Rofo 2007; 179(3): 205-207
DOI: 10.1055/s-2007-972180
Bildessay

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bildgebende Diagnostik des Hyperparathyroidismus

Imaging in HyperparathyroidismM. Horger, R. Bares, M. Vogel, K. Müssig
  • Tübingen
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 March 2007 (online)

 

Der primäre Hyperparathyreoidismus (pHPT) ist gekennzeichnet durch eine Hyperkalzämie infolge einer autonomen, exzessiven Sekretion von Parathormon (PTH). Bei den meisten Patienten mit pHPT (80-90%) ist ein solitäres Adenom der Nebenschilddrüse (NSD) ursächlich für die vermehrte Sekretion von PTH. In 10-20% der Fälle liegt eine NSD-Hyperplasie vor und kann mit einer Multiplen Endokrinen Neoplasie (MEN) Typ 1 oder Typ 2a vergesellschaftet sein. Seltenere Ursachen für einen pHPT sind NSD-Karzinome, familiäre Formen, etwa die familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie, oder ektope PTH-sezernierende Neoplasien. Der pHPT kann lange Zeit asymptomatisch verlaufen und wird deshalb häufig zufällig im Rahmen der Abklärung anderer Beschwerden festgestellt. Die Inzidenz des pHPT nimmt mit dem Alter zu und beträgt bei älteren Menschen etwa 1:1000, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Eine ausgeprägte Hyperkalzämie infolge einer PTH-Hypersekretion kann sich als Polyurie, Polydipsie, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme, Adynamie, psychische Veränderungen und Somnolenz bis hin zum Koma manifestieren. Weitere mögliche Folgeerkrankungen oder Komplikationen des pHPT sind arterielle Hypertonie, Nephrolithiasis, Osteopenie und Osteoporose, Gicht, peptische Ulzera und Pankreatitis. Die Diagnose des pHPT wird laborchemisch durch den Nachweis eines erhöhten oder bei bestehender Hyperkalzämie inadäquat normalen Serum-PTH-Werts gestellt.

Die sekundäre Form des HPT entsteht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf einer renalen Grunderkrankung durch eine chronische Hypokalzämie. Infolge eines über Jahre hinweg bestehenden sekundären HPT kann sich eine Autonomie in Form einer diffusen Hyperplasie oder einer adenomatösen Veränderung innerhalb der Hyperplasie entwickeln.

Die Bildgebung des HPT erfolgt mit der Zielsetzung einer präoperativen Lokalisationsdiagnostik. Neben der typischen Lage am Ober- und Unterpol der Schilddrüse (SD) sollten immer auch seltenere Lokalisationen (paraösophageal, tracheoösophageal, entlang der A. carotis sowie retrosternal, oft ventral der V. anonyma) beurteilt werden. Die hochauflösende Halssonografie stellt den ersten Schritt in der bildgebenden Diagnostik des HPT dar. Die Sensitivität der Sonografie in der Detektion von NSD-Adenomen hängt primär von deren Lokalisation (geschätzt 70% bei typischer anatomischer Lage) und Größe ab. Im Vergleich zum SD-Parenchym stellen sich NSD-Adenome als echoarm bis echofrei dar (Abb. [1a, b]). Selten können auch größere Adenome (> 3 cm) mit Halsmuskeln (z.B. M. scalenus) verwechselt werden.

Abb. 1a, b NSD-Sonografie bei 2 Patienten mit pHPT. Man findet in Abb. 1a rechts dorsal der SD ein ovalär konfiguriertes, echoarmes, knapp unter 1 cm messendes NSD-Adenom. Auf Abb. 1b erkennt man links, nahe des SD-Unterpols ein knapp 2,5 cm messendes NSD-Adenom mit homogenem echoarmen Binnenmuster.

