Die Lungen- und Atemwegserkrankungen sind der wesentliche Berührungspunkt der Disziplinen
Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin und Epidemiologie. Das Hauptziel unserer
Sektion
besteht deshalb darin, diese vier eigenständigen wissenschaftlichen Fachdisziplinen
zusammenzuführen und im Hinblick auf das Organ Lunge im Dialog zu vereinen. Ob und
in welchem
Maße Luftverschmutzung in der allgemeinen Umwelt oder im Besonderen am Arbeitsplatz
ursächlich
für Lungen- und Atemwegserkrankungen ist, lautet eine unserer zahlreichen gemeinsamen
Fragen.
Die Diagnostik und Prävention arbeits- und umweltbedingter Erkrankungen sowie deren
Versorgung, Rehabilitation und Begutachtung stehen in den Fächern im Vordergrund.
Eine wesentliche Aktivität der Sektionsmitglieder ist hier die Mitwirkung an Leitlinien
und Empfehlungen zu diesen Themen. Im Berufskrankheiten (BK)-Verfahren stellen diese
Leitlinien und Empfehlungen die Grundlage für die Diagnostik und Beurteilung von Folgezuständen
dar und dienen der Gleichbehandlung der Versicherten.
In den kürzlich erschienenen Leitlinien zu Asthma bronchiale, COPD und Lungenkarzinom
haben Herr Prof. Dr. med. X. Baur, Berlin, und Herr Prof. Dr. med. D. Nowak, München,
von unserer Sektion die entsprechenden arbeits- und umweltmedizinischen Aspekte eingearbeitet
und deren Bedeutung herausgestellt. Dafür ein herzliches Dankeschön der Sektion 3!
Herr Prof. Dr. med. X. Baur, Berlin, und Herr Prof. Dr. med. D. Nowak, München, weisen
in der im Oktober 2017 erschienen S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten
mit Asthma bronchiale darauf hin, dass Asthmasymptome des Erwachsenen Anlass für eine
eingehende Arbeitsanamnese sein sollten, da in 9 – 25 % der Fälle berufliche Auslöser
vorliegen und deren Identifikation für die Therapie und Prävention bedeutsam ist.
Es gibt über 550 verschiedene Auslöser des Berufsasthmas, wobei es sich in 2/3 der
Fälle um Allergene, in 1/3 um Irritantien handelt.
Die am 1.1. 2018 fertiggestellte S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten
mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) enthält ein ausführliches
Kapitel zu arbeitsmedizinischen Aspekten der COPD, das von Herrn Professor Dr. med.
Nowak, München, erstellt wurde: „Berufliche Noxen können eine COPD verursachen, deshalb
soll bei jedem Patienten mit einer COPD in der Arbeitsanamnese nach langjähriger hoher
beruflicher Exposition gegenüber anorganischen Stäuben, organischen Stäuben und irritativ
wirkenden Gasen, Dämpfen sowie Rauchen gefragt werden.“
Die aktuelle Überarbeitung der S3-Leitlinie Lungenkarzinom umfasst ein ausführliches
Kapitel über umwelt- und arbeitsmedizinische Risiken des Lungenkarzinoms von Herr
Prof. Dr. med. D. Nowak, München: „Als erstes werden die wissenschaftlich nachgewiesenen
und der Öffentlichkeit bekannten Risikofaktoren thematisiert: Rauchen, Passivrauchen,
Ernährung, Radon und ionisierende Strahlung sowie partikuläre Luftverschmutzung und
Dieselmotoremissionen. Anschließend folgt eine Kurzdarstellung der beruflichen Lungenkarzinogene,
deren Kausalzusammenhang zum Lungenkrebs als gesichert gilt. Die berufliche Exposition
gegenüber Kanzerogenen wird für ca. 9 – 15 % aller Lungenkrebsfälle verantwortlich
gemacht. Die Latenzzeit liegt bei 30 bis 40 Jahren. Demzufolge ist es notwendig, bei
jedem Lungenkarzinompatienten eine umfassende Arbeitsanamnese zu erheben Die Anamnese
sollte chronologisch-tabellarisch erfolgen.“
Die S2k-Leitlinie „Asbestbedingte Erkrankungen: Diagnostik und Begutachtung“ aus dem
Jahr 2010 befindet sich unter Mitwirkung unserer Sektion derzeit in der Überarbeitung.
