Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - PV33
DOI: 10.1055/s-2008-1078894

Die Bedeutung frühzeitiger Intervention bei Frühgeborenen mit Darmperforation

C Eicher 1, T Luithle 1, R Goelz 1, HJ Kirschner 1, J Arand 1, C Poets 1, J Fuchs 1
  • 1Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen

Hintergrund: Die fokale intestinale Perforation (FIP) und die nekrotisierende Enterokolitis (NEC) sind Hauptursachen für Morbidität und Mortalität bei Frühgeborenen (FG). Die optimale Therapie – Laparotomie oder Einlage einer peritonealen Drainage – ist bislang ungeklärt. Methoden: In einer retrospektiven Studie wurde das neonatologische Outcome von FG mit nekrotisierender Enterokolitis (NEC) oder fokaler Darmperforation (FIP) evaluiert. Eingeschlossen wurden alle FG mit einem Geburtsgewicht (GG) <1000g, die zwischen Januar 2002 und Dezember 2007 auf der neonatologischen Intensivstation (NICU) aufgenommen wurde und an einer NEC oder FIP erkrankten bzw. mit dieser Diagnose zugewiesen wurden. Die Diagnosekriterien waren intestinale Pneumatosis oder radiologische Zeichen einer Perforation sowie intraoperativer und pathologischer Befund. Die erhobenen Daten entstammen der Datenbank der Neonatologie und den Krankenakten der Neonatologie und der Kinderchirurgie. Ergebnisse: Von 280 aufgenommenen bzw. zur Therapie einer NEC/FIP zugewiesenen FG mit GG <1000g (medianes Geburtsgewicht (GG) 711g (290g –990g), Gestationsalter 25 SSW (23–32 SSW) hatten 12 eine NEC (3 zugewiesen) und 23 eine FIP (5 zugewiesen). Von den Kindern mit NEC wurden 7 initial laparatomiert, eines mit einer peritonealen Drainage versorgt und 4 (33,3%) ohne Anzeichen einer Perforation konservativ behandelt. 22 von 23 Patienten mit FIP wurden chirurgisch therapiert, einer verstarb an Kreislaufinsuffizienz vor der chirurgischen Intervention. Eine primäre Laparotomie wurde bei 16 (70%) Kindern durchgeführt, bei 6 (26,1%) wurde primär eine peritoneale Drainage eingelegt. Letztere wurden innerhalb von 2–15 Tagen sekundär laparatomiert. 5 der 30 chirurgisch therapierten Kinder starben (16,7%). 2 der 8 Kinder mit NEC+OP (25%) verstarben aufgrund einer Nekrose des gesamten Dünndarms. 2 Patienten mit FIP verstarben an ihrer Grunderkrankung (Postasphyxiesequenz nach fetofetalem Transfusionssyndrom), ein Patienten mit FIP (extreme Unreife, GG 290g, ausgedehnte parenchymatöse Hirnblutung) verstarb nach Anlage eines Drains an therapierefraktärer Kreislaufinsuffizienz. Die durchschnittliche Dauer der parenteralen Ernährung nach Laparotomie war 28 Tage (15–77 Tage). Nur ein Kind mit NEC litt postoperativ an einem Kurzdarmsyndrom und musste teilparenteral ernährt werden. Schlussfolgerung: Die Letalität chirurgisch behandelter ELBW Kinder mit NEC oder FIP betrug 16,7% und ist damit deutlich geringer als in anderen Serien. Dieses Ergebnis lässt sich möglicherweise auf die Kombination einer frühzeitigen klinischen Intervention (Diagnostik und Therapie) sowie einer frühzeitigen chirurgischen Therapie zurückführen.