Zeitschrift für Phytotherapie 2008; 29 - V31
DOI: 10.1055/s-2008-1047836

Phytotherapie als „konkurrierende Therapierichtung“ – Ziele und Folgen im Zusammenhang mit der Bundestagsdrucksache 7/5091

V Schulz 1
  • 1Berlin

Die Zulassung als Arzneimittel setzt dessen Wirksamkeit voraus. Art und Ausmaß müssen jedoch auf die Anwendungsgebiete zugeschnitten sein, sodass Unter- ebenso wie Überbehandlungen in der therapeutischen Praxis vermeidbar sind. In diesem Sinne ging der deutsche Gesetzgeber bei der Verabschiedung des 2. Arzneimittelgesetzes von 1978 (2. AMG) von einer differenzierten Wahrnehmung der Behandlungserfolge aus. Deren Nachweis ist nach seinem Willen so zu führen, dass nicht durch einseitige Festlegung bestimmter Methoden eine der miteinander konkurrierenden Therapierichtungen in den Rang eines allgemeinverbindlichen Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse und damit zum ausschließlichen Maßstab für die Zulassung eines Arzneimittels erhoben wird. Die Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln wurde im 2. AMG ausdrücklich als „besondere Therapierichtung“ definiert. Mit dieser Einstufung sollte sowohl speziellen Eigenschaften der pflanzlichen Wirkstoffe als auch indikationstypischen Merkmalen Rechnung getragen werden. Die Kommission E wurde vom Gesetzgeber als Fachgremium berufen, um die Einhaltung geeigneter Bewertungskriterien zu gewährleisten. Als Basiswerk wurden 369 Monographien erarbeitet. Das Erkenntnismaterial wurde dazu im Zeitraum bis 1994 gesammelt und bewertet.

Der primäre Zweck des Gesetzgebers wurde später zum Teil im Sinne eines vollständigen Gleichgangs mit chemisch-synthetischen Arzneimitteln uminterpretiert und zwar ausdrücklich auch im Hinblick auf die für den Wirksamkeitsnachweis anzuwendende klinische Prüftechnik. Damit ging der im 2. AMG verfügte Schutzschild als „besondere Therapierichtung“ mehr und mehr verloren. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Phytopharmaka müssen wieder eingebunden in besondere Behandlungsprinzipien entwickelt, angewendet und bewertet werden. Wie im Vortrag an Beispielen ausgeführt, lässt sich diese Notwendigkeit auch durch „harte Daten“ aus kontrollierten Therapiestudien belegen. Etwa 2000 Phytopharmaka sind heute gemäß AMG in Deutschland als Arzneimittel zugelassenen. In geeigneten Anwendungsgebieten sind diese Präparate ihren synthetischen Alternativen nicht nur in Bezug auf Verträglichkeit und Compliance, sondern auch hinsichtlich des Entwicklungsaufwandes und damit letztlich der Arzneikosten überlegen. Diese Produkte bieten ein Höchstmaß an Sicherheit und sind in der Hand des Arztes und Apothekers sehr geeignet, den Patienten überflüssige Behandlungen durch zu starke und den Krankenkassen unnötige Kosten durch zu teure Arzneimittel zu ersparen.