Des Weiteren arbeiten Mitglieder unserer Sektion an der Neufassung der S2k-Leitlinie
„Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest (AIT)“ mit.
Die „Empfehlung für die Begutachtung von Quarzstaublungenerkrankungen (Silikosen) – Bochumer
Empfehlung – “ der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), an der unsere
Sektion mitbeteiligt ist, steht kurz vor der Fertigstellung und wird dieses Jahr erwartet.
Das Programm der DGUV „Früherkennung asbestverursachter Erkrankungen“, das heißt die
nachgehende Vorsorge betroffener Versicherter, wird von Mitgliedern der Sektion wissenschaftlich
geleitet und mitgestaltet. Durch das Angebot einer jährlichen arbeitsmedizinischen
Untersuchung und Diagnostik mit einer Low-dose-Volumen HR-Computertomografie des Thorax
bei Hochrisikopatienten (berufliche Asbestexposition über 10 Jahre und Rauchgewohnheit
von mindestens 30 pack years) soll die Diagnostik von Lungenkarzinomen bei Hochrisiko-Patienten
bereits im Frühstadium gelingen, in Anlehnung an die NSLT-Studie aus den USA (NEJM
2011).
Die Planung und Durchführung des wissenschaftlichen Programms der Jahrestagung der
DGP e. V. im März 2018 in Dresden stellten wiederum einen weiteren Schwerpunkt der
Tätigkeit der Sektion dar. Das „Berufskrankheiten-Forum“ hat seine sehr erfolgreiche
Tradition fortgesetzt. Neben Vorträgen zu „Aktuelles zum Frühmeldeverfahren Atemwege“
von Frau Priv. Doz. Dr. med. A. Heutelbeck, Göttingen und zu „Neuen Entwicklungen
in der Begutachtung von Asbestose und Silikose“ mit ausführlichen Informationen über
die aktuellen Leitlinien von Herrn Prof. Dr. med. T. Kraus, Aachen, lag dieses Jahr
der Fokus auf der Diskussion über die Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts
(BK-Recht). Frau Palfner, DGUV Berlin referierte über „Vorschläge der Sozialpartner
in der DGUV zur Weiterentwicklung des Berufskrankheitenrechts". Wie eventuelle Änderungen
des BK-Rechts von den Versicherten gesehen werden, wurde aus gewerbeärztlicher Seite
von Herrn Dr. med. Frank Hittmann, Bremen, dargelegt.
Ein besonderes Highlight in diesem Jahr war das klinische Symposium über „Kontroverse
Gutachtenfälle aus der Arbeitsmedizin einschließlich TED-Abfrage“. Herr B. Bernd Mutschler,
Richter am Bundessozialgericht Kassel, und Herr Prof. Dr. med. D. Nowak, München,
moderierten die 4 hoch spannenden Fallvorstellungen von Frau Dr. med. U. Ochmann,
München, Herrn Dr. med. A. Drews, Grimma, Frau Dr. med. N. Kotschy-Lang, Auerbach
und Herrn Priv.-Doz. Dr. med. D. Koschel, Coswig aus höchstrichterlicher und medizinischer
Sicht. Die große Teilnehmerzahl und die sehr lebhaften Diskussionen bestätigten wie
schon vor 2 Jahren eindrucksvoll das sehr große Interesse an Gutachtenfällen aus der
Praxis.
Das 2. Klinische Symposium unserer Sektion „Fume event“ unter Vorsitz von Herrn Prof.
Dr. med.
