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DOI: 10.1055/s-2008-1027506
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
„Themenheft Endosonografie” - Update endoskopischer Ultraschalltechniken
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
09. Juni 2008 (online)
Der diagnostische und therapeutische endoskopische Ultraschall hat sich als „Königsdisziplin” der Endoskopie etabliert, da neben der Beurteilung luminaler Aspekte in unübertroffener Detailgenauigkeit eine sonografische Darstellung der Wandschichtungen des Gastrointestinaltraktes sowie von benachbarten Organen und Strukturen möglich wird. Die endosonografische Untersuchung von Ösophagus, Magen und Rektum sowie des biliopankreatischen Systems ist inzwischen weithin als hilfreiche diagnostische Methode und Stagingverfahren anerkannt. Die Rolle der Endosonografie (EUS) bei der Beurteilung anderer Organsysteme ist komplexer und vereinigt interdisziplinär verschiedene Fachdisziplinen in neuartiger Weise (beispielsweise Gastroenterologie und Pneumologie im Mediastinum, Gastroenterologie und Endokrinologie an der Nebenniere sowie Gastroenterologie und Chirurgie bei jeder Form minimalinvasiver Eingriffe).
Der technischen Entwicklung entsprechend sind die meisten publizierten Studien zur Evaluierung des oberen Gastrointestinaltraktes mit radialer Untersuchungstechnik durchgeführt worden, bevor sich im praktischen Alltag die longitudinale Technik aufgrund der Punktions- und Interventionsmöglichkeiten durchgesetzt hat. Die Minisonden haben ihren Platz zur Beurteilung der Wandschichten gefunden und werden ebenfalls in diesem Zusammenhang in dem Beitrag von Hans Seifert und Anke Schütte diskutiert.
In den letzten Jahren wurden zielgerichtete therapeutische Endosonografie-Techniken in meistens monozentrischen Beobachtungen/Studien evaluiert, die somit bisher nicht als evidenzbasierte Modalitäten gelten können. Uwe Will beschreibt in seinem Übersichtsartikel die faszinierenden Möglichkeiten endosonografisch gesteuerter Interventionen.
Die Endosonografie gilt als die exakteste Methode beim Staging von Ösophagus- und Magenkarzinomen, wie in dem Beitrag von Oliver Pech et al. erläutert wird. Die Endosonografie ermöglicht eine Differenzierung des T-Stadiums beim Ösophagus- und Magenkarzinom mit einer Genauigkeit zwischen 65 und 90 %. Bei der Einschätzung von Frühkarzinomen scheint die Minisondenendosonografie jedoch der makroskopischen Beurteilung durch einen erfahrenen Endoskopiker nicht überlegen zu sein. Ein weiteres, die Therapie entscheidendes Kriterium ist der Lymphknotenstatus (N-Stadium). Hier zeigt die EUS eine hohe Sensitivität, jedoch eine nicht zufriedenstellende Spezifität. Durch die Feinnadelpunktion suspekter Lymphknoten, die mit einer sehr niedrigen Komplikationsrate einhergeht, kann mittels zytologischer Beurteilung eine Steigerung der Spezifität erreicht werden. Aber auch neue Methoden, wie die kontrastmittelverstärkte Endosonografie oder die Elastografie, scheinen bei der Differenzierung suspekter Lymphknoten hilfreich zu sein. Der Stellenwert des endoskopischen Ultraschalls bei gastrointestinalen Lymphomen ist in einer weiteren Übersicht von Al-Taie und Mitarbeitern erläutert.
Endosonografisch gesteuerte Biopsien haben sich zur Diagnosesicherung von benignen und malignen Erkrankungen sowie zum Staging von malignen Tumoren des Verdauungstraktes und der angrenzenden Organe bewährt. Die oft erhebliche prognostische und therapeutische Relevanz dieser Befunde stellt Endosonografiker und Zytopathologen in eine große gemeinsame Verantwortung und macht qualitätssichernde Maßnahmen erforderlich. Die diagnostische Ausbeute endosonografischer Biopsien ist abhängig von der Lokalisation, Größe und Beschaffenheit des Zielgewebes, technischen Faktoren wie der eingesetzten Nadel, der Biopsietechnik und der Materialverarbeitung (inklusive Immunhistochemie), aber auch von Training und Erfahrung des Endosonografikers und Zytopathologens sowie von deren Interaktionen (On-site-Zytologie).
