Dtsch Med Wochenschr 2007; 132(37): 1907
DOI: 10.1055/s-2007-985617
Korrespondenz | Correspondence
Leserbrief
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Wasserfilter zur Prävention nosokomialer Legionellosen? Leserbrief 1

Zum Beitrag in DMW 49/2006W. Popp
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Publication Date:
07 September 2007 (online)

Zu o. g. Beitrag [4] stellt sich mir die Frage, wie dieser Beitrag eine kritische Durchsicht der Redaktion passieren konnte:

Über mehrere Absätze werden mündliche Aussagen eines Industrievertreters referiert, die nicht schriftlich vorliegen. Wenn wissenschaftliche Artikel und Stellungnahmen künftig häufiger solche mündlichen Aussagen referieren, dürfte sich der Umfang der DMW vervielfältigen. Viele Aussagen und Empfehlungen im Kommentar gehen an der Realität vorbei. Dazu zählt z. B. die Empfehlung, beim Duschen kein Wasser über Mund und Nase laufen zu lassen. Ferner werden Wasserfilter für unkooperative Patienten empfohlen. Gleichzeitig wird jedoch festgestellt, dass Wasserfilter im täglichen Betrieb eines Krankenhauses nicht brauchbar seien, da das zu ihrer Reinigung eingesetzte Personal nicht in „aseptischer Praxis geschult” sei. Angesichts der Sparmaßnahmen im Krankenhaus ist die Aussage zur schlechten Qualifikation des Reinigungspersonals zwar richtig. Jedoch ist eine Schulung in Asepsis für den Umgang mit Wasserfiltern sicher nicht erforderlich. Eine Krankenhaushygiene, die solche schlechten Rahmenbedingungen als gegeben hinnimmt, muss sich in ihrer Existenzberechtigung hinterfragen. Und auch in Bezug auf den Hinweis, dass Risikopatienten ja auch außerhalb ihrer Station Wasserkontakt hätten, z. B. zu Wasser aus Trinkbrunnen, muss sich eine Krankenhaushygiene hinterfragen, wenn sie derartige Trinkbrunnen akzeptiert, die in der Tat häufig eine schlechte Wasserqualität liefern. Für die Mundpflege wird Mineralwasser empfohlen, obwohl Mineralwasser wesentlich schlechter überwacht wird als unser Trinkwasser. Zudem werden Wasserfilter für verwirrte Patienten im häuslichen Bereich empfohlen. Jedoch kontaminieren diese Filter zu Hause weniger als Filter im Krankenhaus, die von Personal gereinigt werden, das in „aseptischer Praxis nicht geschult” ist? Unhaltbar ist die Aussage, dass haftungsrechtliche Konsequenzen nicht zu befürchten seien, wenn Infektionen auftreten und keine Wasserfilter benutzt wurden. Die hygienisch relevanten Gerichtsurteile der letzten Jahre (z. B. 1) zeigen, dass es immer schneller zur Umkehr der Beweislast kommt, und dass die zugrunde liegenden medizinischen Gutachten oft von erstaunlicher Einfachheit sind. Es kommt darauf an, wer gutachtet und wie das Gericht dieses bewertet. Wenn eventuelle Gutachter die aktuellen Empfehlungen des RKI 2 oder des Umweltbundesamtes 3 zugrunde legen, was zu erwarten ist, dann kann es sehr leicht zu haftungsrechtlichen Konsequenzen kommen. Ethisch fragwürdig ist die Argumentation, dass es letztlich ausreiche, bei Vorhandensein von Legionellen im Wasser differenzialdiagnostisch bei Pneumonien an Legionellen zu denken, da diese ja gut zu behandeln seien. Hier stellt sich, auch juristisch, die Frage, ob in einem derartigen Fall der Primärprävention - z. B. auch durch Umsetzung des Standes der Technik - nicht eine größere Bedeutung zukommen muss als dies der Kommentar glauben machen will.

Insgesamt kann man sicher kritisch zur Frage des Einsatzes von Wasserfiltern - insbesondere in welchen Situationen? - stehen - vor allem auch angesichts der Kosten und möglicher hygienischer Effekte in anderen Bereichen, wenn dort das Geld stattdessen eingesetzt wird (z. B. Auflösung von Gemeinschaftstoiletten auf alten Stationen). Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kommentar teilweise falsche und unhaltbare und von der Autorin letztlich nicht verantwortbare (insbesondere Haftung) Aussagen enthält.

Literatur

  • 1 Smentkowski U. Arzthaftpflicht erneut verschärft. OLG Koblenz entscheidet auf Beweislastumkehr.  Rhein Ärztebl. 2006;  12 17
  • 2 RKI .Legionellose. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten - Merkblätter für Ärzte. Stand Januar 2006:. www.rki.de
  • 3 Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Trinwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit. Periodische Untersuchung auf Legionellen in zentralen Erwärmungsanlagen der Hausinstallation nach § 3 Nr. 2 Buchstabe c TrinwV 2001, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird.  Bundesgesundhbl Gesundhforsch Gesundheitsschutz. 2005;  49 697-700
  • 4 Kappstein I. Wasserfilter zur Prävention nosokomialer Legionellosen?.  Dtsch Med Wochenschr. 2006;  131 2789-2792

Prof. Dr. W. Popp

Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Essen

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