Ulrich Bolm-Audorff, Wiesbaden und Dr. med. Frank Powitz, München, stellte einen weiteren
Höhepunkt dar, das von sehr vielen interessierten Anwesenden verfolgt wurde. Im ersten
Vortrag stellte Prof. Dr. Ing. Dieter Scholz, Hamburg, die technischen Grundlagen
zur Belüftung einer Flugzeugkabine vor. Durch Öl-gelagerte Dichtungen in der Turbine
kann es zu Öl-Kontaminationen im System kommen. Die Präsentationen mit weiterführenden
Informationen zum Thema ist auf www.cabinair.ProfScholz.de eingestellt. Frau Priv. Doz. Dr. med. Astrid Heutelbeck, Göttingen, berichtete in
ihrem Vortrag über Möglichkeiten, gesundheitliche Beeinträchtigungen durch „Fume Events“
zu objektivieren. Hierzu wurde eine spezielle Sprechstunde für „Fume Events“ eingerichtet
(www.arbeitsmedizin.med.uni-goettingen.de/de/content/leistungen/188.html. Über moderne Methoden der Lungenfunktionsdiagnostik referierte Hans-Jürgen Smith,
Würzburg. Bei der Evaluierung von Folgen eines Fume Events würde die Diagnostik der
kleinen Atemwege im Vordergrund stehen. Während die Messung des Atemwiderstandes insbesondere
die großen Atemwege widerspiegelt, werden Störungen im Bereich der kleinen Atemwege
durch Veränderungen des thorakalen Gasvolumens bzw. des Gasaustausches geprägt. Abschließend
stellte Dr. med. Frank van de Goot, Baarn, Niederlande, Daten zu einer möglichen Fume
Event-assoziierten Pathologie dar. Er berichtete über insgesamt 5 Kasuistiken von
Piloten und Kabinenpersonal, bei denen postmortal periphere Nervenentzündungen sowie
lymphozytäre Myokarditiden gefunden wurden. Im Bereich der Lunge waren keine Veränderungen
nachweisbar. Auf Nachfrage betonte er, dass es sich um 5 als Einzelfälle anzusprechende
Todesfälle handelt.
Sehr erfreulich waren die Sitzung freie Vorträge mit spannenden wissenschaftlichen
Vorträgen und Diskussionen über „Aspekte der Arbeitsmedizin – Gesundheitsrisiken“
sowie die Posterbegehung über „Aktuelles aus der Arbeitsmedizin“.
Im Postgraduiertenkurs Teil 1 und 2 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Röntgengesellschaft,
AG Draue: „Vernetzung Pneumologie – Arbeitsmedizin – Radiologie, ein Update“ referierten
und diskutierten Experten über Aktuelles über Pneumokoniosen. Herr Prof. Dr. med.
T. Kraus, Aachen, berichtete über die aktualisierte AWMF-S2k-Leitlinie Silikose. Anschließend
stellten Frau Dr. med. B. Rehbock, Berlin, und Frau Priv. Doz. Dr. med. K. Hofmann-Preiß,
Erlangen, die neuesten radiologischen Erkenntnisse über asbestbedingte Erkrankungen
der Lunge und der Pleura sowie über berufsbedingte Tumorerkrankungen der Lunge dar.
Der abschließende pathologische und radiologische Dialog von Herrn Prof. Dr. med.
A. Gschwendtner, Bad Mergentheim, und Herrn Dr. med. A. Eisenkolb, Erlangen, über
„Pneumokoniose – alles nur Fibrosen“ zeigte eindrucksvoll die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmer CT-Fälle an Workstations selbst auswerten.
Das Frühseminar in Zusammenarbeit mit der Deutschen Röntgengesellschaft, AG Draue
über: „Radiologische Tumordiagnostik: Zeichen im Röntgenübersichtsbild mit Korrelation
zur Computertomographie“ von Dr. med. M. Bornhof, Erlangen“ war erneut sehr gut besucht.
Die satzungsgemäßen Neuwahlen unserer Sektionssprecher hat die Mitgliederversammlung
am 16. 3. 2018 einstimmig auf das Jahr 2019 verschoben. Wir möchten Frau Dr. med.
Cordula Bittner, Hamburg, die ihr Amt als stellvertretende Sektionssprecherin beendet
hat, für ihr Engagement sehr herzlich danken!
Dr. med. Nicola Kotschy-Lang, Auerbach
Dr. med. Frank Hoffmeyer, Bochum