kleintier konkret 2008; 11(02): 19-27
DOI: 10.1055/s-2008-1074539
CVE
Hund
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Herztherapie beim Hund - aktuelle Empfehlung

Gerhard Wess
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Publication Date:
28 May 2008 (online)

Häufige Herzerkrankungen

Die häufigsten erworbenen Herzerkrankungen beim Hund sind myxomatöse Mitral- oder Trikuspidalklappen-Degenerationen (Endokardiosen) sowie dilatative Kardiomyopathien (DCM).

Myxomatöse, degenerative Klappenerkrankungen werden im Deutschen auch Endokardiose, chronische Klappenfibrose oder chronisch degenerative Klappenerkrankung genannt und treten gehäuft bei kleinen Rassen vor allem im mittleren und fortgeschrittenen Alter auf. Viele der betroffenen Tiere sind über Monate bis Jahre symptomlos. Bei Auftreten klinischer Symptome ist die Erkrankung meist so weit fortgeschritten, dass die Entwicklung von Stauungsödemen unmittelbar bevorsteht. Husten kann sowohl bei Vorliegen eines Lungenödems auftreten als auch durch Kompression der Hauptstamm-Bronchien durch einen stark vergrößerten linken Vorhof entstehen.

Bei der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) sind aufgrund einer meist angeborenen Herzmuskelschwäche die Kontraktionskraft des Herzens und damit die Pumpleistung des Herzens herabgesetzt. Die DCM tritt vor allem bei Hunden mittlerer und größerer Rassen auf und ist in der Regel mit einer sekundären Volumenüberladung und damit einer Dilatation des Herzmuskels verbunden. Im Endstadium herrschen Symptome des Linksherzversagens vor (Lungenödem), aber auch Rechtsherzversagen mit Aszites und Pleuraerguss ist möglich. Ab diesem Stadium ist die Prognose relativ ungünstig. Neben dieser klassischen Form der DCM gibt es auch Verläufe, bei denen es primär zu ventrikulären Arrhythmien kommt, welche zum plötzlichen Herztod führen können.

Sowohl Herzklappenerkrankungen als auch Herzmuskelschwächen führen zu einer Verringerung des Herzauswurfvolumens. Das kardiovaskuläre System steuert dem mit einer Vielzahl von Mechanismen entgegen, um das Herzzeitvolumen trotz Erkrankung aufrechtzuerhalten. Kurzfristig versucht der Organismus über einen gesteigerten Sympathikotonus und (im fortgeschrittenen Stadium) eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) Herzleistung und Blutdruck zu normalisieren.

Im Frühstadium einer Herzerkrankung sind diese Mechanismen sinnvoll und ausreichend um die Herzinsuffizienz zu kompensieren. Im weiteren Krankheitsverlauf wirken sie sich jedoch nachteilig aus, sodass es zu einer Progression der Erkrankung mit zunehmender Verschlechterung der Symptome kommt. Der Füllungsdruck des Herzens (Vorlast) und der systemische Gefäßwiderstand (Nachlast) erhöhen sich und durch die Retention von Natrium und Wasser (durch Aktivierung des RAAS) kommt es zu einer weiteren Erhöhung des Blutvolumens. Ohne Therapie führt dies zu den typischen klinischen Zeichen der Herzinsuffizienz mit:

  • Wasserretention

  • Ödembildung

  • Schwäche

  • Dyspnoe

  • evtl. Herzrhythmusstörungen

Eine Klassifizierung verschiedener Stadien der Herzinsuffizienz wurde aktuell durch das CHIEF (Canine-Heart-failure International Expert Forum) vorgenommen ([Tab. 1]).

Tab. 1 CHIEF Klassifizierung der Herzinsuffizienz beim Hund (CHIEF = Canine-Heart-Failure International Expert Forum)

Stadium A

Risiko einer Herzerkrankung, keine dokumentierte strukturelle Herzerkrankung,

z. B. genetische Prädisposition, gleichzeitige systemische Erkrankung mit kardiovaskulärer Auswirkung

Stadium B

dokumentierte Herzerkrankung (z. B. Auskultation, EKG, Röntgen, Ultraschall), keine Anzeichen einer kongestiven Herzinsuffizienz (Lungenödem)

fakultatives Vorliegen einer Kardiomegalie

Stadium C

Vorangegangene oder aktuelle klinische Symptome einer objektiv dokumentierten kongestiven Herzinsuffizienz (radiologisch erkennbares Lungenödem)

      C 1 Vorangegangene, aber keine akuten klinischen Symptome (stabile Herzinsuffizienz)

      C 2 Aktuelle geringe bis mittelgradige Herzinsuffizienz

      C 3 Aktuelle hochgradige, lebensbedrohliche Herzinsuffizienz

Stadium D

Therapieresistente Herzinsuffizienz, die nicht auf maximale und/oder optimale Medikation anspricht (flankierende Maßnahmen zur Lebenserhaltung notwendig)

 
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