Notfallmedizin up2date 2007; 2(1): 21-42
DOI: 10.1055/s-2007-964825
Reanimation

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erstversorgung und Reanimation von Neugeborenen

Georg Hansmann, Christoph Bührer, Mark Dzietko, Thomas Höhn
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 October 2007 (online)

Preview

Kernaussagen

Die ILCOR‐Autoren haben im üblichen fünfjährigen Abstand die dankenswerte Aufgabe übernommen, die aktuellen Reanimations-Richtlinien an die veränderte Datenlage anzupassen. Leider sind die Entscheidungswege, auf denen die Verfügbarkeit einer einzigen randomisierten Studie im einen Fall ausreicht, um bestehende Richtlinien zu ändern und im anderen Fall nicht, wenig bis gar nicht transparent. Als Autoren der vorliegenden Arbeit halten wir die Datenlage zum intranatalen Absaugen von Mekonium durch die Geburtshelfer auf dem Boden einer einzigen Studie für nicht ausreichend, das (stellenweise mühsam etablierte) Vorgehen bei drohender Mekoniumaspiration zu modifizieren und plädieren deshalb derzeit für die weitere Beibehaltung dieser Maßnahme.

Die wenig konkreten Ausführungen zur Frage der initialen Sauerstoffkonzentration bei der Reanimation von Neugeborenen kann man als vorsichtiges Annähern an eine Reanimation mit Raumluft verstehen (hier schien die Konsensfindung zwischen Amerikanern und Europäern besonders schwierig). Es erscheint sinnvoll, eine Reanimation mit Raumluft zu starten; der wichtigste Aspekt für das Wiederherstellen der Zirkulation ist ohnehin das Ausmaß der Lungenbelüftung. Persistiert im Verlauf trotz guter Lungenbelüftung eine Zyanose, so kann die Sauerstoffkonzentration bedarfsangepasst erhöht werden. Dieses Vorgehen macht das Vorhandensein eines Sauerstoffmischers und einer präduktalen pulsoxymetrischen Überwachung der Sauerstoffsättigung erforderlich. Zudem sollte ein Druckmanometer zum Standardmonitoring im Kreißsaal gehören, um unnötig hohe PIP und Atemhubvolumina zu vermeiden.

ILCOR hat den Standard-Algorithmus (Abb. [1]) zur Neugeborenen-Reanimation weiter vereinfacht: Ab einer Herzfrequenz unter 100/min erfolgt (bis auf wenige Ausnahmen) eine mindestens 30 s dauernde, effektive Ventilation via Maskenbeatmung oder Endotrachealtubus (FiO2 0,21 - 1,0). Für den seltenen Fall, dass danach die Herzfrequenz (u. U. weiterhin) unter 60/min liegt, werden Thoraxkompressionen (präferenziell 2-Daumen-Klammergriff-Technik, Abb. [3]) im 3:1-Rhythmus mit den Beatmungshüben durchgeführt (insgeamt ca. 90 Thoraxkompressionen und 30 Beatmungshübe pro Minute; hinsichtlich Adrenalin- und Volumengaben siehe Haupttext).

Trotz vieler ungeklärter Fragen scheint eine innerhalb der ersten sechs Lebensstunden begonnene Kühlung schwer asphyktischer reifer oder fast reifer Neugeborener um 3 - 4 °C (systemisch oder mit Kühlhaube) ein erfolgversprechender neuroprotektiver Ansatz mit geringen Nebenwirkungen zu sein, dessen weitere Überprüfung Gegenstand laufender Studien ist.

Literatur

Dr. Georg Hansmann

Department of Pediatrics, M691
University of California San Francisco

505 Parnassus, Box 0110

San Francisco, California 94143

USA

Phone: + 1 415-476-6245

Fax: + 1 415-476-4009

Email: HansmannG@peds.ucsf.edu