Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211(6): 230-235
DOI: 10.1055/s-2007-981405
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unerwünschte Wirkungen der antiretroviralen Prophylaxe der HIV-Transmission bei Frühgeborenen unter 35 Schwangerschaftswochen

Side Effects of Antiretroviral Treatment for Transmission Prophylaxis in Preterm and Near-Term InfantsR. Schlösser1 , R. Linde1 , D. Dunsch1 , A. Reitter2 , A. Haberl3 , K. Bauer1
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologie
  • 2Zentrum der Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • 3Zentrum für Innere Medizin, HIV-Center, Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe Universität, Frankfurt am Main
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Publication History

2007

2007

Publication Date:
02 January 2008 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Untersuchung von möglichen Nebenwirkungen der antiretroviralen Transmissionsprophylaxe bei Neugeborenen, die gemäß den Deutsch-Österreichischen Empfehlungen behandelt wurden. Vergleich der Häufigkeiten dieser unerwünschten Wirkungen bei Reif- und Frühgeborenen. Methodik: Retrospektive monozentrische Studie während eines Zeitraums von 2001 bis 2005. Folgende Parameter wurden analysiert: Atemstörungen nach der Geburt, hämatologische Auswirkungen der Therapie, Probleme im Nahrungsaufbau, nosokomiale Infektionen einschließlich NEC, Störungen der Leber- und Nierenfunktion. HIV-exponierte Frühgeborene (< 35 SSW) wurden mit sogenannten Near-Term, bzw. reifen Neugeborenen (> 34 SSW) verglichen. Als Kontrollgruppe für die Frühgeborenen wurden als Matched-Pairs 50 Frühgeborene ohne HIV-Exposition verglichen. Bezüglich des Parameters Atemstörung wurden die exponierten Reifgeborenen mit nicht exponierten Neugeborenen verglichen. Ergebnisse: Frühgeborene (n = 25) hatten mehr Nebenwirkungen als Reifgeborene (n = 115): Atemstörungen (56 vs. 13 %), Anämisierung im Verlauf (84 vs. 27 %), Leukozytopenie (36 vs. 4 %), Störungen im Nahrungsaufbau (88 vs. 42 %) und Bluttransfusionen (32 vs. 7 %). Hingegen traten Anämie bei Geburt (24 vs. 27 %) vorübergehende Leberfunktionsstörungen (24 vs. 16,5 %) und nosokomiale Infektionen nicht signifikant häufiger auf. Berücksichtigt man durch Vergleich mit der Kontrollgruppe frühgeborenenspezifische Komplikationen, so kann man nur den verzögerten Nahrungsaufbau in Zusammenhang mit der antiretroviralen Behandlung bringen. Außerdem fiel bei der Analyse auf, dass bei 13 % der reifen Neugeborenen Atemstörungen nach der Geburt vorlagen, die bei 2,6 % eine maschinelle Beatmung notwendig machten. Dies war im Vergleich mit Reifgeborenen, die nicht HIV-exponiert waren, aber per elektiver Sectio zur Welt kamen, signifikant häufiger. Schlussfolgerung: Die Transmissionsprophylaxe von HIV gemäß den Deutsch-Österreichischen Empfehlungen hat bei den behandelten Neugeborenen zwar Nebenwirkungen, führt jedoch bei den behandelten Frühgeborenen nicht zu höheren Komplikationsraten als man alleine durch ihre Frühgeburtlichkeit erwarten würde. Es kam weder bei den Reif- noch bei den Frühgeborenen zu schwerwiegenden oder irreversiblen unerwünschten Wirkungen.

Abstract

Background: The aim of this study was to assess the frequency of side effects of antiretroviral treatment in transmission prophylaxis in preterm and near-term infants with a history of HIV-positive mothers. Methods: A retrospective single-centre study of all neonates born to HIV-positive mothers between 2001 and 2005 and receiving antiretroviral prophylaxis was performed. Respiratory distress was documented as well as possible side effects from antiretroviral drug treatment, e. g., anaemia, need for transfusion, liver and kidney dysfunction, depression of white blood cell count, feeding problems and nosocomial infections. A comparison was made between a group of preterm infants of less than 35 weeks of gestation with one of near-term neonates of more than 34 weeks. To evaluate the influence of prematurity on the frequency of symptoms, a matched pairs group of 50 preterm infants was established as the control group. Results: Anaemia at birth (24 vs. 27 %), transient signs of liver impairment (24 vs. 16.5 %) or kidney dysfunction (4 vs. 0.8 %) as well as nosocomial infections were not significantly more frequent in the preterm group than in near-term group of HIV-exposed infants. Respiratory distress (56 vs. 13 %), postnatal anaemia (84 vs. 27 %). leucocytopenia (36 vs. 4 %), feeding problems (88 vs. 42 %), and blood transfusion (32 vs. 7 %) were more common in the preterm infants. The frequency of feeding problems remained markedly elevated when preterm HIV-exposed neonates were compared to preterm controls. Respiratory distress in near-term infants was seen in 13 % of the cases and 2.6 % of them had to be ventilated artificially. This was a higher frequency than in babies delivered by elective Caesarean section without maternal HIV history. Conclusions: Transmission prophylaxis in offspring of HIV-positive mothers may give rise to adverse effects. Their frequency is higher in preterm infants than in near-term infants. However; this may be related to prematurity, and not to the antiretroviral treatment itself.

Literatur

Priv.-Doz. Dr. med. R. Schlösser

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