Dtsch Med Wochenschr 2007; 132(49): 2654
DOI: 10.1055/s-2007-993116
Korrespondenz | Correspondence
Frage aus der Praxis
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Dopamin: geringer Stellenwert in der Notfallmedizin?

A. El-Armouche, T. Eschenhagen
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Publication Date:
29 November 2007 (online)

Frage:Aus vielen Medikamentenlisten der präklinischen Notfallmedizin wird Dopamin gestrichen. Zum Teil wurde es durch Dobutamin ersetzt, aber auch durch Adrenalin. Wie sollte unter pathophysiologischen und pharmakologischen Aspekten agiert werden?

Antwort:Dopamin ist eine pharmakologisch komplex wirkende Substanz. In niedriger Dosierung (0,5 - 3 µg/kg/min) wirkt Dopamin durch Stimulation von Dopamin DA1- und DA2-Rezeptoren natriuretisch, indem es die proximal tubuläre Natriumrückresorption hemmt. Gleichzeitig führt es ebenfalls über DA1/DA2-Rezeptoren zur Dilatation von 1. renalen Interlobulararterien sowie afferenten und efferenten Arteriolen mit konsekutiver Zunahme des renalen Blutflusses und somit der glomerulären Filtration und 2. intestinalen Arterien mit folgender Zunahme der Splanchnikusdurchblutung. Es wurde angenommen, dass dies bei nur sehr geringem Einfluss auf das myokardiale Schlagvolumen und Herzfrequenz und somit auf den Sauerstoffverbrauch und Arrhythmogenität über Stimulation von kardialen β 1-Adrenozeproren geschieht. Diese klassischen β 1-Adrenozeptor vermittelten Effekte wurden erst bei mittlere Dosierung (5 - 10 µg/kg/min) erwartet.

Dieses Profil hatte zum breiten Einsatz von Dopamin in niedriger Dosierung („Nierendosis”) vor allem bei oligurischen Patienten und/oder zur Prophylaxe bei Hochrisikopatienten geführt. Neuere klinische Studien konnten jedoch keinen Vorteil bei kritisch kranken Patienten zeigen, weder im Hinblick auf die Nierenfunktion noch auf die Überlebensrate [2]. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Dopamin auch in niedriger Dosierung bereits (unerwünschte) β1-Adrenozeptor vermittelte Effekte (s. o.), aber auch negative Effekte auf den Hormonhaushalt aufweisen kann, z. B. Beeinträchtigung der Sekretion verschiedener Hormone der neurohypophysären Achse (TSH, Prolaktin etc.) [1]. Somit war der breite Einsatz von „low-dose” Dopamin nicht mehr zu rechtfertigen.

In höherer Dosierung (> 10 µg/kg/min) verursacht Dopamin durch Stimulation von α1-Adrenozeptoren eine periphere Vasokonstriktion. Wie ist Dopamin hier im Vergleich zu Noradrenalin, Dobutamin und Adrenalin zu bewerten? Noradrenalin hat über Stimulation von α1-Adrenozeptoren einen starken vasokonstriktorischen Effekt und über β 1-Adrenozeptoren einen inotropen Effekt. Trotz der β 1-Wirkkomponente sinkt die Herzfrequenz, weil am Sinusknoten eine reflektorisch über die Barorezeptoren ausgelöste Erhöhung des Vagustonus dominiert. Dopamin ist wie Noradrenalin in der Lage, den arteriellen Mitteldruck effektiv zu steigern. Im Gegensatz zu Noradrenalin senkt Dopamin jedoch die Mucosaperfusion im Darm und führt so zu einer Verschlechterung der Mikrozirkulation im Splanchnikustrakt [3]. So ist z. B. bei Patienten mit kardiogenem Schock und begleitender Hypotension der Einsatz von Noradrenalin vorzuziehen. Dem Dobutamin wird eine selektive Herzwirkung, und zwar vornehmlich eine postitiv inotrope (weniger chronotrope), zugeschrieben. Das (+)-Enantiomer aktiviert β 1- und β2-, das (-)-Enantiomer α 1-Adrenozeptoren. Die selektive positive inotrope Wirkung ließe sich folgendermaßen erklären: An den Blutgefäßen sollen sich die vasodilatatorische β 2-Wirkung des (+)-Enantiomer und die vasokonstriktorische α 1-Wirkung die Waage halten, am Herzen würden dann die positiv inotrope (und chronotrope) β1-Wirkung des (+)-Enantiomer und die positiv inotrope (aber nicht chronotrope) α1-Wirkung des (-)-Enantiomer übrig bleiben. Damit bietet sich Dobutamin als Therapie der Wahl bei (noch) blutdruckstabilen Patienten mit akuter Links- und Rechtsherzinsuffizienz an, bei denen vor allem eine Steigerung der Inotropie das Ziel ist. Es konnte gezeigt werden, dass Dobutamin im Gegensatz zu Dopamin bei kritisch kranken Patienten mit und ohne Sepsis zur Steigerung des systemischen Sauerstoffangebotes führt [4]. Beim Adrenalin dominiert in niedrigen Dosen die β-mimetische Komponente (β1 und β2), während mit Erhöhung der Dosis die Stimulation von α1-Adrenozeptoren überwiegt. Der Effekt ist ein Anstieg des Herzminutenvolumens sowie Anhebung des mittleren arteriellen Druckes und des peripheren Widerstandes. Der Grad der Stimulation von β1-Adrenozeptoren (kardiale Wirkung) sowie der α12-Adrenozeptoren (Gefäßwirkung) ist jedoch wie beim Dopamin schwer steuer- und einschätzbar.

Literatur

  • 1 Debaveye Y A, Van den Berghe G H. Is there still a place for dopamine in the modern intensive care unit?.  Anesth Analg. 2004;  98 461-468
  • 2 Kellum J A, Decker M J. Use of dopamine in acute renal failure: a meta-analysis.  Crit Care Med. 2001;  29 1526-1531
  • 3 Marik P E, Mohedin M. The contrasting effects of dopamine and norepinephrine on systemic and splanchnic oxygen utilization in hyperdynamic sepsis.  JAMA. 1994;  272 1354-7
  • 4 Shoemaker W C, Appel P L, Kram H B, Duarte D, Harrier H D, Ocampo H A. Comparison of hemodynamic and oxygen transport properties of dopamine and dobutamine in critically ill surgical patients.  Chest. 1989;  96 120-126

Dr. med. A. El-Armouche
Prof. Dr. med. T. Eschenhagen

Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistraße 52

20246 Hamburg

Email: a.el-armouche@uke.uni-hamburg.de

Email: t.eschenhagen@uke.uni-hamburg.de

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