Die Computertomografie wird in der Regel nur noch in Kombination mit funktionellen Verfahren (99mTc-Sestamibi-Szintigrafie oder C11-Methionin-PET) eingesetzt [1]. Die Sensitivität der CT wird mit etwa 76% angegeben, wobei methodenunabhängig größere Adenome oder Hyperplasien generell besser detektiert werden. Sowohl NSD-Adenome als auch Hyperplasien nehmen vermehrt KM auf (Abb. [2]). Die Dichtehomogenität hängt dabei von der Befundgröße und den vorhandenen regressiven Veränderungen ab.

Abb. 2 KM-angehobene Hals-CT mit Darstellung eines NSD-Adenoms rechts nahe des Schilddrüsenunterpols mit homogener KM-Aufnahme (Pfeil), dessen Intensität allerdings geringer ist als die des benachbarten Schilddrüsenparenchyms (letzteres nicht abgebildet).

Der MRT wird eine höhere Detektionsrate von NSD-Adenomen im Vergleich zur CT und Sonografie nachgesagt. Aufgrund der geringen Größe (ca. 5 x 3 x 1 mm) werden nichtvergrößerte NSD von der MRT nicht detektiert. Das Signal pathologisch vergrößerter NSD hat in den klassischen MR-Sequenzen verschiedene Muster. Bei 90% aller Patienten entspricht das T1-Signal dem der Muskulatur, während das T2-Signal höher als im benachbarten Fettgewebe ausfällt (Abb. [3a, b]). Die Signalintensität auf T1-gewichteten post-KM-Sequenzen entspricht 118% und auf nativen T2-gewichteten Sequenzen 285% der Signalintensität der Muskulatur (Abb. [3c]). Es gibt Ansätze einer Einteilung in 3 Typen anhand des MR-Signals. Demnach stellen sich Typ-I-Adenome typischerweise T1-hypo- und T2-hyperintens dar. Typ-II-Adenome weisen ein erniedrigtes Signal (bedingt durch Hämosiderin und Fibrose) in beiden T1- und T2-gewichteten Sequenzen auf. Typ-III-Adenome dagegen weisen sowohl in T1- als auch in T2-Wichtung ein hohes (durch Methämoglobin bedingtes) Signal auf [2].

Abb. 3a, b, c Hals-MRT unter Einsatz T1- (Abb. 3a), IR- (Abb. 3b) und T1fs- (Abb. 3c) gewichteter post-KM-Sequenzen. Das rechts dorsal der Schilddrüse liegende NSD-Adenom stellt sich in der MRT T1-isointens und T2-hyperintens zur benachbarten Muskulatur dar. Auffällig ist dabei das etwas inhomogene T2-Signal, wahrscheinlich infolge zentraler regressiver Veränderungen. Nach i.v. Gd-Gabe lässt sich ein intensives Enhancement erkennen, von dem die zentral zystisch-nekrotischen Anteile ausgespart bleiben.

Zur primären Lokalisationsdiagnostik eines HPT werden auch szintigrafische Verfahren, z.B. die NSD-Szintigrafie mit 99mTc-Sestamibi (MIBI) (Abb. [4a]) oder 99mTc-Tetrofosmin (TETR), eingesetzt. Beide Tracer reichern sich sowohl im SD-Parenchym als auch in den NSD und dort lokalisierten Adenomen an [3]. Während es zu einer raschen Abnahme der Aktivität im Normalgewebe kommt (sog. Washout), zeigen die meisten Adenome ein sog. Retentionsverhalten, das zu einem Positivkontrast gegenüber dem Normalgewebe führt. Als besonders hilfreich hat sich daher eine 2-zeitige Bildgebung (15 min und 2 h nach Tracerinjektion) erwiesen, die idealerweise durch eine Tomografie (SPECT) ergänzt wird (Abb. [4b]). Besonders wertvoll sind die szintigrafischen Methoden bei der Suche nach ektopen NSD-Adenomen oder in einer postoperativen Rezidivsituation. Hier bietet sich bei oft unklarer Topografie die Kombination mit der CT als SPECT/CT an (Abb. [4c]). Die Sensitivität der NSD-Szintigrafie wird mit 60-70% angegeben und kann durch Einsatz der SPECT auf 79-96% gesteigert werden. Falsch negative Befunde können bei sehr kleinen Adenomen (< 10 mm) sowie in Abhängigkeit vom histopathologischen Aufbau (Anteil oxyphiler Zellen) und der endokrinen Aktivität des Adenoms auftreten [4]. Eine wertvolle Alternative im Falle eines szintigrafisch negativen Befundes stellt die 11C-Methionin-PET dar (Abb. [5a, b]), für die eine Sensitivität von 83% und eine Spezifität von 100% beschrieben wurde [5].

