Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2007; 2(4): 289-312
DOI: 10.1055/s-2007-966867
Schultergürtel und obere Extremität

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aktueller Stand der Schulterendoprothetik

U.  Irlenbusch1 , L.  Irlenbusch2
  • 1Marienstift Arnstadt, Orthopädische Klinik, Arnstadt
  • 2Abteilung für Unfallchirurgie/Sporttraumatologie/Arthroskopische Chirurgie, Zentrum für Erkrankungen und Verletzungen der Haltungs- und Bewegungsorgane (ZHBO), Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Mai 2008 (online)

In der modernen Schulterendoprothetik steht neben dem „Weichteilbalancing” die Anpassung der Implantate an die komplizierte knöcherne Anatomie (variable Retrotorsion und Inklination sowie variables mediales und dorsales Offset) im Vordergrund.

Eine einfach oder doppelt exzentrisch verstellbare Positionierung der Kopfkalotte gegenüber der Schaftachse sowie eine verstellbare Inklination erlauben eine optimale Anpassung an die anatomischen und pathologisch-anatomischen Verhältnisse (bony balancing). Durch diese technischen Möglichkeiten lassen sich die einzelnen Parameter des Gelenkes leichter und exakter rekonstruieren als mit herkömmlichen Prothesen. Die besseren Adaptionsmöglichkeiten spiegeln sich in sehr guten klinischen Ergebnissen wider (korrigierter Constant-Score nach 2 Jahren über 90 %).

Aufgrund ihrer Verstellmöglichkeiten eignen sich die modernen Prothesen auch sehr gut für die sekundäre Frakturversorgung. Vielfach müssen die in Fehlstellung verheilten Tuberkula und Kopffragmente nicht mehr mobilisiert werden, sondern nach Osteotomie der Kopfkalotte wird die Prothese der Fehlstellung angepasst. Dies hat den Vorteil, dass keine sekundäre Insuffizienz der Rotatorenmanschette infolge Osteolyse der Tuberkula zu befürchten ist, die einen Funktionsverlust des Gelenkes bedingen würde.

Totalendoprothesen erzielen eindeutig bessere Ergebnisse als Kopfprothesen, sodass sie vorzugsweise implantiert werden sollten, wenn nicht zwingende Gründe dagegen sprechen. Nur bei irreparablen Rotatorenmanschettenrupturen, fixierter anterosuperiorer Migration, intaktem Pfannenknorpel (aseptische Humeruskopfnekrose), schlechter Knochensubstanz und zu straffen Gelenken bzw. einer zu starken Neigung des Glenoids nach dorsal sind sie nicht indiziert.

Die Ergebnisse hängen in starkem Maße vom Ausgangsbefund ab. Während bei primärer Arthrose und Humeruskopfnekrose oftmals eine über dem Altersdurchschnitt liegende Funktion erreicht werden kann, lässt die Implantation bei Rheumatoidarthritis, Rotatorenmanschettendefekten, Frakturen und posttraumatischen Zuständen von vornherein lediglich ein begrenztes Ergebnis erwarten. Die Indikation zu dem Eingriff ist deshalb sehr individuell zu stellen und kann auch bei einer voraussichtlich nur relativ geringen Verbesserung sinnvoll sein, da eine absolut zwar nur geringe Funktionsverbesserung für den einzelnen Patienten eine umso größere Bedeutung haben kann.

Die wichtigste Frühkomplikation stellen Instabilitäten und Luxationen mit einer Häufigkeit bis zu 38 % dar.

Die häufigste Spätkomplikation ist die aseptische Pfannenlockerung. Klinisch nicht manifeste, aber radiologisch sichtbare Resorptionslinien sind bereits nach kurzer Zeit zu beobachten und werden in bis zu 76 % der Fälle beschrieben. Die klinisch manifeste Lockerung beträgt dagegen nur 5 - 15 %.

Die Überlebensrate (Kaplan-Meier-Kurve) wird nach 7,5 Jahren mit 70 - 96 % angegeben.

Neben den Schaftprothesen sind innovative Neuentwicklungen auch auf den Gebieten des Oberflächenersatzes, der Humerushalsprothesen, Frakturprothesen und inversen Prothesen zu verzeichnen.

Aktuelle Entwicklungen zielen darauf ab, eine Kompatibilität von anatomischen mit inversen Systemen zu erreichen. Die Notwendigkeit ergibt sich aus der zunehmenden Rate an Wechseloperationen und dem Wunsch, beim Wechsel auf ein inverses System den Schaft nicht mitwechseln zu müssen.

PD Dr. med. Ulrich Irlenbusch

Marienstift Arnstadt

Orthopädische Klinik

Wachsenburgallee 12

99310 Arnstadt

Telefon: 03628/720151

Fax: 03628/720153

eMail: irlenbusch@ms-arn.de

    >