Zeitschrift für Palliativmedizin 2009; 10(2): 63-64
DOI: 10.1055/s-2009-1225589
Editorial

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150 Experten arbeiten an Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen

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Publication Date:
22 June 2009 (online)

 

Karin Dlubis-Mertens, Berlin

Prof. H. Christof Müller-Busch, Berlin

Eine Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen? Noch ein Papier? fragt der erste Teilnehmer und zählt Chartas auf, die sich beispielsweise mit den Rechten hilfe- und pflegebedürftiger Menschen oder der Ethik im Umgang mit Schmerz befassen. Na ja, wendet der zweite Diskutant ein, das wäre schon ein eigenes wichtiges Thema, aber sollte es nicht besser "Versorgung" oder "Sorge für" statt "Betreuung" heißen? Was meint eigentlich Charta, hakt der Dritte nach, Selbstverpflichtung für uns alle? Oder die Benennung der Rechte des Einzelnen in der letzten Phase seines Lebens?

... und schon sind wir mittendrin in einem Prozess, an dem sich derzeit im Rahmen von Arbeitsgruppen 150 Experten beteiligen, überwiegend benannt von rund 50 gesellschaftlich und gesundheitspolitisch relevanten Institutionen. Bis zum Sommer 2010 soll eine Charta verabschiedet werden, in welcher die Ist-Situation schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland beschrieben und daraus folgend Ziele definiert und Realisierungspläne aufgestellt werden. Träger sind die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) und die Bundesärztekammer (BÄK); unterstützt wird der Prozess dankenswerterweise durch die Otto-und-Edith-Mühlschlegel-Stiftung bzw. Robert-Bosch- Stiftung sowie die Deutsche Krebshilfe.

Entstanden ist dieses nationale Projekt vor dem Hintergrund einer internationalen Initiative, die als Budapest Commitments auf dem 10. Kongress der European Association for Palliative Care (EAPC) 2007 vereinbart wurde. Mit dem Ziel, die Betreuung Schwerstkranker und Sterbender zu verbessern, sollen 5 Bereiche weltweit fokussiert und in ihrer Entwicklung gefördert werden: Aus-/Fort- und Weiterbildung, Forschung, Politik, Qualitätsmanagement, allgemeine Zugänglichkeit der Versorgung mit Arzneimitteln.

Inzwischen beteiligen sich 19 Länder. Der EAPC-Kongress in Wien im Mai 2009 zeigte eindrucksvoll das weltweite Interesse am Ausbau dieser Initiative und an internationaler Kooperation, gleichzeitig jedoch einen nicht zu vernachlässigenden Punkt: Natürlich unterstütze jeder die Idee von Palliative Care, von End of Life Care, aber wenn es konkret wird ...

In 5 Arbeitsgruppen werden zur Zeit folgende Schwerpunkte diskutiert:

Gesellschaftspolitische Fragen - Ethik, Recht, Öffentliche Kommunikation Bedürfnisse der Betroffenen - Anforderungen an die Versorgungsstrukturen Anforderungen an die professionellen und ehrenamtlichen Mitarbeiter - Aus-, Weiter- und Fortbildung Entwicklungsperspektiven und Forschung Internationale Dimension

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden am Runden Tisch von den AG-Sprechern vorgestellt und durch die beteiligten Institutionen konsentiert.

Die übergeordnete Struktur "Ist - Soll - Commitment" nützt jedoch nur wenig, wenn nicht die Menschen, denen die Verbesserung der Bedingungen für Sterbende am Herzen liegt, diesen Prozess sowohl mit Gedankenaustausch und Visionen als auch mit Realitätssinn und Rückschlüssen für die Umsetzung erfüllen.

Ein Experiment - zugegebenermaßen. Aber ein außerordentlich wichtiges und spannendes, das unter anderem Perspektiven für die Fortentwicklung und Umsetzung einer flächendeckenden Palliativ- und Hospizversorgung aufzeigen soll, in deren Mittelpunkt die Wünsche, Rechte und Bedürfnisse der Betroffenen stehen.

Karin Dlubis-Mertens, Berlin

Koordinatorin

Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen

Email: charta@dgpalliativmedizin.de

Prof. H. Christof Müller-Busch, Berlin

Präsident

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin

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