Dialyse aktuell 2008; 12(2): 110-112
DOI: 10.1055/s-2008-1076648
Interview

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gefäßverschluss - "Die innovative Art eine Punktionsstelle nach der Dialyse zu verschließen"

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Publication Date:
05 May 2008 (online)

 

Die Dialyseabteilung im Allgemeinen Krankenhaus Wien plant die Einführung von VitaClip, einem externen Gefäßverschluss für die Hämodialyse. Das nephrologische Zentrum Villingen-Schwenningen hat damit bereits Erfahrung sammeln können. Peter Klotz, Pflegekraft am AKH-Wien, sprach daher mit Daniel Lamon, Pflegekraft im nephrologischen Zentrum Villingen-Schwenningen über seine Einschätzung dieser Form des Punktionsverschlusses.

? Herr Lamon, was haben Sie gedacht als Sie zum ersten Mal von VitaClip gehört haben?

Daniel Lamon: Unsere einhellige Meinung war, das kann nicht funktionieren.

? Was hat Sie anfänglich motiviert, Patienten mit VitaClip zu versorgen?

Lamon: Dr. Felix Banthien hatte bereits Erfahrung mit diesem Produkt und vermittelte uns die Sicherheit für die Anwendung. Des Weiteren war für uns die Vorstellung, die Patienten brauchen nicht mehr abzudrücken, eigentlich Grund genug, VitaClip auszuprobieren. Es ging auch um eine Menge Neugierde die es zu befriedigen galt. Hinzu kommt, dass unser Zentrum offen ist für neue, innovative Produkte.

? Wie haben die Patienten anfänglich reagiert?

Lamon: "Ich höre zwar die Nachricht, allein mir fehlt der Glaube". Spaß beiseite. Die Patienten waren anfänglich genauso skeptisch wie das Pflegepersonal. Auch hier hat Dr. Banthien entsprechende Aufklärungsarbeit geleistet.

? Unter welchen Voraussetzungen setzen Sie VitaClip in Ihrem Hause ein?

Lamon: VitaClip wird nur auf Anweisung der behandelnden Ärzte verwendet.

? Hat die ärztliche Leitung hierfür Voraussetzungen definiert?

Lamon: Ja, selbstverständlich. Die medizinischen Aspekte: Der Shunt muss gut mit der Haut verwachsen sein. Das Shuntlumen sollte einen ausreichen-den Durchmesser im Punktionsbereich haben. Die ökonomischen Aspekte:

VitaClip wird nur bei Patienten mit langen Abdrückzeiten, mit physischen Behinderungen, mit Blutungsrisiken und Infektionen eingesetzt.

? Was waren anfänglich Ihre wichtigsten Erfahrungen im Umgang mit VitaClip?

Lamon: Die ersten Einsätze von VitaClip haben wir bei Patienten durchgeführt, bei denen das Punktieren auch ohne VitaClip problemlos funktionierte. Nachdem hier ausreichende Sicherheit im Bezug auf das Punktionsgefühl entstanden war, haben wir Schritt für Schritt Patienten mit schwierigeren Voraussetzungen mit VitaClip versorgt.

? Wo sehen Sie die Vorteile von VitaClip aus medizinischer Sicht?

Lamon: Nicht der Shunt wird komprimiert, sondern ausschließlich der Punktionskanal. Diese Art des Abdrückens ist unserer Meinung nach besonders shuntschonend. Der Druck im Reservoir entspricht dem individuellen Gefäßinnendruck des jeweiligen Patienten. Der Druck auf den Einstichkanal ist demnach nie zu hoch und nie zu niedrig.

? Wo ist der Unterschied zu den üblichen Methoden?

Lamon: Bei der manuellen bzw. mechanischen Kompression ist es schwer, den richtigen Druck zu erzeugen. Es wird immer der Shunt komprimiert.

? Wie bereiten Sie die Punktion mit VitaClip vor?

Lamon: Hier hat sich nichts gegenüber einer Punktion ohne VitaClip geändert. Jedoch ist die absolut präzise Form der Vorbereitung des Punktionsareals eine wichtige Voraussetzung für die 100-prozentige Funktion von VitaClip.

? Müssen weitere zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden?

Lamon: Der Punktionsbereich muss eine glatte Hautoberfläche aufweisen und frei von Fett und Haaren sein. Der Shunt sollte am Dialysetag nicht eingecremt werden. Bei Patienten mit allergischen Reaktionen auf alkoholische Desinfektionsmittel empfehlen wir eine Vorreinigung mit chirurgischer Seife. Desinfektionsmittel auf Polividon-Jod-Basis und Desinfektionsmittel mit rückfettenden Inhaltstoffen setzen wir nicht ein.

? Wie stellen Sie sicher, dass die Haut faltenfrei ist?

Lamon: Im Punktionsareal wird die Haut sanft gestrafft. Danach wird VitaClip aufgeklebt.

? Was passiert wenn diese Voraussetzungen nicht zu 100% erfüllt sind?

Lamon: VitaClip löst sich in besonderen Fällen bereits während der Dialyse von der Haut.

? Kommt das häufig vor?