Abb. 4a, b, c NSD-Szintigrafie (einschließlich SPECT) mit 513 MBq 99mTc-Sestamibi. Bereits in der Frühphase 10 min p.i. (Abb. 4a) zeigt sich eine fokal vermehrte Speicherung in Höhe des rechten Schilddrüsenunterpols bei nur minimaler (rechts) bzw. nahezu fehlender (links) Speicherung im übrigen Schilddrüsenparenchym. Auf Abb. 4b (koronare SPECT) erkennt man ebenfalls in der Frühphase 10 min p.i. eine fokale, sehr intensive Mehranreicherung in Höhe des oberen Mediastinums, Abb. 4c zeigt ein ektopes NSD-Adenom im Mediastinum.

Abb. 5a, b 11C- Methionin-PET (Teilkörperuntersuchung von Hals/Thorax) mit Nachweis eines NSD-Adenoms rechts zervikal dorsokaudal des rechten Schilddrüsenunterpols. Die Fusionsbilder bestätigen die Adenomlokalisation (Abb. 5b).

Eine weitere Möglichkeit der Ortung eines NSD-Adenoms stellt das sog. venöse "Sampling"(Stufenkatheter) aus dem venösen Abstrom der NSD dar (Abb. [6]).

Abb. 6 Konventionelle Cavografie mit Sampling zur Bestätigung des mediastinalen NSD-Adenoms von Abb. 4b.

Bei symptomatischen Patienten besteht die Möglichkeit einer operativen Entfernung des überaktiven NSD-Gewebes. Infolge der verbesserten Lokalisationsdiagnostik durch bildgebende Nachweisverfahren konnten sowohl die Dauer der Operation als auch des Krankenhausaufenthalts in den vergangenen Jahren deutlich verkürzt werden.

Schlussfolgernd lässt sich feststellen, dass die Lokalisationsdiagnostik des HPT nicht selten eine besondere Herausforderung für alle beteiligten Fachdisziplinen darstellt und eine kombinierte funktionelle und anatomische Bildgebung erforderlich macht. Präoperativ sollte eine gute morphologische (US, MRT, CT) und funktionsspezifische (SPECT, PET) Befunddarstellung angestrebt werden.

Literatur

  • 01 Stark DD . Gooding GAW . Moss AA . et al . Parathyroid Imaging: Comparison of High-Resolution CT and High-Resolution Sonography.  AJR. 1983;  141 633-636
  • 02 McDermott VG . Fernandez RJM . Meakem III TJ . Preoperative MR Imaging in Hyperparathyroidism: Results and Factors Affecting Parathyroid Detection.  AJR. 1996;  166 705-710
  • 03 Smith JR . Oates E . Radionuclide Imaging of the Parathyroid Glands: Patterns, Pearls and Pitfalls.  Radiographics. 2004;  24 1101-1115
  • 04 Melloul M . Paz A . Koren R . et al . 99mTc-MIBI scintigraphy of parathyroid adenomas and its relation to tumour size and oxyphil cell abundance.  Eur J Nucl Med. 2001;  28 209-213
  • 05 Rubello D . Fanti S . Nanni C . et al . 11C-methionine PET/CT in 99mTc-sestamibi-negative hyperparathyroidism in patients with renal failure on chronic haemodyalisis. European Journal of Nuclear Medicine and Molecular.  Imaging 2005. 2006;  33 453-459
    >