Zusammenfassung
Cochleo-vestibuläre Effekte von Veränderungen des Mittelohrdrucks werden seit über
50 Jahren unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert. Densert berichtete 1975 erstmals über eine Verbesserung des Hörvermögens bei Ménière-Patienten
nach Minderung des Umgebungsdrucks in einer Druckkammer, Ingelstedt (1976) beobachtete unter denselben Bedingungen eine Abnahme des Spontannystagmus.
Als Ursache wurde die Übertragung eines relativen Überdrucks im Mittelohr auf das
Innenohr mit konsekutivem Auspressen des hydropischen Endolymphschlauchs in den Saccus
endolymphaticus diskutiert. Daneben wurde mittlerweile ein direkter Effekt des Labyrinthdrucks
auf die Spontanaktivität des Gleichgewichtsorgans und die Funktion des Innenohrs beschrieben.
Um Hinweise auf die Genese der Beobachtungen von Densert und Ingelstedt zu gewinnen, führten wir Druckkammeruntersuchungen an 40 Patienten mit unterschiedlichen
cochleo-vestibulären Erkrankungen mit simultaner Ableitung eines Elektronystagmogramms
durch. Hierbei beobachteten wir bei 10 der 12 Patienten, die einen Spontannystagmus
aufwiesen, eine Reduktion dieses Nystagmus während der Minderung des Kammerdrucks.
Daneben fand sich bei 3 Patienten eine partielle Restitution des Nystagmus nach erneuter
Erhöhung des Umgebungsdrucks auf den Ausgangswert. Dieses Phänomen trat bei Patienten
mit M. Ménière, Neuropathia vestibularis und Hörsturz mit vestibulärer Beteiligung
auf. Bei 7 gesunden Kontrollpersonen sowie bei 11 Patienten, die an einem Hörsturz
ohne Beteiligung des Vestibularorgans erkrankt waren, wurden durch die Druckveränderungen
keine Nystagmen induziert. Wir schließen aus unseren Beobachtungen, dass dieses Phänomen
nicht spezifisch für Ménière-Patienten ist. Möglicherweise liegt unserer Beobachtung
eine direkte Beeinflussung des Gleichgewichtsorgans durch die Transmission einer Veränderung
des Mittelohrdrucks auf das Labyrinth zugrunde.
Summary
Cochlear and vestibular effects of Variation of middle ear pressure have been discussed
for more than 50 years. In 1975, Densert reported on temporary improvement of hearing threshold in patients suffering from
Ménière's disease after reduction of air pressure in a pressure Chamber. One year
later Ingelstedt observed reduction of spontaneous nystagmus under this condition. The transmission
of relative overpressure from the middle ear to the labyrinth with consecutive decongestion
of the hydropic endolymphatic system to the saccus was thought to be the cause of
this phenomenon. Meanwhile a direkt effect of labyrinthine pressure on the activity
of the inner ear and labyrinth in healthy subjects and animals has been described.
In order to gain further information on the phenomenon observed by Densert and Ingelstedt we performed investigations on patients suffering from several cochleovestibular
diseases. Chamber pressure was altered and simultaneous electronystagmographic recording
was performed. As a striking result, we observed a reduction of the pathological spontaneous
nystagmus in a majority of patients with vestibular damage during and after the reduction
of Chamber pressure. Many of these subjeets showed a partial restitution of nystagmus
if the Chamber pressure was increased again. This Observation was made in patients
with Ménière's disease, vestibular neuritis and sudden hearing loss with vestibular
involvement. Hence, we conclude that this phenomenon is not specific for Ménière's
disease. A transmission of middle ear pressure to the labyrinth may be an explanation
of our observations.
Schlüsselwörter
Mittelohrdruck - Ménière'sche Erkrankung - Neuronitis vestibularis - Labyrinth
Key words
Middle ear pressure - Ménière's disease - Vestibular neuronitis - Labyrint