Ein 82-jähriger Rentner stellte sich unter dem Verdacht auf das Vorliegen eines kutanen
Angiosarkoms oder Lymphoms zur stationären Abklärung zweier seit ca. einem Jahr größenprogredienter
Hautveränderungen am Capillitium links frontal und okzipital in unserer dermatologischen
Klinik vor ([Abb. 1]). Des Weiteren bestand seit ca. zwei Jahren eine ausgeprägte Dysphonie, die bislang
nicht abgeklärt wurde. In der Anamnese waren keine spezifische Exposition oder besondere
Risiken, insbesondere kein Kontakt zu Vögeln oder deren Exkrementen, keine Besuche
in Zoos oder Vogelparks und keine Reisen in die USA zu eruieren.
Abb. 1 Dermatologischer Befund bei Aufnahme: a frontal 3 × 3 cm und b okzipital 6 × 2 cm messende, jeweils scharf begrenzte und rötlich livide verfärbte
Plaque.
Die in Lokalanästhesie durchgeführten spindelförmigen Teilexzisionen der Hautveränderungen
ergaben in der dermatohistologischen Aufarbeitung den Verdacht auf ein infektiöses
Geschehen, wobei hier differenzialdiagnostisch insbesondere an eine kutane Kryptokokkose
gedacht wurde ([Abb. 2]). Molekularpathologisch gelang kein Nachweis von Pilz-DNA anhand des Paraffinblockmaterials.
Abb. 2 Dermatohistologischer Befund. In der tiefen retikulären Dermis zeigen sich Plasmazellinfiltrat-orientiert,
aber auch an Makrophagen gebundene, rundliche relativ amorphe und homogene Strukturen
von 5 – 10 μm Größe ohne erkennbare Zellmembran, die teils phagozytiert, teils Plasmazellen
umgebend traubenförmig angeordnet vorliegen (Pfeile). Zusammenfassend zeigt sich eine
diffuse bis knotige, oberflächliche und tiefe lymphohistiozytär-plasmazytoide sowie
neutrophilen- und eosinophilenreiche, teils granulomatöse Dermatitis mit Nachweis
mehrkernigen Riesenzellen (*) sowie rundlicher Plasmazell-assoziierter Erregerstrukturen,
die aufgrund von Größe und Form der Erreger mit Kryptokokken vereinbar sind (Hämatoxylin-Eosin-Färbung;
Übersicht: 12,5-fache Vergrößerung; Inlay: 400-fache Vergrößerung).
In der kontrastmittelverstärkten CT von Hals, Thorax und Abdomen zeigte sich eine
deutliche Asymmetrie des Recessus piriformis sowie multiple, am ehesten unspezifische
bipulmonale Mikronoduli bis max. 3 mm. Die kranielle Magnetresonanztomografie ergab
korrespondierend zum klinischen Befund kontrastmittelaffine Verdickungen der linkshemisphärischen
Galea, aber einen ansonsten altersentsprechend unauffälligen Befund.
Es erfolgte die Aufnahme in die pneumologische Klinik zur weiteren Diagnostik bei
Verdacht auf eine disseminierte systemische Kryptokokkose. Das Kryptokokken-Antigen
(Immundiffusion) im Serum war negativ. Der Liquor war zytologisch und mikrobiologisch
unauffällig, das Kryptokokken-Antigen auch hier negativ. Der ophthalmologische Befund
war blande. Mit Ausnahme eines schwachen monoklonalen Immunglobulin G Kappa in der
Immunfixation im Sinne einer monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS)
fanden sich keine Hinweise für eine zu einer disseminierten Krypotokokkose prädisponierende
Erkrankung (negativer HIV-Test, unauffällige Serum-Immunglobuline etc.).
Endoskopisch zeigte sich im Rahmen einer flexiblen Bronchoskopie ein auffälliger Stimmlippenbefund
mit einer Synechie im Bereich der vorderen Kommissur ([Abb. 3 a]). Die BAL war zytologisch und mikrobiologisch unauffällig. Es erfolgte eine erneute
Hautbiopsie zur Einsendung von Nativmaterial in die Mikrobiologie. Der kulturelle
Nachweis von Kryptokokken gelang hier allerdings auch unter Verwendung von Spezialmedien,
die bereits bei Liquor und BAL eingesetzt worden waren, nicht.
