Dtsch Med Wochenschr 1995; 120(45): 1543-1546
DOI: 10.1055/s-2008-1055511
Kasuistiken

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einheimische Sprue: Erstdiagnose aufgrund von Blutungskomplikationen

Coeliac disease (coeliac sprue): first diagnosed after a bleeding complicationK. Heidinger, B. Kemkes-Matthes, K. J. Matthes, F. Franke, R. Voss, H. Heckers
  • Zentrum für Innere Medizin und Medizinisches Zentrum für Pathologie der Universität Gießen
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Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Anamnese und klinischer Befund: Ein 47jähriger Patient, bei dem keine Vorerkrankungen bekannt waren, wurde wegen akut aufgetretener Hämatome besonders an den unteren Extremitäten stationär aufgenommen. Anamnestische Anhaltspunkte für eine Ursache der Hämatome ergaben sich nicht; der Patient berichtete jedoch über großvolumigen und übelriechenden Stuhlgang ein- bis zweimal täglich. Der Patient war blaß; an den Beinen waren großflächige Hämatome sowie Schwellungen sichtbar. Allgemein- und Ernährungszustand waren reduziert. Als Arbeitsdiagnose wurde zu diesem Zeitpunkt eine »Blutungsneigung unklarer Genese« angenommen.

Untersuchungen: Die Hämoglobinkonzentration lag bei 5,6 g/dl bei normaler Eisen- und erniedrigter Ferritinkonzentration. Der Quick-Wert lag unter 5 %; die aktivierte partielle Thromboplastinzeit war auf über 180 s verlängert. Die Konzentrationen der Vitamine K und E waren erniedrigt. Cumarinderivate waren im Blut nicht nachweisbar. Bei der Sonographie des Abdomens ließen sich deutlich verdickte Darmwände darstellen.

Therapie und Verlauf: Zur Akuttherapie erhielt der Patient 4 Erythrozytenkonzentrate sowie 2000 I.E. PPSB und 10 mg Vitamin K intravenös. Ein aufgrund des Verdachts auf eine intestinale Resorptionsstörung durchgeführter Vitamin-A-Resorptionstest zeigte eine nahezu fehlende Aufnahme; durch die folgende obere Intestinoskopie konnte makroskopisch und histologisch die Diagnose einer einheimischen Sprue gestellt werden. Nach Gabe von Vitaminen (A, D, E und K) sowie Einleiten einer glutenfreien Diät besserte sich der Zustand des Patienten rasch.

Folgerung: Der Verlauf der einheimischen Sprue kann über lange Zeit klinisch unauffällig bleiben und nur durch eine isolierte Symptomatik wie zum Beispiel Blutungen auffällig werden.

Abstract

History and clinical findings: A 47-year-old man without previously known illness was admitted to hospital because of acute haematomas in the legs: the history revealed no cause. The pale-looking patient reported having large and foul-smelling stools once or twice daily. There were large haematomas and swellings on both legs. His general and nutritional state was reduced. »Bleeding of unknown origin« was suspected at this time.

Investigations: Haemoglobin concentration was 5.6 g/dl, while iron was normal and ferritin reduced. Quick value was below 5 %, activated partial thromboplastin time prolonged to 180 s. Vitamin A and E concentrations were reduced; coumarin derivatives were not demonstrated in blood. Abdominal ultrasonography showed clearly thickened intestinal walls.

Treatment and course: Four units of erythrocyte concentrate were immediately administered, together with 2000 IU factors II, VII, X and anti-haemophilic factor B (PPSB), and 10 mg vitamin K intravenously. As intestinal malabsorption was suspected, a vitamin A absorption test was performed: it indicated malabsorption. Upper intestinal endoscopy showed coeliac disease, as did a biopsy. The patient's state quickly improved after he had been given vitamins A, D, E and K and put on a gluten-free diet.

Conclusion: Coeliac disease can take a clinically unremarkable course for a long time and may finally become manifest through an isolated abnormality, such as bleeding.

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