Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2018; 46(03): 143-149
DOI: 10.15653/TPG-170680
Originalartikel – Original Articles
Schattauer GmbH

Torsio uteri beim Rind: Therapie sowie Verletzungsrisiko für die Kuh und Prognosestellung für das Kalb[*]

Article in several languages: deutsch | English
Daniela Klaus-Halla
1   Klinik für Wiederkäuer mit Ambulanz und Bestandsbetreuung, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Bettina Mair
2   Tierarztpraxis Dres. Mair, Seeg
,
Carola Sauter-Louis
3   Institut für Epidemiologie, Friedrich-Loeffler-Institut, Greifswald - Insel Riems
,
Holm Zerbe
1   Klinik für Wiederkäuer mit Ambulanz und Bestandsbetreuung, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Publication History

Eingegangen 30 November 2017

Akzeptiert nach Revision: 22 January 2018

Publication Date:
14 June 2018 (online)

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Zusammenfassung

Gegenstand und Ziel: In einer Feldstudie wurden bei Kühen mit Torsio uteri klinische Parameter, Behandlungsmaßnahmen und deren Erfolg erhoben. Ziel war, wichtige Faktoren der Diagnose- und Prognosestellung sowie Konsequenzen für die Therapieentscheidung abzuleiten. Material und Methoden: Unter Praxisbedingungen erfolgte eine systematische Dokumentation von 114 Fällen einer Torsio uteri. Die Tiere wurden unmittelbar vor der Retorsion und unmittelbar post partum (p. p.) untersucht. Ergebnisse: Bei guter Geburtsvorbereitung des Muttertieres lag die Letalität der Kälber bei 14,9 %, bei mangelnder Vorbereitung stieg sie auf 58,3 % (p = 0,006). Überschritt die Erkrankungsdauer 12 Stunden, überlebten lediglich 34,8 % der Kälber, während dieser Anteil bei einer ˂ 6 Stunden und einer 6-12 Stunden bestehenden Torsio uteri 85,7 % bzw. 92,2 % (p ˂ 0,001) betrug. In 82,5 % der Fälle erfolgte die Therapie durch direkte manuelle Retorsion des Uterus mittels Kamer’schem Griff und/oder Hebegriff, in 17,5 % durch die Brettwälzmethode. Hinsichtlich der Letalität der Kälber (4,7 % vs. 18,2 %; p = 0,139) oder dem Verletzungsrisiko für das Muttertier (31,9 % vs. 42,1 %; p = 0,391) ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Methoden. Ein zeitlich verzögerter Auszug nach erfolgreicher Retorsion und Abwarten der Aufweitung des Zervixkanals stellt eine Option bei Zervixenge dar, birgt aber ein signifikant höheres Verletzungsrisiko für die Kuh (57,2 %) im Vergleich zum sofortigen Auszug (26,8 %; p = 0,018). Mit steigender Manipulationsdauer nahm auch das Ausmaß an Verletzungen des Muttertieres signifikant zu (p ˂ 0,001). Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Die Qualität der Geburtsvorbereitung kann bei der Kuh mit Torsio uteri als prognostischer Faktor für das Überleben des Kalbes herangezogen werden. Unter Praxisbedingungen lässt sich eine Torsio uteri in den meisten Fällen erfolgreich konservativ therapieren. Eine sachgerechte und indikationsbezogene Anwendung der Brettwälzmethode kann empfohlen werden. Eine gute Geburtsüberwachung und frühzeitiges Eingreifen im Falle einer Torsio uteri sind für Krankheitsverlauf und Prognose von entscheidender Bedeutung.

* Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hartwig Bostedt zum 80. Geburtstag gewidmet.