Dtsch Med Wochenschr 2007; 132(37): 1887
DOI: 10.1055/s-2007-984981
Schwerpunkt Rheumatologie | Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dynamische Entwicklungen in der Rheumatologie

Dynamic developments in rheumatologyU. Müller-Ladner1 , W. Rüther 2
  • 1Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim Klinikum der Justus-Liebig Universität Gießen
  • 2Orthopädische Klinik der Universität Hamburg, Rheumaklinikum Bad Bramstedt
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Publication History

Publication Date:
07 September 2007 (online)

Die dynamischen Entwicklungen in der immunologischen und molekularbiologischen Forschung der letzten Jahre und deren Umsetzung in die klinische Medizin haben insbesondere in der Rheumatologie und klinischen Immunologie sowie ihren Partnerfächern wie der Rheumaorthopädie zu einem immensen Wissensschub geführt. Diese Vielfalt der Erkenntnisse und der hieraus resultierenden klinischen Konsequenzen spiegelt sich in besonderem Maße im Programm des diesjährigen Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie wider, der vom 19. bis 22.9. in Hamburg stattfindet. Die in der täglichen Praxis für die betroffenen Patienten essenzielle gute Zusammenarbeit zwischen Rheumatologie und Rheumaorthopädie wird ebenfalls auf diesem Kongress deutlich sichtbar - nicht nur, dass die Arbeitsgemeinschaft Rheumaorthopädie im Rahmen des Kongresses tagt und zahlreiche rheumatologisch-orthopädische Veranstaltungen das Programm prägen, auch die Federführung dieses Kongresses liegt in rheumaorthopädischer Hand.

Um diese Vielfalt der beteiligten Fachgebiete als auch den Charakter des Kongresses zu illustrieren, wurde dieses Sonderheft speziell zusammengestellt. Zahlreiche neue Medikamente, vor allem die biologischen Wirkstoffe wie TNF-α-Hemmer oder zellbasierte Therapien wie CTLA4-Ig oder Anti-CD20-Antikörper basieren auf molekular-immunologischen Erkenntnissen der Genexpression und Überschreibung in krankheitsrelevante Effektormoleküle der Entzündung und Matrixdestruktion. Herr Dr. Andreas Grützkau fasst die aktuelle Methodik des Monitorings der Genexpression in Zielzellen und -geweben rheumatischer Erkrankungen am Modellbeispiel der rheumatoiden Arthritis zusammen und erläutert die Anwendung der Messmethoden von der Laborbank hin zum Patienten.

Da den zahlreichen seltenen Krankheitsbildern der klinischen Immunologie durch die Häufigkeit der entzündlichen Gelenkerkrankungen oft zu wenig Beachtung zukommt, erstere im klinischen Alltag aber zu den anspruchsvollsten Anforderungen an den behandelnden Arzt gehören, stellt Herr Priv.-Doz. Dr. Bernhard Hellmich exemplarisch die Gruppe der Hypereosinophilie-Syndrome und ihre Besonderheiten im Detail vor. Ein besonderes Gewicht wird hierbei insbesondere auf die Darstellung der adäquaten Differenzialdiagnostik und -therapie gelegt, die in ähnlicher Weise bei vielen weiteren Vaskulitiden und Kollagenosen Anwendung findet.

Vice versa ist gerade durch deren Häufigkeit mit einer Prävalenz von über 80 % Betroffenen im höheren Lebensalter und das hohe Risiko einer Frühinvalidisierung bei jungen Patienten z. B. nach sportbedingtem Gelenktrauma die Arthrose nicht nur gesundheitsökonomisch eines der wichtigsten Krankheitsbilder in der konservativen und operativen Orthopädie und Rheumatologie. In seiner Übersicht stellt Herr Prof. Stefan Rehart daher die derzeitigen Möglichkeiten und Grenzen der Therapie der Arthrose im Detail dar.

Immunsuppressive Medikamente unterschiedlicher Potenz gehören zum Standardarmamentarium der meisten Therapiestrategien entzündlich rheumatischer Erkrankungen. Da diese Therapeutika in der Regel über viele Jahre, meist sogar lebenslang gegeben werden müssen, stellt sich regelhaft vor allem bei Elektiveingriffen die Frage, ob und wann eine immunsuppressive Medikation wegen potenzieller Wundheilungsstörungen und perioperativer Infektionen reduziert oder abgesetzt werden sollte oder ob dieses Absetzen eher das Gegenteil einer unerwünschten gesteigerten postoperativen Aktivität der Grunderkrankung induziert. Herr Priv.-Doz. Dr. Thomas Glück fasst die derzeitigen Erkenntnisse zu diesem intensiv diskutierten Problemfeld detailliert zusammen.

Dem für eine adäquate Patientenversorgung zwingend notwendigen Kennenlernen rheumatischer Erkrankungen während des Studiums und der Facharztausbildung widmet sich der Beitrag von Herrn Prof. Gernot Keyßer, da gerade bei der zunehmenden Komplexität im Verständnis und der Therapie der rheumatologischen Erkrankungen immer noch eine universitäre Unterversorgung in der Ausbildungskapazität mit einer verschwindend geringen Zahl an rheumatologischen oder rheumaorthopädischen Lehrstühlen oder selbständigen Abteilungen diesem gesteigerten medizinischen Anspruch gegenübersteht. Dies wurde durch die RISA-I- und -II-Studien eindrucksvoll belegt.

Wir würden uns freuen, wenn Ihnen die Auswahl der in dieser Schwerpunktheft der DMW vorgestellten Themen gefällt und Sie vielleicht auch anregt, den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie zu besuchen.

Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner

Lehrstuhl für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie der Justus-Liebig Universität Gießen, Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie, Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim

Benekestr. 2-8

61231 Bad Nauheim

Email: u.mueller-ladner@kerckhoff-klinik.de

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