Gastroenterologie up2date 2007; 3(2): 91-92
DOI: 10.1055/s-2007-966622
Klinisch-pathologische Konferenz

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Juvenile Polyposis des Magens

Stefan  P.  Mönig, Arnulf  H.  Hölscher
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Publication Date:
03 July 2007 (online)

Sicht des Chirurgen

Genetik und Karzinomrisiko

Die juvenile Polyposis stellt ein seltenes, autosomal dominant erbliches Syndrom dar, welches durch multiple gastrointestinale hamartomatöse Polypen charakterisiert ist und mit einem erhöhten Karzinomrisiko einhergeht [1] [2]. Die Polyposis betrifft vorwiegend das Kolon, kann sich aber auch im Magen und im Dünndarm manifestieren. Ursächlich wird eine Mutation in Genen der TGFβ-Familie angesehen, insbesondere in MADH4 (SMAD4/DPC4), einem ubiquitär exprimierten Gen, welches bei der Signaltransduktion von TGFβ eine Rolle spielt [3]. Daneben werden Mutationen in anderen Genen wie BMPR1A beschrieben [3]. Ausgeprägte Fälle der Polyposis sind gehäuft mit Mutationen in MADH4 vergesellschaftet, wobei auch ein erhöhtes Karzinomrisiko beobachtet wurde [1] [3] [4]. Das Risiko für eine Karzinomentwicklung im Magen bei juveniler Polyposis wird in der Literatur sehr variabel mit 9 - 50 % angegeben [1].

Klinik und Diagnostik

Die Blutung mit konsekutiver Anämie stellt das häufigste Symptom bei Magenbefall durch eine juvenile Polyposis dar und führt bei Rezidivblutungen nicht selten zur Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention [6] [7] [8]. Dieses endoskopisch nicht immer eindeutig zu diagnostizierende Krankheitsbild wird wie in dem vorliegenden Fall häufig erst am Resektionspräparat erkannt. Die Resektion erfolgte im berichteten Fall aufgrund der endoskopischen und bioptisch-histopathologischen Verdachtsdiagnose eines Morbus Ménétrier, einer fakultativen Präkanzerose [5].

Indikationen für eine Magenresektion

Bei der juvenilen Polyposis können einzelne Polypen endoskopisch abgetragen werden und bei fehlender Dysplasie engmaschig kontrolliert werden.

Multiple Polypen. Liegen multiple Polypen im Magen vor, so ist eine zuverlässige endoskopische Kontrolle häufig nicht möglich. In diesen Fällen kann eine Resektion des Polypen tragenden Magenabschnitts diskutiert werden [9]. Bei nachgewiesener Dysplasie in einem Polypen sollte die Indikation zur Magenresektion großzügig gestellt werden [1] [9]. Eine nachgewiesene Mutation in MADH4 ist nach der vorliegenden Literatur aufgrund des erhöhten Karzinomrisikos ein zusätzlicher Indikator für eine Magenresektion [4]. Die Indikation zur systematischen Lymphadenektomie sollte in diesen Fällen aufgrund der kontroversen Diskussion um den prognostischen Stellenwert der Lymphadenektomie insgesamt eher zurückhaltend gestellt werden [10].

Manifestes Magenkarzinom. Liegt bereits ein manifestes Magenkarzinom vor, so ist eine an Leitlinien orientierte Therapie mit systematischer Lymphadenektomie zu fordern [11]. Bei lokal fortgeschrittenen Karzinomen ist fachübergreifend die Indikation zu einer neoadjuvanten Therapie, z. B. nach dem MAGIC-Trial, zu diskutieren [12].

Literatur

  • 1 Howe J R, Mitros F A, Summers R W. The risk of gastrointestinal carcinoma in familial juvenile polyposis.  Ann Surg Oncol. 1998;  5 751-756
  • 2 Huang S C, Cheng C R, Lavine J E. et al . Genetic heterogenety in familial juvenile polyposis.  Cancer Res. 2000;  60 6882-6885
  • 3 Friedl W, Uhlhaas S, Schulmann K. et al . Juvenile polyposis: massive gastric polyposis is more common in MADH4 mutations carriers than in BMPR1A mutation carriers.  Hum Gen. 2002;  111 108-111
  • 4 Shikata K, Kukita Y, Matsumoto T. et al . Gastric juvenile polyposis associated with germline SMAD4 mutation.  Am J Med Genet. 2005;  134A 326-329
  • 5 Elder J B. Carcinoma of the stomach. In: Haubrich WS, Schaffner F (eds) Bockus Gastroenterology, 5th. edn Philadelphia; WB Saunders 1995: 854-874
  • 6 Hizawa K, Iida M, Yao T. et al . Juvenile polyposis of the stomach: clinicopathological features and its malignant potential.  J Clin Pathol. 1997;  50 771-774
  • 7 Blaas S H, Röcklein G, Wilke J. et al . Chronic anaemia in a patient with haemorrhagic teleangiectasia and juvenile polyposis.  DMW. 2006;  131 1803-1806
  • 8 Winkler A, Hinterleitner T A, Högenauer C. et al . Juvenile polyposis of the stomach causing recurrent upper gastrointestinal bleeding.  Eur J Gastroneterol Hepatol. 2007;  19 87-90
  • 9 Coburn M C, PricoloVE , DeLuca F G. et al . Malignant potential in intestinal juvenile polyposis syndromes.  Ann Surg Oncol. 1995;  2 386-391
  • 10 Hartgrink H H, van de Velde C JH, Putter H. et al . Extended lymph node dissection for gastric cancer : who may benefit? Final results of the randomized dutch gastric cancer group trial.  JCO. 2004;  22 2069-2077
  • 11 AMW online Leitlinie Magenkarzinom. Dt. Krebsgesellschaft/ Dt. Ges. f. Chirurgie 2003
  • 12 Cunningham D, Allum W H, Stenning S P. et al . Perioperative chemotherapy versus surgery alone for respectable gastroesophageal cancer.  NEJM. 2006;  35 11-20

PD Dr. S. P. Mönig

Klinik und Poliklinik für Visceral- und Gefäßchirurgie

Universität zu Köln

Kerpener Straße 62

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Email: stefan.moenig@uk-koeln.de

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