Lamon: Am Anfang war das so. Nachdem wir jedoch alle Anwendungshinweise beachtet haben, kommt es nur in äußerst seltenen Fällen (Promillebereich) zu einer Ablösung von VitaClip.

? Kann es auch außerhalb der Dialyse zu einer Ablösung von VitaClip kommen?

Lamon: Ja, das ist vorgekommen.

? Hat das zu Problemen geführt?

Lamon: Nein, unsere Patienten und/oder deren Angehörige sind in die manuelle Kompression nachblutender Punktionsstellen eingewiesen. Dies gilt grundsätzlich und ist unabhängig vom Einsatz von VitaClip.

? Sie sagen, es hat in der Anfangszeit Probleme bei der Anwendung von VitaClip gegeben. Kann man sagen, diese Probleme gehören der Vergangenheit an?

Lamon: Wenn man die Anwendungshinweise zu 100% beachtet, funktioniert VitaClip wie beschrieben.

? Können Sie die wichtigsten Anwendungshinweise spontan stichwortartig nennen?

Lamon: Nach der Desinfektion eine Ablüftzeit von etwa einer Minute beachten. Die Haut sanft straffen bevor VitaClip aufgeklebt wird. Die Klebefläche von VitaClip nicht mit ungeschützten Fingern berühren. Bei der Auswahl der Einstichstelle den Shuntverlauf visualisieren. Vor dem Punktieren den Hautkleber etwa eine Minute mit der Haut reagieren lassen. Die Kanüle möglichst im Winkel von zirka 30-60 Grad durch die Linse in den Shunt einführen und punktieren. Der Austrittsort der Kanüle sollte nahezu mittig in der Auflagefläche des VitaClip positioniert sein. Nach dem Beenden der Dialyse den Rand der Linse mit zwei Fingern (seitlich am Außenrand der Linse in Richtung Haut) leicht fixieren und die Nadel ruhig ziehen.

? Was empfehlen Sie Patienten oder deren Angehörigen, die nicht in der Lage sind VitaClip zu den vorgegebenen Zeiten zu entfernen?

Lamon: In diesen Fällen empfehlen wir VitaClip bis zur nächsten Dialyse auf der Punktionsstelle zu belassen.

? Wann verlassen die mit VitaClip versorgten Patienten in der Regel Ihre Einrichtung?

Lamon: Nachdem der Blutdruck gemessen wurde kann der Patient die Klinik verlassen.

? Ergreifen Sie besondere Maßnahmen, um dem Patienten Sicherheit auf dem Heimweg und zuhause im Bezug auf die Haftung von VitaClip zu geben?

Lamon: Nein. Wir decken aus optischen Gründen VitaClip je nach Patientenwunsch mit einem Pflaster oder einem leichten Verband ab.

? Was empfehlen Sie den Patienten im Bezug auf das Entfernen von VitaClip?

Lamon: VitaClip sollte frühestens nach acht Stunden entfernt werden, möglichst über einem Waschbecken um Verschmutzungen zu vermeiden.

? Welche Vorteile bringt ihnen, dem Personal, der Einsatz von VitaClip?

Lamon: Durch die um bis zu 60 Minuten verkürzte Liegezeit, konnten wir die organisatorischen Abläufe umstrukturieren. Stellen Sie sich vor, ein Patient, der nicht in der Lage ist, seine Punktionsstellen selbst abzudrücken blockiert den Behandlungsbereich über eine Stunde und bringt somit Unruhe in die Abläufe der nächsten Schicht. Wir haben festgestellt, dass die Arbeit viel strukturierter abläuft, seitdem wir Teile unserer Patienten mit VitaClip versorgen.

? Welche Vorteile sehen Sie für den Patienten?

Lamon: Stellen Sie sich vor, eine Patientin hat über Jahre immer über 45 Minuten abgedrückt, jetzt geht sie fünf Minuten nach Abschluss der Dialyse nach Hause. Die Vorteile liegen auf der Hand, mit der gewonnenen Zeit kann der Patient seine Arbeits- und Freizeit ganz anders gestalten. Die Bewegungsfreiheit während der Dialyse wird durch den Einsatz von VitaClip erhöht. Der bereits beschriebene Verschlussmechanismus der Punktionsstelle vermittelt Sicherheit.

? Welche Vorteile sehen Sie für die Klinik?

Lamon: Kürzere Liegezeit und kein Abdrücken - gegebenenfalls durch Personal - ermöglichen einen raschen Patientenwechsel und damit eine bessere, zeitlich gestraffte Behandlung. Der Vorteil gegenüber Mitbewerbern ist nicht zu unterschätzen. Patienten, bei denen VitaClip eingesetzt wird, werden auf dieses Hilfsmittel nicht mehr verzichten wollen. Sie bleiben der Klinik treu, die Ihnen die Möglichkeit bietet, mit VitaClip versorgt zu werden.

? Würden Sie oder die Patienten auf VitaClip verzichten?

Lamon: Gegenfrage: Würden Sie auf einen Zuwachs an Lebensqualität für den Patienten und gewonnene Arbeitserleichterung für das Personal verzichten wollen?

Vielen Dank für das Interview, Herr Lamon.

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Serumwerk Bernburg Vertriebs GmbH, Bernburg

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