Die Reproduzierbarkeit der zytopathologischen Diagnosen an endosonografisch gewonnenen Aspiraten ist für mit den Besonderheiten des Materials erfahrene Zytopathologen sehr hoch. Falsch positive Malignitätsdiagnosen nach endosonografischer Feinnadelpunktion sind Raritäten, falsch negative kommen dagegen abhängig vom Zielgewebe, technischen Faktoren sowie der Erfahrung von Endosonografieteam und Zytopathologen in variabler Häufigkeit vor. Die differenzialdiagnostische Einordnung maligner und benigner Befunde ist im Regelfall gut möglich. In den Übersichtsartikeln von Christian Jenssen et al. werden die artdiagnostischen Möglichkeiten an endosonografisch-feinnadelbioptisch gewonnenem Material, Fallstricke sowie Wege zur Minimierung der differenzialdiagnostischen Irrtumswahrscheinlichkeit und in einer weiteren Arbeit das Komplikationsmanagement beschrieben und diskutiert.
Für eine zeitgemäße Therapie des Rektumkarzinoms ist eine differenzierte präinterventionelle Diagnostik unerlässlich. Sie entscheidet über die Indikation zur neoadjuvanten Therapie und beeinflusst die Wahl des Operationsverfahrens. Der endoskopische Ultraschall ist dabei etablierter Bestandteil dieser Diagnostik. Er zeichnet sich durch eine hohe Genauigkeit in der Bestimmung des T- und N-Stadiums aus. Neue Behandlungskonzepte und die rasante Entwicklung konkurrierender Methoden erfordern eine neue Standortbestimmung, die in der Übersicht von Christian Jürgensen und Christoph F. Dietrich erläutert werden. Eine Standortbestimmung perinealer (transkutaner) Ultraschalltechniken ergänzt diese Zusammenfassung.
Ziel jeder bildgebenden Diagnostik und somit auch der EUS ist neben der Erkennung insbesondere die Charakterisierung pathologischer Veränderungen. Hierzu werden verschiedene Gewebeeigenschaften erfasst: Schallleitung, komplexe Reflexmuster, Gefäßarchitektur, Perfusion und Strömung. Die Beurteilung der Gewebeelastizität ist ein integraler Bestandteil jeder endoskopischen („Endopalpation”) und sonografischen („Sonopalpation”) Untersuchung und kann nunmehr auch farbkodiert dargestellt werden. In einem Messfenster werden die relativen Gewebehärten farblich dargestellt, ohne dass eine absolute Skalierung der Elastizitätsangabe erfolgt. Erste Anwendungen im Bereich der Diagnostik von Tumoren der Mamma, der Prostata, der Cervix uteri und der Schilddrüse zeigen, dass die Elastografie technisch funktioniert und differenzialdiagnostisch erfolgreich genutzt werden kann. Endosonografisch wurde die Real-time-Elastografie bislang zur Charakterisierung von Lymphknoten und Pankreasgewebe eingesetzt. Die Dignität von Lymphknoten kann mit einer Treffsicherheit von 85 - 90 % vorhergesagt werden, sodass im Einzelfall geeignete Lymphknoten für die Feinnadelbiopsie gezielter ausgesucht werden können. Die von Jan Janssen erläuterte (endo-)sonografische Elastografie ist eine faszinierende neue Methode, deren Einsatzgebiete und klinischer Stellenwert aber noch durch prospektive Studien zu definieren sein werden.
In einer weiteren Übersicht zu Pankreastumoren von Christoph F. Dietrich et al. wird die Differenzialdiagnose hyper- und hypovaskularisierter Tumoren erläutert.
Ziel dieses Themenheftes und weiterer Artikel in Folgeheften ist es, (nicht nur) den evidenzbasierten Einsatz der Endosonografie in der gastroenterologischen Diagnostik darzulegen. Auf weitere aktuelle Übersichtsarbeiten in diesem Zusammenhang wird verwiesen [1] [2] [3]. Wir sind an weiteren Themenvorschlägen sehr interessiert und bitten um entsprechende Vorschläge.
Literatur
- 1 Dietrich C F. Evidenzbasierter Einsatz der Endosonographie in der gastroenterologischen Diagnostik. Gastroenterologie. Up2Date 2007;
- 2 Jenssen C, Dietrich C F. Endoscopic ultrasound in chronic pancreatitis. Z Gastroenterol. 2005; 43 737-749
- 3 Jenssen C CF. Endoscopic ultrasound of gastrointestinal subepithelial lesions (CME). Ultraschall in Med. 2008 (in press);
Prof. Dr. Christoph F. Dietrich
Innere Medizin 2, Caritas-Krankenhaus
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