Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1997; 32: S318-S324
DOI: 10.1055/s-2007-995183
Grundlagen aus Forschung und klinischer Praxis

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der präoperative Streß - Forschungsansätze und Behandlungsmethoden

Preoperative Stress: Scientific and Therapeutical ApproachesW. Tolksdorf
  • Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie (Leiter: Prof. Dr. Werner Tolksdorf), Städtisches Krankenhaus GmbH, Hildesheim
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Die Erforschung des präoperativen Stresses beinhaltet die Ermittlung der auslösenden Stressoren sowie die Erfassung der emotionalen, physiologischen und biochemischen Komponenten. Die Auswahl der Methoden muß sich an der Fragestellung orientieren. Wir müssen einerseits in der Lage sein, die gestellten Fragen zu beantworten, die Meßinstrumente sollten jedoch auch sparsam und ökonomisch angewendet werden. Vor einer Überinterpretation und Überschätzung der sog. objektiven Streßparameter (physiologische und biochemische) wird gewarnt. Im klinischen Alltag ist die Befragung der Patienten nach ihrer psychischen Verfassung sehr hilfreich. Sie ist der Fremdeinschätzung ohne Befragung weit überlegen. Die Messung von Blutdruck und Puls als physiologische Streßparameter ist ausreichend. Die Beobachtung des Verhaltens ist für die Einschätzung der individuellen Streßverarbeitung hilfreich. Für wissenschaftliche Fragestellungen können die Bestimmungen von Streßhormonen zusätzliche Informationen geben. Die Streßprophylaxe umfaßt die Vermeidung aller bekannten Stressoren. Dies ist eine organisatorische und humane Aufgabe, die eine hohe menschliche Kompetenz erfordert. Die Therapie erfolgt im zwischenmenschlichen Bereich zwischen medizinischem Personal und Patient sowie medikamentös. Benzodiazepine sind die derzeit besten streßreduzierenden Pharmaka in der präoperativen Phase. Die Ergebnisse der Streßforschung können dem Anästhesisten Antwort auf die Frage geben: „Wie verhält es sich in der Regel?” Sie gibt ihm keine erschöpfende Antwort auf die Frage: „Wie verhalte ich mich in einer speziellen Situation?”

Summary

The scientific approach to preoperative stress includes the identification of stressors and the measurement of stress responses. The stress responses include physiological (sympathetic nervous system, hypothalamic - hypophyseal and adrenocortical system), psychological (anxiety, depression etc.) and behavioural ones. The choice of variables to be measured should allow answers for our questions, i.e., they must be adequate and economic, without or only minimal disturbance of the preoperative situation. The value of physiological and biochemical parameters is often overestimated. Their assessment is indicated in special scientific settings. For simple questions such as premedication studies, the measurement of blood pressure and heart rate is sufficient. Anxiety should be selfestimated by the patient, using visual analogue scales, questionnaires or adjective check lists. Depression and other emotional stress responses can be assessed if necessary. For physicians and nurses, an observation of the patient's behavioural stress responses is a useful criterion for assessing patient stress. One important stress-reducing approach is prevention: identification and avoidance of stressors. This includes organisation and a high degree of self-control by the medical personnel. Premedication with benzodiazepines is the most successful pharmacological approach.

    >