Z Gastroenterol 2007; 45 - V19
DOI: 10.1055/s-2007-988137

Schwefelwasserstoff: Wirkungsweise eines neuen Neuromodulators im humanen Darm

D Krueger 1, M Foerster 1, CW Hann von Weyhern 2, F Zeller 3, T Frieling 4, M Schemann 1
  • 1Technische Universität München, Lehrstuhl Humanbiologie, Freising, Germany
  • 2Technische Universität München, Pathologie, München, Germany
  • 3Klinikum Freising, Chirurgie, Freising, Germany
  • 4Klinikum Krefeld, Innere Medizin, Gastroenterologie, Krefeld, Germany

Einleitung: Schwefelwasserstoff (H2S) spielt im Gehirn und Kreislaufsystem eine bedeutende Rolle als endogener Mediator. Unsere bisherigen Ergebnisse zeigten erstmals, dass H2S von Nervenzellen des enterischen Nervensystems synthetisiert wird und eine pro-sekretorische Wirkung im Kolon hat.

Ziele: Das Ziel der vorliegenden Studie war, den H2S Wirkmechanismus zu untersuchen.

Methodik: Die Ussing Voltage Clamp Technik wurde eingesetzt um in vitro die Sekretion im Meerschweinchen- und Humandarm zu messen (131 Präparate von 28 Patienten, 360 Präparate von 59 Meerschweinchen).

Ergebnis: Die serosale Gabe des exogenen H2S Donors NaHS (0,2–2,5mM setzen physiologische Konzentrationen von H2S frei) führte im Human- und Meerschweinchengewebe zu einer signifikanten dosisabhängigen Erhöhung der Sekretion. Die Ursache hierfür ist eine erhöhte Chloridsekretion, da in allen Geweben die Antwort durch Bumetanide (100µM) und die Chloridkanalblocker SITS (1mM) und CFTR 172 inh (10µM) und den Adenylatzyklasehemmer MDL 12330A (20µM) signifikant reduiziert wurde. Die aktivierende Wirkung von Schwefelwasserstoff war TRPV1-Rezeptor vermittelt, da sie in allen Geweben durch Capsaicin Desensibilisierung (10µM), die TRPV1 Antagonisten Capsazepine (10µM) und AMG 9810 (10µM) sowie durch das Lanthanoid Gadolinium (350µM) blockiert bzw. signifikant verringert wurden. Die H2S induzierte Sekretionsantwort war abhängig von einer Substanz P Freisetzung, da sie durch NK1- (0,1µM SR 140333) und NK3 Antagonisten (1µM SR142801) signifikant reduziert wurde (nur in Meerschweinchengewebe getestet).

Schlussfolgerung: H2S ist ein neuer gasförmiger Mediator. Seine pro-sekretorische Wirkung wird durch Aktivierung der TRPV1 Rezeptoren, die ausschließlich von Capsaicin-sensitiven viszeralen Afferenzen exprimiert werden, vermittelt. Diese Afferenzen schütten dann Substanz P aus, welches Sekretomotorneurone im enterischen Nervensystem aktiviert. H2S spielt damit eine entscheidende Rolle als Signalmolekül bei entero-extrinsischen Interaktionen. Exzessive H2S Konzentrationen könnten durch die Mikroflora oder durch Hyperaktivität enterischer Nervenzellen entstehen und würden nach unseren Befunden zu einer viszeralen Hypersensitivität und Hypersekretion führen.