Alridge RW.
et al.
High prevalence of latent tuberculosis and bloodborne virus infection in a homeless
population.
Thorax 2018;
DOI:
10.1136/thoraxjnl-2016-209579
Im Rahmen der Querschnittsuntersuchung mit Nachbeobachtung wurde zwischen Mai 2011
und Juni 2013 insgesamt 804 Menschen in Obdachlosenunterkünften ein Infektionsscreening
angeboten. 491 (61,1 %) waren bereit teilzunehmen.
Die LTBI-Prävalenz lag bei 16,5 % (81/491; 95 % Konfidenzintervall [KI] 13,2 – 19,8).
Unter den in UK geborenen Personen war die Prävalenz mit 9,5 % immer noch deutlich
höher als in der britischen Allgemeinbevölkerung. Bei diesen Patienten war zudem ein
vorangegangener Gefängnisaufenthalt nach Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie
Alter, Dauer der Obdachlosigkeit oder Konsum illegaler Drogen mit einem mehr als dreifach
erhöhten Risiko für eine LTBI gegenüber nicht inhaftierten Landsleuten assoziiert
(Odds Ratio [OR] 3,49; 95 % KI 1,10 – 11,04; p = 0,018).
Drei der LTBI-Betroffenen hatten nach den englischen Leitlinienempfehlungen zum Studienzeitpunkt
eine Behandlungsindikation, keiner nahm die Behandlungsmöglichkeit wahr. Neueren Empfehlungen
zufolge wären sogar 76 der 81 Personen mit LTBI behandlungsbedürftig gewesen.
Hepatitis-Infektion ebenfalls verbreitet
Die Prävalenz einer akuten oder durchgemachten Hepatitis-B-Infektion lag in der Kohorte
bei 10,4 % (51/489; 95 % KI 7,7 – 13,1), nicht immun waren 59,5 % (291/489). Demnach
würden in dieser Population viele Personen von einer Impfung profitieren. Diejenigen
mit illegalem Konsum von Injektionsdrogen waren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit
geimpft als andere – wahrscheinlich aufgrund gezielter Impfmaßnahmen in dieser Population.
Die Prävalenz einer aktuellen Hepatitis-C-Infektion betrug 10,4 % (51/489) und lag
auch bei den nicht Drogen konsumierenden Probanden wieder deutlich über der Prävalenz
in der Allgemeinbevölkerung. Behandlungsangebote wurden auch hier selten angenommen.
Personen mit LTBI hatten zu 37 % eine Koinfektion mit Hepatitis B oder C, zu 16,2 %
auch mit beidem. Die Autoren weisen darauf hin, dass dies bei der LTBI-Therapie wegen
einer möglichen Lebertoxizität berücksichtigt werden muss.
Die hohen Prävalenzraten von LTBI, aber auch Hepatitis B und C und die geringe Inanspruchnahme
weist auf einen besonderen Bedarf in der Population der Obdachlosen hin. Die Autoren
empfehlen ein Fallmanagement, das über die Testung hinweg fortdauert. So könnte eine
höhere Akzeptanz von Therapie und Hepatitis-B-Impfung erreicht werden. Auch von der
Verfügbarkeit der kürzeren Interferon-freien Hepatitis-C-Therapie erhoffen sich die
Autoren eine Verbesserung in der Versorgung.
Friederike Klein, München
Obdachlose in London sind besonders häufig von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose
und Hepatitis C betroffen. Bildquelle: elavuk81/Adobe Stock