Psychother Psychosom Med Psychol 2008; 58 - S1
DOI: 10.1055/s-2008-1061507

Metaanalysen als Quelle der Placeboforschung

W Rief 1
  • 1Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Marburg

Es wird die Hypothese verfolgt, dass die (positive) Placebowirkung in Pharmastudien systematischen Einflüssen unterworfen ist, die von Erwartungen der Studienleiter und –Teilnehmer abhängig sind. Gleiches wird auch für die negativen Auswirkungen der Placebo-Medikation erwartet, also für unerwünschte Nebenwirkungen in Placebo-Gruppen (Nocebo-Effekt).

Zu Überprüfung dieser Annahmen wurden verschiedene Meta-Analysen durchgeführt, zum Beispiel von 150 klinischen Studien mit ca. 15,000 Patienten zur Wirkung von Antidepressiva. Bei Antidepressiva wurde vermutet, dass solche vom Typ der selektiven Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) weniger Nebenwirkungen produzieren als trizyklische Antidepressiva; allerdings zeigen hier die Analysen, dass sich dieser Unterschied auch in den Placebo-Gruppen findet. Auch variiert der Placeboeffekt stark zwischen Expertenberichten und Selbstberichten der Patienten. Die Ergebnisse bestätigen somit, dass Erwartungen der Studienleiter und -teilnehmern sich deutlich in den Resultaten pharmakologischer Studien wiederfinden und zu systematischen Veränderungen in der Placebo-Gruppe beitragen, die vermutlich auch für die Verum-Gruppe von hoher Relevanz sind.

Neben einer Herausstellung der positiven Potenz von Placebos wird abschließend auch darauf eingegangen, welche Studienschwächen sich in den klinischen Studien zu Antidepressiva zeigen, und wie diese in Zukunft verbessert werden können.

Literatur: Rief, W., Avorn, J.& Barsky, A.J. (2006). Medication-attributed adverse effects in placebo groups. Implications for assessment of adverse effects. Archives of Internal Medicine, 166(2): 155-160.