Rofo 2008; 180(5): 379
DOI: 10.1055/s-2008-1075111
Bildessay

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Multimodale Bildgebung von pankreatischen neuroendokrinen Tumoren

Multimodal Imaging of Pancreatic Neuroendocrine TumorsK. Müssig, R. Bares, K. Dudziak, M. Horger
  • Tübingen
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Publication Date:
08 May 2008 (online)

 

Pankreatische neuroendokrine Tumoren (NET) sind seltene Tumoren neuroendokrinen Ursprungs, die im Pankreas oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft entstehen. Rund 85% dieser Tumoren sezernieren biologisch aktive Substanzen, die zu der Entstehung eines spezifischen klinischen Syndroms führen. Obwohl die NET des Pankreas histomorphologisch ein sehr ähnliches Erscheinungsbild haben, können sie durch immunohistochemische Untersuchungen der von ihnen exprimierten Hormone unterschieden werden.

Das Insulinom ist mit 60% aller pankreatischen NET die häufigste Form der hormonaktiven Tumoren (Abb. [1] u. [2]). Die charakteristische klinische Manifestation eines Insulinoms umfasst die Nüchternhypoglykämie mit neuroglukopenischen Symptomen, wie etwa Seh- und Vigilanzstörungen, denen sympathoadrenerge Symptome, wie z.B. Schwitzen, Zittrigkeit, Palpitationen vorangehen können. Insulinome sind meist gutartig und treten solitär auf (87%), können aber auch multipel (7%) oder maligne (6%) sein. Multiple Insulinome finden sich vor allem in Assoziation mit einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN1), die bei etwa 8% der Patienten mit einem Insulinom nachzuweisen ist. Die Diagnose eines Insulinoms wird durch den Nachweis von inadäquat hohen Insulinspiegeln während einer spontanen oder im Rahmen eines 72-stündigen Hungerversuchs aufgetretenen Hypoglykämie gesichert.

Abb. 1 Raumforderung im Pankreashals/-korpus (Insulinom) mit 2,1 x 1,8 cm. In der Mehrphasen-KM-angehobenen MDCT ließ sich nur ein kurzzeitiges, flaues früharterielles Enhancement im Bereich der Pankreasraumforderung nachweisen (a). Der Befund war sonst weder in der nativen CT noch in der Spätphase abgrenzbar. Das Insulinom wies in der nativen T1-gewichteten Sequenz (b) ein leicht hypointenses Signal zum umgebenden Pankreasparenchym auf bei iso- bis hypointensem T2-Signal (c). Inselzell-Tumoren können in seltenen Fällen mit einem desmoplastischen Wachstum, einer vermehrten fibrotischen Begleitreaktion und dementsprechend auch mit einem niedrigen T2-Signal einhergehen. 2 Minuten nach i.v. Gd-Gabe zeigt sich in der T1-gewichteten, fettunterdrückten Aufnahme keine sichere Raumforderung mehr, ähnlich wie bei der CT (d). Der Tumor erwies sich szintigrafisch als Somatostatinrezeptor-negativ.

Abb. 2 Abdomen-MRT mit Nachweis einer im Pankreaskorpus lokalisierten, T1-gewichteten hypointensen (a), moderat T2-hyperintensen (b), glatt berandeten und ovalär konfigurierten Raumforderung mit einer maximalen Größe von 1,7 x 1,0 cm. Die histologische Aufarbeitung des OP-Präparates ergab wie in Abb. 1 ein Insulinom. Das T2-Signal der beiden Tumoren unterschied sich dabei wesentlich.

Gastrinome sind mit 20% der Fälle die zweithäufigsten pankreatischen NET (Abb. [3]). Die meisten Patienten mit einem Gastrinom, dessen klinisches Erscheinungsbild nach den Erstbeschreibern auch als Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES) bezeichnet wird, werden im Alter von 20 bis 50 Jahren diagnostiziert. Gastrinome treten in der Mehrzahl der Fälle (80%) sporadisch auf, können aber auch mit einer MEN1 vergesellschaftet sein. Bei nahezu allen Patienten liegen bei Diagnose peptische Ulzerationen, insbesondere im ersten Abschnitt des Duodenums, vor. Das ZES kann sich zudem auch mit Diarrhoen manifestieren. Die Diagnose wird anhand erhöhter Nüchterngastrinspiegel oder pathologischer Werte im Sekretintest gestellt.

Abb. 3 Koronare CT-MPR (spätarterielle Phase). Knapp oberhalb der Papillenmündung dorsal der Pars descendens duodeni im sogenannten "Gastrinom-Dreieck" angelagerte Gewebsformation (Gastrinom) mit 1,5 x 1 cm axialer Ausdehnung, arteriell hyperperfundiert, zentral hypodens (a). PET-CT GK mit 68-Gallium-DOTATOC: intensive DOTATOC-Mehrspeicherung in der vorbeschriebenen Raumforderung dorsal des Duodenums SUV avg. 46,2 (b).

