Fortschr Neurol Psychiatr 1995; 63(8): 303-309
DOI: 10.1055/s-2007-996631
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Psychopharmakologische Differentialtherapie generalisierter Angststörungen - Ergebnisse einer Studie mit 30 Einzelfallexperimenten

Differential Therapy in Generalized Anxiety Disorders - 30 Single-Case ExperimentsC.  Wurthmann1 , E.  Klieser2 , E.  Lehmann2
  • 1Psychiatrische Klinik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
  • 2Psychiatrische Klinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publication History

Publication Date:
10 January 2008 (online)

Abstract

In pharmacotherapy of generalized anxiety disorders (GAD) different psychopharmacological agents (neuroleptics, diazepines, antidepressants) proved to be effective. However, there is a lack of predictors of therapeutic response, The present study was designed to address this question in 30 patients with treatment refractory GAD (12 male, 18 female). Amitriptyline 30 mg/d, flupentixole 1.5 mg/d, clotiazepam 15 mg/d, and placebo were administered doubleblind and randomly.

Each agent was given 4 times for one week. To avoid carry-over effects, all treatment weeks were interrupted by one week's wash-out periods. Thus each single-case experiment comprised 31 weeks. Primary efficacy criterion was Hamilton total score at the end of each treatment week. Statistical analysis (U-test) showed that in 19 patients one agent was significantly (p < 0.05) superior to the other substances (clotiazepam n = 11 , flupentixol n = 3, amitriptyline n = 5). Placebo was not superior in any of the 30 patients. There was no significant difference between the drugs in 11 patients. However, metaanalysis showed that in chronic GAD, by means of single-case experiments, differences in efficacy between different drugs can be found (p<0.01). ANOVA showed no drug x time interaction.

Zusammenfassung

In der Pharmakotherapie generalisierter Angststörungen steht eine Reihe von Substanzgruppen zur Verfugung, die sich in Gruppenexperimenten als wirksam erwiesen haben (Neuroleptika, Diazepine, Antidepressiva). Nach dem gegenwärtigen Wissensstand kann jedoch nicht vorhergesagt werden, welches individuelle Anxiolytikum bei welchen individuellen Angstpatienten am wirksamsten ist. Eine Möglichkeit, das jeweils wirksamste Präparat zu finden, stellen Einzelfallexperimente dar. In die Studie wurden 30 Patienten (12 Männer, 18 Frauen) mit ,,therapieresistenten" generalisierten Angststörungen eingeschlossen. Die Prüfsubstanzen (Amitriptylin 30 mg/Tag, Flupentixol 1,5 mg/Tag, Clotiazepam 15 mg/Tag, Plazebo) wurden doppelblind und in zufälliger Reihenfolge verabreicht. Jede Präparatebedingung kam 4mal in Therapiephasen von einer Woche Dauer zur Anwendung. Sämtliche Therapiephasen waren durch einwöchige Wash out-Phasen unterbrochen. Die Gesamtdauer jedes Einzelfallexperimentes betrug somit 31 Wochen. Kriterium des Behandlungserfolges war jeweils der Hamilton-Gesamtwert am Ende jeder Therapiephase. Mittels U-Test konnte gezeigt werden, daß sich bei 19 von 30 Patienten trotz scheinbarer Therapieresistenz ein Präparat ermitteln ließ, welches den übrigen Bedingungen signifikant überlegen war (Clotiazepam elf Patienten, Flupentixol drei Patienten, Amitriptylin fünf Patienten). Plazebo war bei keinem Patienten am wirksamsten. Bei elf Patienten fand sich kein signifikanter Unterschied. Gleichwohl konnte mittels Metaanalyse unsere Grundannahme bestätigt werden (p< 0,001). Es gelingt demnach bei chronifizierten generalisierten Angststörungen unter experimentellen Bedingungen, klinisch bedeutsame Unterschiede der Wirksamkeit zwischen verschiedenen Präparateklassen zugehörigen Substanzen aufzufinden, und zwar in dem Sinn, daß ein Präparat den übrigen Bedingungen überlegen ist. Varianzanalytisch konnte gezeigt werden, daß die Position der Präparate in der Zeitreihe keinen Einfluß auf das Ergebnis des jeweiligen Einzelfallexperimentes hat.

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