Aktuelle Dermatologie 2007; 33 - A14
DOI: 10.1055/s-2007-988813

Die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung: Ernährungsphysiologischer Wert. Bedeutung, Vorkommen, Gewinnung und Anwendung

O Adam 1
  • 1Leiter der Forschungsgruppe Pharmakologie der Entzündung, Ernährungsmedizin, Klinikum Innenstadt, München

Während die ernährungsphysiologische Bedeutung und die Essentialität der Omega-6-Fettsäuren schon seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt ist, wurde dies erst in den letzten 20 Jahren für die Omega-3-Fettsäuren deutlich. Ausschlaggebend war die Entdeckung der auffallend niedrigen Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen bei Grönlandeskimos, japanischen Fischern und norwegischen Küstenbewohnern. Bereits früh vermutete man einen Zusammenhang mit deren fischreicher Ernährung. Auch bestimmte Karzinome, Autoimmunerkrankungen und allergisches Asthma, die in den westlichen Industrienationen die höchsten Steigerungsraten während der letzten 20 Jahre aufweisen, sind in diesen Volksgruppen deutlich seltener. Eine Erklärung dafür wurde durch die Entdeckung der Eicosanoide gefunden, die bei diesen Erkrankungen pathogenetisch von Bedeutung sind. Nachfolgende Untersuchungen zeigten eine deutliche Senkung erhöhter Triglyceridspiegel im Plasma durch Fischöl. Diese Wirkung wurde zur ersten zugelassenen Indikation für Fischölpräparate. Am Markt befinden sich Präparate, die aus Lebertran bestehen, Konzentrate aus sehr langkettigen Fischölfettsäuren und hoch gereinigte Produkte, die fast ausschließlich die wirksamen Fischölfettsäuren, Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure, enthalten. Als mögliche Angriffspunkte für die Wirkung der Omega-3-Fettsäuren bei der koronaren Herzkrankheit wurde neben der Senkung der postprandialen Lipämie ihre Wirkung auf die Thrombozythenaggregation und die Entzündung vermutet. Daneben wurden Einflüsse der Omega-3-Fettsäuren auf Blutdruck regulierende Systeme, wie die Freisetzung von Noradrenalin und die Nierenperfusion, aber auch den trans-membranen Transport von Calcium, Kalium und Natrium nachgewiesen, sowie auf die Blutviskosität und die Verformbarkeit der Erythrozyten. Große Interventionsstudien, wie die DART-Studie und die GISSI-Studie bestätigten das Konzept: Nichttödliche Herzinfarkte, vor allem aber der plötzliche Herztod wurden statistisch signifikant gesenkt. Mehrere Übersichtsarbeiten bestätigten die antiarrhythmische Wirkung der Omega-3-Fischöle. In einem Cochrane Database Systemic Review wurden RCTs mit Omega-3-Fettsäure-Supplementierung oder entsprechender Empfehlung sowie Kohorten mit geschätzter Omega-3-Fettsäureaufnahme eingeschlossen, bei denen mindestens 6 Monate Intervention bzw. Follow-up dokumentiert waren. Insgesamt wurden 48 RCTs mit 36913 Teilnehmern und 41 Kohorten eingeschlossen. Es fand sich kein Hinweis auf einen Einfluss von Omega-3-Fettsäure auf die Gesamtmortalität, das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse oder Krebserkrankungen. Dieser überraschende Befund ist auf das Konzept der Metaanalyse zurückzuführen. Es wurde nicht zwischen der Intervention mit α-Linolensäure und Fischölen unterschieden, das Follow-up von 6 Monaten scheint bei Patienten mit vorbestehendem kardiovaskulärem Risiko sehr kurz, die Effizienz der Intervention wurde nicht durch Analyse der Fettsäuren bestätigt.

Neben diesen präventiven Aspekten haben Fischölfettsäuren auch therapeutische Wirkung. In der Literatur finden sich 14 RCTs mit Fischöl bei Patienten mit rheumatoider Arthritis. Alle zeigen eine Besserung von 2 bis 4 klinischen Parametern und der Bedarf an nicht-steroidalen Antirheumatika verminderte sich. In einer Metaanalyse wurde dem Fischöl eine Wirksamkeit bei rheumatoider Arthritis bescheinigt. Zahlreiche Studien zeigen eine Wirksamkeit bei Multipler Sklerose, Psoriasis, Morbus Bechterew und Colitis ulcerosa. Neuere Studien zeigen, dass die Schmerzperzeption, welche durch Bradykinin, Serotonin und Prostaglandin E2 vermittelt wird, ebenfalls durch Omega-3-Fettsäuren vermindert wird. Ein wesentlicher Faktor für die Wirksamkeit der Omega-3-Fettsäuren scheint ihr Verhältnis zu der Omega-6-Arachidonsäure zu sein. Unsere Untersuchungen zeigen, dass eine Wirkung der Fischöle bei rheumatoider Arthritis zu erwarten ist, wenn ein Quotient der Arachidonsäure/Eicosapentaensäure von 2:1 in den Plasmalipiden erreicht ist. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, da bisher die Interaktionen der einzelnen Fettsäuren noch zu wenig bekannt sind. Die pflanzliche Omega-3 Fettsäure, α-Linolensäure kommt im Leinöl, Rapsöl und Walnussöl reichlich vor. Sie unterscheidet sich in der Wirkung von den Omega-3 Fettsäuren tierischen Ursprungs, die wir vor allem mit fetten Tiefseefischen aufnehmen.