Geburtshilfe Frauenheilkd 1982; 42(3): 188-196
DOI: 10.1055/s-2008-1037261
Geburtshilfe

© 1982 Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der Einfluß von Alter und Parität auf Schwangerschafts- und Geburtsrisiken sowie Sektiofrequenz und perinatale Mortalität*

Influence of Age and Parity on Risks during Pregnancy Labour and Delivery and on the Incidence of Caesarean Section and Perinatal MortalityH. Elser, H. K. Selbmann
  • Frauenklinik im Klinikum Großhadern (Direktor: Prof. Dr. K. Richter), Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Statistik und Biomathematik der Universität München (Direktor: Prof. Dr. K. Überla)
* Die Analyse der Daten erfolgte mit Genehmigung der Münchner Perinatologischen Arbeitsgemeinschaft. Wir bedanken uns bei den 26, an der Münchner Perinatal-Studie beteiligten Kliniken für ihre Bereitschaft, die Daten veröffentlichen zu dürfen.
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Publication Date:
19 March 2008 (online)

Zusammenfassung

An Hand der über 55000 Geburten der Münchner Perinatal-Studie der Jahre 1975 bis 1977 wurde untersucht, in welchem Maße Alter und Parität Einfluß auf die Risikobelastung während der Schwangerschaft und Geburt, die kindliche Morbidität und die perinatale Mortalität nehmen. Alle quantitativ wichtigen anamnestischen Schwangerschaftsrisiken steigen erwartungsgemäßmit dem Alter an. Das befundete Risiko »unklarer Termin« nimmt bei Erst- und Zweitgebärenden zwischen 21 und 40 Jahren linear ab, während sich bei Dritt- und Mehrgebärenden ein muldenförmiger Verlauf herausstellt. Vorzeitige Wehentätigkeit und Zervixinsuffizienz bieten keine statistisch auffällige Abhängigkeit vom Alter. Hinsichtlich der Parität zeigen Erstgebärende deutlich mehr vorzeitige Wehen, Zweitgebärende deutlich mehr Zervixinsuffizienzen. Erstgebärende bis zum 33. Lebensjahr haben eine durchweg hohe Frequenz von EPH-Gestosen (7,4%). Danach erfolgt ein statistisch auffälliger linearer Anstieg. Bei den anderen Paritäten war von niederen Inzidenzen ausgehend über den ganzen Alterszeitraum hinweg ein statistisch auffälliger Anstieg zu verzeichnen. Ein ähnlicher Verlauf zeigte sich für das Risiko »vorzeitiger Blasensprung«. Die Risiken »Frühgeburt«, »Geburtsdauer über 12 Stunden«, »Haltungsanomalien« und »Beckenendlage« scheinen in keiner Paritätsklasse altersabhängig zu sein. Dagegen ließ sich für den Entbindungsmodus eine eindeutige Abhängigkeit von Alter und Parität nachweisen, die sich am deutlichsten an der Sektiorate ablesen läßt. Sie steigt bei deutschen wie ausländischen Müttern in allen Paritätsklassen mit dem Alter monoton an. Bei Erstgebärenden zeigt sich bis zum 36. Lebensjahr ein linearer Anstieg (1%/Jahr), der sich danach statistisch nachweisbar verstärkt (4%/Jahr). Dieser Knick kommt durch primäre Sectiones zustande, die ab 37 Jahre steil zunehmen. Zweitgebärende haben eine höhere Rate primärer als sekundärer Sectiones. Der lineare Anstieg gestaltet sich bei den primären wesentlich steiler (ca. 0,65%/Jahr) als bei den sekundären Sectiones (0,15%/Jahr). In engerer Korrelation zur Rate der primären Sectiones verläuft das Risiko »Zustand nach Operation am Uterus«, so daß die meisten primären Sectiones bei den Zweitgebärenden aufgrund einer Hypothek aus der ersten Geburt durchgeführt wurden. Wenn der zweiten Geburt bereits eine Sektio bzw. eine andere Operation am Uterus vorausging, wurden durchschnittlich 68,2% aller Schwangeren durch Sektio entbunden, wobei 3 von 4 dieser Sectiones primär angegangen worden sind.

Die Verlegungsrate der Neugeborenen ist bei Erst- und Zweitgebärenden nicht vom Alter der Mutter abhängig, nimmt aber bei Dritt- und Mehrgebärenden linear mit dem Alter zu. Die Analyse der perinatalen Mortalität ist durch die glücklicherweise geringe Inzidenz behindert. Sie zeigt keine eindeutige Abhängigkeit vom Alter, steigt aber mit der Parität an. Dem Sozialprofil der Studie läßt sich entnehmen, daß die bislang verwendeten Alters-Paritätsrisiken einen Hinweis für die soziale Belastung der Mutter darstellen.

Abstract

More than 55,000 deliveries of the Munich perinatal study from 1975-1977 were analysed. The influence of age and parity on the risks during pregnancy labour and delivery on the infant morbidity and on the perinatal mortality were studied. The quantitatively important risks from the obstetrical history increase with age as expected. The risk “unknown expected date of confinement” increases with the Primigravidas and secundi gravidas from age 21 to age 40 in a linear fashion but has a downward slope fashion of the increase in the gravida III and multigravida patients. Premature labour and cervical incompetence show no statistical correlation to age. Primigravidae have a higher risk of premature labour. Secundigravidas have an increased risk of cervical incompetence. Primigravidas up to age 33 have a steady high incidence of pre-eclampsia of 7.4%. From that age on there is a statistically significant linear increase of preeclampsia. With more parity pre-eclampsia started with a low rate and showed a steady statistically significant increase with age. The risk premature rupture of the membranes showed a similar steady increase. The risks “premature delivery”, “duration of labour of over 12 hours”, “abnormal presentation and breech presentation” show no correlation to age in any of the groups of parity. The type of delivery showed a significant correlation to age and parity and was easiest demonstrated with the Caesarean section rate. The Caesarean section rate shows a steady increase in all groups of parity in German and foreign mothers. Up to age 36 the Caesarean section rate showed a linear increase of 1% per year in primigravidas and increased to 4% per year after age 36. This rapid increase is due to primary Caesarean sections after age 37. The initial Caesarean section rate of gravida 2 para 1 was higher than the repeat Caesarean section rate. The linear increase of the Caesarean section rate is greater for initial sections (0.65%/year) than in repeat Caesarean sections (0.15%/year).

The risk prior uterine operations is closely correlated to the rate of primary Caesarean section and is important for initial Caesarean sections and gravida 2 para 1's. When a Caesarean section or another operation on the uterus preceded the second delivery than a mean 68.2% of these patients were delivered by Caesarean section. Three out of four of these Caesarean sections were initial Caesarean sections.

The transfer rate of newborns to the intensive care unit was not correlated to age in primiparas and secundiparas, but increased in a linear fashion with age from the third delivery onwards. The analysis of the perinatal mortality was hampered by its low rate. The perinatal mortality showed no significant correlation to age but increased with parity. The social profile of the study showed that the risks of age and parity are an indication of the social status of the mother.

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