Z Gastroenterol 2007; 45 - PP_5
DOI: 10.1055/s-2007-992691

Risikofaktoren und Outcome von 103 Patienten mit konservativer Therapie bei nekrotisierenden Pankreatitis: Spielt die Infektion der Nekrose eine Rolle?

W Huber 1, M Neudeck 1, C Lampart 1, A Umgelter 1, W Reindl 1, M Franzen 1, C Schmidt 1, J Reichenberger 1, A Kruchen 1, M Hennig 2, R Schmid 1
  • 1II. Medizinische Klinik
  • 2Institut für Medizinische Statistik und Epidemiologie; Klinikum Rechts der Isar; Technische Universität München.

Hintergrund: Trotz intensivmedizinischer Fortschritte beträgt die Letalität der nekrotisierenden Pankreatitis weiter bis zu 30%. Die Therapie ist mit Ausnahme der endoskopischen Steinentfernung bei biliärer Genese nicht kausal sondern weitgehend symptomatisch. Zur frühzeitigen Risiko-Erfassung werden eine Reihe von Parametern angegeben, deren Stellenwert ebenso umstritten ist wie der des chirurgischen Vorgehens. Während sterile Nekrosen üblicherweise keine OP-Indikation mehr darstellen, wird bei infizierten Nekrosen in vielen Leitlinen ein operatives Vorgehen empfohlen, obwohl neuere kontrollierte Daten hierzu nicht vorliegen.

Fragestellung: Im eigenen Patientengut wird die NP seit ca. 15 Jahren primär konservativ therapiert, ungeachtet eines Nachweises von infizierten Nekrosen. Ziel der Untersuchung war es, Prognosefaktoren bei Aufnahme und Risikofaktoren während des Verlaufs (einschließlich des Nekrose-Infektes) zu analysieren.

Methode: Retrospektive (1994–1999), seither prospektive Erfassung von Risiko- und Prognosefaktoren bei gesicherter nekrotisierender Pankreatitis (Nekrose-Nachweis im Kontrast-CT). Evaluation von prädiktiven Risikofaktoren bei Aufnahme auf die ICU, Mortalität in Abhängigkeit von Nekrosen-Sterilität bzw. Infektion. Statistik: Multiple Regressionsanalyse betr. maximalen Anstieg des APACHE-II-Scores; Chi-Quadrat-Test. SAS-Software. Klinisches Vorgehen: Bei Nekrose-Nachweis Antibiose mit Imipenem; CT und Punktion/Drainage bei klinischer Verschlechterung/Infektzeichen; ggf. endoskopische Drainagen. OP nur bei anderweitig nicht beherrschbaren Komplikationen oder nicht drainierbaren Verhalten (n=3).

Ergebnisse: n=103; Alter 54,6+15,6 Jahre, 61m, 42w, maximales CRP 28,4+11,7mg/dl, max. APACHE-II-Score 21,9+12,0, max. Lipase 7375+13193U/L; max. LDH 590+402U/L.

Endpunkt 1: Prognosefaktoren: Das Risiko für einen ungünstigen Verlauf stieg mit der Höhe des Serum-Kreatinins (p=0,0007) und mit der Höhe des Alters (p=0,0351) bei Aufnahme auf die Intensivstation. Die Höhe von Lipase, Blutzucker, Kalzium, Hämatokrit und Leukozyten, das Vorhandensein von Cullen- und/oder Grey-Turner-Zeichen (jeweils zum Zeitpunkt der Intensivaufnahme) und die Genese der Pankreatitis waren nicht prädiktiv.

Endpunkt 2: Mortalität in Abhängigkeit vom Nekrosen-Infekt: Die Gesamtmortalität betrug 13/103 (12,7%). 64 der Patienten wurden mindestens einmal punktiert und die Punktate mikrobiologisch untersucht. Die ICU-Mortalität der punktierten Patienten unterschied sich mit 8/64 (12,5%) nicht von den nicht-punktierten Patienten (5/39; 12,8%). Bei 48/64 (75%) der Punktierten ließen sich Keime in Punktat/Drainage nachweisen. Die Mortalität dieser Patienten unterschied sich mit 6/48 (12,5%) nicht von der der Patienten mit sterilen Nekrosen (2/16; 12,5%).

Schlussfolgerung: 1.) Der alleinige Nachweis von Keimen in Nekrosen rechtfertigt keine chirurgische Therapie. Das Outcome dieser Patienten unterscheidet sich bei konservativer bzw. radiologisch/endoskopisch interventioneller Therapie unter der Voraussetzung einer Test-gerechten Antibiose nicht von dem von Patienten mit sterilen Nekrosen. 2.) Wesentliche Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf bei nachgewiesener nekrotisierender Pankreatitis sind die Erhöhung des Kreatinins und hohes Alter.