Gefäßmedizin Scan - Zeitschrift für Angiologie, Gefäßchirurgie, diagnostische und interventionelle Radiologie 2018; 05(01): 49-62
DOI: 10.1055/a-0541-2905
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Pelvines Stauungssyndrom der Frau – ein Überblick

Jürg Traber
,
Christina Jeanneret-Gris

Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Jürg Traber.
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Publication Date:
09 April 2018 (online)

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Mit dem heutigen pathophysiologischen und anatomischen Verständnis muss die Definition des pelvinen Stauungssyndroms weiter gefasst und in einen größeren Kontext gestellt werden. Dieser Beitrag versucht, die Beckenvenenstauung mit der Symptomatik des pelvinen Stauungssyndroms und der Pathophysiologie der venösen Insuffizienz der in die Beckenvenen drainierenden Ovarialvenen in Beziehung zu setzen. Mögliche Behandlungskonzepte werden beschrieben.

Kernaussagen
  • Das PVS ist definiert als chronisch persistierender Schmerz im kleinen Becken bei Frauen während mindestens 6 Monaten. Der Schmerz ist aggraviert in aufrechter Position. Dyspareunie, Dysmenorrhö sowie Vulva- und Vaginavarizen können assoziiert vorkommen.

  • Pathophysiologisch handelt es sich beim pelvinen Kongestionssyndrom um eine venöse Stauung, verursacht durch einen verzögerten und/oder behinderten venösen Abstrom. Primärer oder sekundärer Reflux nach Obstruktion (Umgehungskreislauf) der pelvinen Venen, insbesondere der Ovarialvenen, wird als kausal für den venösen Hypertonus angesehen.

  • Die Betrachtung der Fließrichtung allein entschlüsselt die einem PVS zugrunde liegende Pathophysiologie nicht ausreichend. Es muss ein „Umgehungskreislauf“ von „Reflux“ unterschieden werden. Manifestationen eines Umgehungskreislaufs sind das May-Thurner- und das Nussknackersyndrom. Reflux über Äste der V. iliaca interna spielt eine Rolle bei der Entstehung von labialen Varizen, ein Reflux in der V. ovarica mit Umkehr der Fließrichtung in der V. ovarica sinistra zeigt sich hauptsächlich durch Varizenausprägung an den unteren Extremitäten über die pelvic leakage points.

  • Zunehmende Bedeutung gewinnt der Überdruck in den Beckenvenen bei der Abklärung peripherer Varizen, die nicht oder nur ungenügend durch saphenofemoralen Reflux erklärt werden können.

  • Zur Untersuchung der Morphologie der Beckenvenen und der Drainagewege eignet sich vor allem der Ultraschall nur bedingt. Im Gegensatz zu den Schnittbildverfahren kann er zur Darstellung der venösen Füllungszustände in stehender Untersuchungsposition durchgeführt werden.

  • Therapeutisch wird vor allem das interventionelle Coiling der refluxiven Venen eingesetzt. Als operatives Verfahren bietet sich das laparoskopische Einbringen von Clips mit anschließender Durchtrennung der V. ovarica an.