Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2007; 42(6): 442-449
DOI: 10.1055/s-2007-984550
Fachwissen: Topthema: Pädiatrische Neuroanästhesie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anästhesiologisches Management in der pädiatrischen Neurochirurgie

Anesthesia in pediatric neurosurgeryHerbert Trautner, Franz Kehl, Martin Anetseder
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 July 2007 (online)

Zusammenfassung

Neurochirurgische Eingriffe und neuroradiologische Diagnostik und Interventionen bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern stellen aufgrund Ihrer Komplexität häufig eine anästhesiologische Herausforderung dar. Das anästhesiologische Management erfordert nicht nur fundierte Kenntnisse in der Kinderanästhesie, sondern auch genaue Kenntnisse der Neuropathophysiologie. Im Folgenden werden die perioperativen anästhesiologischen Besonderheiten detailliert aufgezeigt, insbesondere das Atemwegsmanagement, Lagerungstechniken, Flüssigkeitstherapie und intraoperatives Monitoring.

Summary

Due to the complexity of neurosurgical and neuroradiologic interventions and diagnostic procedures in pediatric patients the anesthesiologist is particularly challenged. Anesthesiological management in neuropediatric interventions necessitates both profound knowledge of pediatric anesthesia and thorough understanding of neurological pathophysiology. This review describes in detail neuropediatric anesthesiology with an emphasis on airway management, intraoperative positioning, volume therapy and intraoperative monitoring.

Kernaussagen

  • Im Prämedikationsgespräch werden zusätzlich zu sorgfältiger Anamneseerhebung und körperlicher Untersuchung die Befunde der neurologischen bzw. neuroradiologischen Untersuchungen bewertet.

  • Darüber hinaus sind bei komplexen Missbildungen gegebenenfalls zusätzliche Untersuchungen für die Vorbereitung und den reibungslosen Verlauf der Anästhesie unverzichtbar.

  • Die Ausstattung des Narkosearbeitsplatzes muss dem Alter des Kindes angepasst sein. Gleiches gilt für die vorhandenen Medikamente und deren Verdünnung. Auf eine adäquate Raumtemperatur muss unbedingt geachtet werden.

  • Zusätzlich zur Standardüberwachung der Vitalparameter können invasive Blutdruckmessung und die Bestimmung des zentralen Venendruckes notwendig sein. Zentralvenöse und arterielle Punktionen sollten zur Reduktion von Komplikationen bevorzugt ultraschallgesteuert durchgeführt werden.

  • Das Risiko von Lagerungsschäden ist insbesondere bei langdauernden neurochirurgischen Eingriffen erhöht.

  • Aufgrund der zunehmenden Prävalenz von Latexallergien empfiehlt es sich, alle Anästhesiearbeitsplätze latexfrei auszustatten.

  • Kinder mit kranio- oder mandibulofazialen Entwicklungsstörungen erfordern besondere Kenntnisse im Management des schwierigen Atemweges einschließlich der fiberoptischen Intubation.

  • Der intraoperative Flüssigkeitsbedarf wird altersabhängig aus dem präoperativen Defizit, dem intraoperativen Erhaltungsbedarf und dem intraoperativen Korrekturbedarf berechnet. Die Volumentherapie bei Blutverlusten wird entsprechend der Stufentherapie mit Kristalloiden, Kolloiden und Blutkomponenten durchgeführt.

  • Oberstes Ziel der Volumentherapie ist es, die Normovolämie im perioperativen Verlauf aufrechtzuerhalten, um eine adäquate Organperfusion sicherzustellen. Der intraoperative Volumenstatus bei Kindern wird in erster Linie anhand klinischer Zeichen wie dem systolischen Blutdruck, durch Beurteilung der Rekapillarisierungszeit und mithilfe des Säure-Basen-Status und des Laktats im Serum beurteilt.

  • Bei der Auswahl der Anästhetika für die neuropädiatrische Anästhesie muss deren Wirkung auf die zerebrale Durchblutung - entweder durch eine direkte Wirkung auf die Hirngefäße oder indirekt durch die Beeinflussung des Hirnstoffwechsels - berücksichtigt werden. Hirndrucksteigernde Medikamente müssen vermieden werden.

Literaturverzeichnis

  • 1 T. Erb, F. Frei. J.. Die Wahl des endotrachealen Tubus beim Säugling und Kleinkind: Mit oder ohne Cuff?.  Anaesthesist. 2001;  50 395-400
  • 2 Weiss M, Gerber AC.. Cuffed tracheal tubes in children - things have changed.  Pediatric Anesthesia. 2006;  16 1005-1007
  • 3 Höhne C, Haack M, Machotta A, Kaisers U.. Atemwegsmanagement in der Kinderanästhesie.  Anaesthesist. 2006;  55 809-19
  • 4 Schwemmer U, Brederlau J.. (Ultrasound techniques in anesthesiology-guided vascular access using sonography).  Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2006;  41 740-9
  • 5 Trautner H, Greim CA, Arzet H, Schwemmer U, Roewer N.. (Ultrasound-guided central venous cannulation in neuropaediatric patients to avoid measures causing potential increase in brain pressure).  Anaesthesist. 2003;  52 115-9
  • 6 Schwemmer U, Arzet HA, Trautner H, Rauch S, Roewer N, Greim CA.. Ultrasound-guided arterial cannulation in infants improves success rate.  Eur J Anaesthesiol. 2006;  23 476-80
  • 7 Scherer R.. Intraoperative Wärmekonservierung. Viel Lärm um heiße Luft?.  Anaesthesist. 1997;  46 81-90
  • 8 Harrison EA, Mackersie A, McEwan A, Facer E.. The sitting position for neurosurgery in children: a review of 16 years' experience.  Br J Anaesth. 2002;  88 12-7
  • 9 Vereinbarung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen. . Verantwortung für die prä-, intra- und postoperative Lagerung des Patienten. Anästh.  Intensivmed. 1987;  28 65
  • 10 R. Sümpelmann, H. Hollnberger, J. Strauß. Schmidt und J. M.. Empfehlungen zur perioperativen Infusionstherapie bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern.  Anästh Intensivmed. 2006;  47 616-619
  • 11 Breschan C, Likar R.. Anästhesiologische Aspekte in der Neu- und Frühgeborenenchirurgie.  Anaesthesist. 2006;  55 1087-1098

Dr. med. Herbert Trautner

Email: Trautner_H@klinik.uni-wuerzburg.de

Prof. Dr. med. Franz Kehl

Email: Kehl_F@klinik.uni-wuerzburg.de

PD Dr. med. Martin Anetseder

Email: martin.anetseder@kh-landshut-achdorf.de

>