Glukagonome (Abb. [4] u. [5]), Somatostatinome und vasoaktives intestinales Peptid (VIP)-sezernierende Tumoren (Abb. [6]) sind deutlich seltener. Diesen NET ist gemeinsam, dass sie sich um das 50. Lebensjahr manifestieren, in der überwiegenden Zahl maligne sind, und bei Diagnosestellung Metastasen häufig bereits vorliegen. Die klassischen klinischen Symptome des Glukagonoms umfassen das nekrolytische migratorische Erythem, Cheilitis, Diabetes mellitus, Anämie, Gewichtsverlust, venöse Thrombosen und neuropsychiatrische Symptome. Die häufigsten Symptome bei Patienten mit einem Somatostatinom sind abdominelle Schmerzen und Gewichtsverlust. Nur in 10% der Fälle liegt ein Somatostatin-Syndrom mit der klassischen Trias Diabetes mellitus, Cholelithiasis und Diarrhoe mit Steatorrhoe vor. Das VIPom-Syndrom manifestiert sich typischerweise mit wässrigen Durchfällen, Hypokalämie und Hypo- oder Achlorohydrämie und wird deshalb auch neben den Synonymen pankreatisches Cholera-Syndrom oder Verner-Morrison-Syndrom als WDHA-Syndrom bezeichnet. Anders als die zuvor beschriebenen pankreatischen NET können Karzinoide, also solche NET, die meist erst nach Metastasierung in die Leber zu einem Karzinoidsyndrom führen, im gesamten Gastrointestinaltrakt oder auch an anderen Lokalisationen, wie etwa im Bronchialsystem, auftreten. Rund 15% der pankreatischen NET sind nichthormonell aktiv und manifestieren sich erst dann klinisch, wenn sie aufgrund ihrer Größe benachbarte Strukturen verdrängen und zu Symptomen infolge von Masseneffekten führen. Zu diesen Tumoren gehören beispielsweise auch pankreatisches Polypeptidsezernierende NET (PPome) (Abb. [7]).

Abb. 4 In der KM-angehobenen Abdomen-CT Nachweis einer hypervaskularisierten, mit gering regressiven Veränderungen versehenen tumorösen Raumforderung des Pankreasschwanzes (Glukagonom) (a). Das Glukagonom stellte sich in der Abdomen-MRT als T1- und T2- hypointense mehrere Zentimeter große Raumforderung dar (b, c). Das T2-Signal von Glukagonomen ist etwas heterogener als das bei den Insulinomen. Stark T2-hypointense Raumforderungen sind jedoch eher die Ausnahme.

Abb. 5 Fokale noduläre Raumforderung retroperitoneal in der axialen Post-KM-CT mit relativ kräftiger KM-Aufnahme (a) 68-Gallium-DOTATOC-PET/CT. In der nach Pankreaslinksresektion (wegen Glukagonom) durchgeführten KM-angehobenen CT Nachweis von Somatostatinrezeptor-positivem Tumorgewebe mit einer Mehranreicherung (SUV avg. 6,2)(b).

Abb. 6 MRT des Abdomens bei einer Patientin mit histologisch gesichertem VIPom. Im Bereich des Pankreaskorpus Nachweis einer ovalär konfigurierten, in der axialen Schichtführung 3,5 x 2,6 cm messenden und partiell solide wirkenden Raumforderung. Diese zeigt ein hypointenses T1-(a) - und T2-(b)-Signal sowie ein randständiges und malignomtypisches KM-Enhancement (c).

Abb. 7 Im Bereich der Leberpforte zeigt sich eine Raumforderung (PPom) mit einer Größe von 5,9 x 6,9 cm mit inhomogener KM-Aufnahme. In der Szintigrafie mit 130 MBq 111 In-Octreotid starke Anreicherung in 3 abdominellen Herden: am Leberhilus/Pankreaskopf (entsprechend dem CT-Befund) und in 2 Herden im Mittelbauch median und links prävertebral (a, b). Eine bessere anatomische Zuordnung der Befunde erfolgte nach 24 Std. unter Einsatz der SPECT/CT (c). Eine Nachsorge-CT-Untersuchung nach operativer Sanierung aller Tumorherde zeigte ein Rezidiv retroperitoneal vor dem Pankreas mit einer gemischten zystischsoliden Tumordichte (d). Der Befund wurde durch eine ergänzende PET-CT mit 68-Gallium-DOTATOC bestätigt (e).

Literaturverzeichnis

  • 01 Chang S . Choi D . Lee SJ . et al . Neuroendocrine Neoplasms of the Gastrointestinal Tract: Classification, Pathologic Basis, and Imaging Features.  RadioGraphics. 2007;  27 1667-1679
  • 02 Ajani JA . Yang DJ . Chuang VP . et al . Two-phase study of hepatic artery vascular occlusion with microencapsulated cisplatin in patients with liver metastases from neuroendocrine tumors.  AJR Am J Roentgenol. 1998;  170 339-344
  • 03 Lebtahi R . Cadiot G . Sarda L . et al . Clinical Impact of Somatostatin Receptor Scintigraphy in the Management of Patients with Neuroendocrine Gastroenteropancreatic Tumors.  The Journal of Nuclear Medicine. 1997;  38 853-858
  • 04 Buchmann I . Henze M . Engelbrecht S . et al . Comparison of 68Ga-DOTATOC PET and 111In-DTPAOC (Octreoscan) SPECT in patients with neuroendocrine tumours.  European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging. 2007;  34 1617-1626
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