Fortschr Neurol Psychiatr 1984; 52(9): 293-301
DOI: 10.1055/s-2007-1002027
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auswirkungen psychopharmakologischer Behandlung auf die sexuellen Funktionen*

Effects of Psychopharmacological Treatment on Sexual FunctionsB.  Strauß , J.  Gross
  • Psychiatrische und Nervenklinik der Universität Hamburg
*Die Arbeit wurde gefördert durch Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SFB 115 / C 24).
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Publication Date:
10 January 2008 (online)

Abstract

Undesirable effects of psychopharmacological treatment on sexual functioning in males and females are summarized in this paper. As the review suggests, all substances used in psychiatric pharmacotherapy might affect sexual functions to a marked extent, a fact which can be explained by different properties of the medication. Review of the literature reveals that the disturbances most frequently provoked by the different substances are diminished sexual interest and ejaculatory impairment. This conclusion can be drawn despite a lack of controlled studies giving indication as to the frequency and practical importance of the effects of psychopharmacological treatment on a patients sexuality. Contrary to expectations, sexual impairment in most of the reports is clearly attributable to a special substance and appears to be independent of the basic psychiatric disturbance. One of the most intriguing results of the review is that considerably fewer reports on the effects of the medication on female sexuality have been published than on male patients. Reports on female patients deal with impaired reproductive functioning, mainly menstrual cycle disturbances. The need for systematic investigation of the effects of psychopharmacological treatment on sexuality is discussed on the basis of the theoretical importance of these effects for the individual patient and in view of the fact that psychotropic medication is frequently prescribed to patients with sexual dysfunctions or deviations without knowledge of the actual effects of the substances on sexual behaviour.

Zusammenfassung

Auf der Grundlage zahlreicher Original- und Übersichtsarbeiten werden unerwünschte Wirkungen psychopharmakologischer Behandlung auf die sexuellen Funktionen von Frauen und Männern zusammengefaßt. Danach ist von nahezu allen in der psychiatrischen Pharmakotherapie gebräuchlichen Wirkstoffen eine zum Teil massive Beeinträchtigung der sexuellen Reaktionsfähigkeit zu erwarten, die durch unterschiedliche Eigenschaften der Medikamente erklärt werden kann. Wie die Literatur zeigt, sind neben Beeinträchtigungen sexueller Appetenz bei den meisten Substanzen vor allem Störungen der Ejakulation die am meisten provozierten Auswirkungen. Die Aussage ist möglich, obwohl im Gegensatz zu anderen körperlichen und psychischen Nebenwirkungen kaum kontrollierte Studien vorliegen, die Hinweise auf die Häufigkeit und praktische Bedeutung der Wirkung eines Pharmakons auf die Sexualität geben. Entgegen häufig geäußerten Erwartungen lassen sich die berichteten Beeinträchtigungen im sexuellen Verhalten meist eindeutig auf einen bestimmten Wirkstoff zurückführen und von Einflüssen der Grunderkrankung trennen. Eines der auffälligsten Ergebnisse dieses Literaturüberblicks ist, daß Angaben zum Einfluß der Medikation auf die Sexualität von Frauen kaum vorliegen und sich die Berichte fast ausschließlich auf männliche Patienten beziehen, während in Berichten über weibliche Patientinnen Störungen der Reproduktionsfähigkeit, insbesondere Zyklusstörungen, im Vordergrund stehen. Die Notwendigkeit einer systematischen Untersuchung des Effekts psychopharmakologischer Behandlung auf das sexuelle Verhalten wird auf der Grundlage ihrer theoretischen Bedeutung für den Patienten diskutiert und angesichts der Tatsache, daß zahlreiche psychotrope Medikamente Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen oder Deviationen verabreicht werden, ohne daß man deren Einfluß auf die Sexualität genau kennt.

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