Psychother Psychosom Med Psychol 2008; 58 - S62
DOI: 10.1055/s-2008-1061568

Zwischen Verlust und Gewinn einer erfüllten Weiblichkeit: Psychosomatische Begleitung einer operativen Neovagina-Anlage am Beispiel des MRKH-Syndroms

I Riessen 1, S Heger 1, N Schäffeler 1, D Wallwiener 2, S Zipfel 1, S Brucker 2
  • 1Abteilung Innere Medizin VI, Psychosomatische Medizuin und Psychotherapie, Tübingen
  • 2Universitäts-Frauenklink Tübingen

Hintergrund: Das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKH) ist durch eine Fehlbildung der Scheide sowie der Gebärmutter charakterisiert. Es kommt bei ca. 1: 5000 weiblichen Neugeborenen vor. Mittels einer Operation kann eine neue Scheide (Neovagina) angelegt werden. Die Diagnose wird meist in der schwierigen Phase der Entwicklung der weiblichen Identität (Pubertät) gestellt. Methodik: 25 Patientinnen wurden vor Operation sowie nach 6 Monaten hinsichtlich Körperbild, Sexualität, psychischem Befinden und Verarbeitung der Fehlbildungsfolgen (Unfruchtbarkeit) befragt (FKB–20, FSFI, PHQ-D, NeoCope). Begleitend fanden supportive Gespräche statt. Ergebnisse: Im FKB–20 zeigte sich eine sig. Besserung im Körperbild sechs Monate nach Operation, im FSFI eine sig. Besserung der „Schmerzen beim Geschlechtsverkehr“. Zu keinem Meßzeitpunkt ergaben sich Hinweise auf depressive Symptome, Angststörungen oder somatoforme Beschwerden (PHQ-D). Die Psychosomatische Begleitung wurde von 61% der Patientinnen als hilfreich erlebt. Schlussfolgerung: Die operative Neovagina-Anlage wird als wichtige Vorrausetzung zur Verbesserung von Körperbild und Sexualität wahrgenommen. Große Verunsicherung bleibt hinsichtlich Unfruchtbarkeit und der Kommunikation der Fehlbildung im soz. Umfeld oder gegenüber Lebenspartnern. Die bisherigen Erfahrungswerte der psychosomatischen Begleitung werden manualisiert und in einer Studie hinsichtlich der Diagnoseverarbeitung und der weiteren Behandlung evaluiert.