Fortschr Neurol Psychiatr 1995; 63(6): 232-237
DOI: 10.1055/s-2007-996621
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hebephrene Symptomatik als Ausdruck einer XYY-Chromosomenanomalie?

Kasuistik über einen Patienten mit Verdacht auf sexuellen Mißbrauch zweier leiblicher, minderjähriger KinderHebephrenic Symptomatology as an Expression of XYY Chromosome AnomalyTh.  Dirksen , E.  Mönikes
  • Psychiatrische Klinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publication Date:
10 January 2008 (online)

Abstract

A 48 year old patient was hospitalised because of parasuicidal behaviour and suicidal ideation. He was under suspicion of having sexually abused his 4-year old daughter and his 4-year old son. At the age of 17, he was hospitalised in a psychiatric ward under the diagnosis of hebephrenic schizophrenia. He successfully received an insulin coma therapy. Because of his increased height (1.89 m), mental retardation and other psychical disorders in his youth, we now suspected him of having an extra Y chromosome which was confirmed by chromosome analysis. The non-uniform symptomatology of XYY-individuals includes a hebephrenic aspect. Concerning the different therapeutical and juridical consequences, we considered a critical investigation of the former diagnosis "Hebephrenic Schizophrenia".

Zusammenfassung

Ein 48 Jahre alter Patient wurde aufgrund parasuizidaler Handlungen und Äußerungen von Suizidabsichten stationär aufgenommen. Bei ihm bestand dringender Verdacht, seine Tochter und seinen Sohn (beide 4 Jahre alt) sexuell mißbraucht zu haben. Im Alter von 17 Jahren war er mit der Verdachtsdiagnose ,,Hebephrenie" erstmals in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen und erfolgreich mit ,,kombinierter Insulinkomatherapie" behandelt worden. Aufgrund des überdurchschnittlich hohen Wuchses (1,89 m) und des fremdanamnestisch erhobenen Befundes psychischer Retardierung sowie zahlreicher weiteren psychischen Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter ergab sich jetzt der Verdacht auf ein überzähliges Y-Chromosom, den die durchgeführte Chromosomenanalyse bestätigte. Die uneinheitliche Symptomatologie von Patienten mit XYY-Karyotyp schließt auch ein hebephrenes Bild mit ein (34); vor dem Hintergrund differenter therapeutischer Ansätze - und in diesem Fall juristischer Konsequenzen - erscheint eine kritische Betrachtung der im Jugendalter erhobenen Verdachtsdiagnose ,,Hebephrenie" geboten.

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