Abb. 3 Endoskopischer Kehlkopfbefund. Initial besteht eine Verdickung des linken Stimmbands
und eine ca. ein Drittel der Stimmritze messende Synechie im Bereich der vorderen
Kommissur. V. a. auf dem rechten Stimmband sind kalkspritzerartige Knötchen mit Leukoplakie
zu sehen a. Im Verlauf nach Durchtrennung der Synechie mittels CO2-Laser und 4-monatiger systemischer Fluconazol-Therapie ist eine deutliche Befundbesserung
zu verzeichnen b.
Unsere HNO-ärztlichen Kollegen führten eine Mikrolaryngoskopie in Intubationsnarkose
zur Durchtrennung der Synechie mittels CO2-Laser und zum Ausschluss eines Larynxkarzinoms durch. Hier ergaben sich in den winzigen
Biopsien der Glottisloge und des rechten Stimmbands lympho-plasmazelluläre und histiozytäre
Infiltrate mit entzündlich alteriertem Plattenepithel. Der mikroskopische Nachweis
von Pilzelementen in der Hämatoxylin-Eosin- und Alcian-PAS-Färbung gelang nicht.
Nativmaterial zur mikrobiologischen oder molekularpathologischen Untersuchung wurde
leider nicht eingesandt.
In Anbetracht der wahrscheinlichsten Diagnose einer lokalisierten simultanen kutanen
und laryngealen Kryptokokkose mit geringer Erregerlast begannen wir eine Therapie
mit Fluconazol initial 1 × 400 mg/Tag und im Verlauf nach zwei Wochen 1 × 200 mg/Tag.
Eine differenzialdiagnostisch zu erwägende Infektion durch andere isomorph imponierende
hefeähnliche Pilze, z. B. Blastomyces spp. oder Histoplasma capsulatum, erschien aufgrund
deren fehlenden oder außerordentlich seltenen Vorkommens in unseren Breiten eher unwahrscheinlich.
Eine Kontrolle nach ca. vier Monaten Therapie zeigte eine erfreuliche Besserung der
Hautbefunde mit einer residuellen 1,5 × 1 cm messenden erythematösen Plaque frontal
links sowie eine deutliche Besserung der Dysphonie und des Kehlkopfbefunds ([Abb. 3 b]) und unterstützte so unsere klinische, auf dem histomorphologischen Befund beruhende
Verdachtsdiagnose, auch wenn der zweifelsfreie Nachweis von Kryptokokken trotz vielfältiger
Bemühungen nicht gelang.
Kryptokokken-Infektionen werden in Europa meist durch Cryptococcus neoformans verursacht. Bei immunkompetenten Patienten sind chronisch-progredient verlaufende
Infektionen mit einem vielgestaltigen klinischen Bild beschrieben [1]. Der Infektionsweg ist üblicherweise aerogen über mit Vogelfäkalien (Tauben und
Papageien-Arten) kontaminierte Erde oder Staub. Die kutane Kryptokokkose tritt meistens
im Rahmen einer disseminierten Infektion bei immunsupprimierten Patienten und nur
selten durch Inokulation als lokalisierte Primärinfektion auf [2]. Die Kryptokokkose des Kehlkopfs ist eine seltene lokalisierte Form dieser Infektionserkrankung,
die überwiegend immunkompentente Patienten zu betreffen scheint [3]
[4]. Sie stellt eine Differenzialdiagnose zum Larynxkarzinom dar und ist eine mögliche,
gut behandelbare Ursache persistierender Heiserkeit [3]
[5]
[6]
[7]. Die orale Therapie mit Fluconazol scheint, insofern eine systemische Infektion
ausgeschlossen ist, ausreichend zu sein. Ggf. kann zusätzlich zur Therapie mit Fluconazol
eine Laser-Therapie erforderlich sein [3]. Im Falle unseres Patienten ist eine Therapiedauer von insgesamt 12 Monaten vorgesehen.
In Anbetracht der Tatsache, dass – mit Ausnahme des MGUS und einer ggf. bestehenden
Immunoseneszenz – kein eindeutiger prädisponierender Risikofaktor identifiziert werden
konnte, eine multilokuläre Infektion vorlag und die Therapie mit Fluconazol 1 × 200 mg/Tag
gut vertragen wurde, sollte eine lebenslange Prophylaxe nach Abschluss der Therapie
erwogen werden.