date:
10 January 2008 (online)

Abstract

71 Japanese patients, who were diagnosed as a schizoaffective psychosis (ICD-295.7) and admitted in the year of 1979 in the department of psychiatry of Nagoya City University Hospital and psychiatric ward of its branch hospital, were investigated on the following clinical features: Age of the first psychotic manifestation, heredity, premorbid personality, situation of manifestations, symptomatology, clinical course, somatic complications, EEG-findings and sorts of treatments. This group then was compared statistically with 71 German patients with schizoaffective psychoses, who were admitted in the year of 1980 in the psychiatric department of Munich University Hospital. The statistical differences between these two groups revealed mainly in their symptomatology, not in the other clinical features mentioned above exept a certain type of the premorbid personality and a certain situation of falling ill.

As for the delusions, the delusion of reference was very commonly found among the Japanese group, but relatively few in the German (p < 0,01). On the other hand, the delusion of guilt was much frequent among the German, but extremely rare in the Japanese (p < 0,001). The depressive symptoms were more frequently seen in the German (p < 0,001), whereas the catatonic symptomes were more commonly found in the Japanese. Delusion of possession was seen in the Japanese group exclusively. On the premorbid personality types, the trait of the sensitive personality was more frequently found in the Japanese (p < 0,05), however, when considering the situations of the manifestations, the inner familial conflicts were found much fewer in the Japanese {p < 0,05).

These statistically proved differences between the two groups may be interpreted by the social psychology, with special reference to the religious and social structures of the both countries.

Zusammenfassung

Bei 71 japanischen Patienten, die sich im Jahre 1979 wegen einer schizoaffektiven Psychose (ICD-295.7) in der psychiatrischen Klinik der städtischen Universität Nagoya und dessen Verbindungskrankenhaus befanden, wurden folgende klinische Merkmale untersucht: Ersterkrankungsalter, Heredität, Ausgangspersönlichkeit, Erkrankungssituation, Symptomatologie, Verlaufsform, somatische Komplikationen, EEG-Befunde und Behandlungsarten. Diese Gruppe wurde dann mit 71 deutschen Patienten mit schizoaffektiven Psychosen statistisch verglichen, die im Jahre 1980 an der Nervenklinik der Universität München behandelt wurden. Dabei ergaben sich statistische Unterschiede in verschiedenen klinischen Merkmalen, hauptsächlich aber in der Symptomatologie: Von einem bestimmten Persönlichkeitstyp und einer bestimmten Erkrankungssituation abgesehen, kamen statistische Unterschiede in den anderen Merkmalen praktisch nicht vor.

Bei den Wahnthemen findet sich Beziehungswahn ausgesprochen häufig bei den japanischen Patienten und verhältnismäßig selten beim deutschen Krankengut (p < 0,01). Dagegen ist der Schuldwahn bei den deutschen Patienten häufiger, umgekehrt aber extrem selten bei den japanischen (p < 0,001). Auch depressive Zustandsbilder sind beim deutschen Krankengut häufiger (p < 0,001). Katatone Symptome hingegen überwogen bei der japanischen Gruppe. Besessenheitserlebnisse fanden sich ausschließlich bei den japanischen Patienten. Als prämorbide Persönlichkeitszüge war der sensitive Persönlichkeitsanteil bei der japanischen Gruppe häufiger (p < 0,05), als Erkrankungssituation waren innerfamiliäre Konfliktsituationen bei der japanischen seltener (p < 0,05) als bei der deutschen.

Diese statistisch erwiesenen Verschiedenheiten zwischen beiden Gruppen wurden vorwiegend sozialpsychologisch interpretiert, unter besonderer Berücksichtigung der Unterschiede des Glaubens und der Gesellschaftsstruktur beider Länder.

Von den oben genannten Unterschieden abgesehen, die jedoch in der klinischen Symptomatik liegen, stimmen andere klinische Merkmale in beiden Gruppen weitgehend überein. Diese Merkmale sollen bei der Diagnosenstellung schizoaffektiver Psychosen, insbesondere aber bei einer internationalen Vergleichsstudie, eher berücksichtigt werden als das symptomatologische Merkmal. Darüber hinaus können die kulturell unbeeinflußbaren Ausgestaltungen der Psychosen zu einem besseren Verständnis für Wesenszüge im psychotischen Prozeß beitragen.

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