CNE Pflegemanagement 2018; 05(02): 7-8
DOI: 10.1055/a-0578-0067
Schwerpunkt
Entlassmanagement
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Jedem Patienten die richtige Entlassung

Gut geplant
Matthias Mört
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Publication Date:
03 December 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Case Management hilft dabei, dass die Patienten trotz kürzerer Verweildauer während und nach dem Klinikaufenthalt optimal versorgt sind. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Sozialdienst und Pflegeüberleitung sichert eine frühe und bedarfsgerechte Entlassungsplanung.


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Casemanager als Schnittstelle

Der Prozess der Entlassung sollte bei elektiven Krankenhausaufenthalten sinnvollerweise schon vor der Aufnahme beginnen. Die Patienten sind dabei direkt in den Prozess zu integrieren, bei Pflegebedürftigen die Angehörigen und/oder rechtlichen Vertreter sowie die aktiven Dienstleister. Definitiv beginnt die Entlassungsplanung am Aufnahmetag des Patienten. In vielen Kliniken gibt es inzwischen zentrale Aufnahmeeinheiten, die die wesentlichen persönlichen Daten und Befunde erheben und direkt verarbeiten. Empfehlenswert wäre, den Patienten dort direkt über den Entlassungsprozess zu informieren und zugleich seine Einwilligung dafür einzuholen. Um einen reibungslosen Prozess zu aktivieren und die Verantwortlichkeiten in der Prozesssteuerung zu sichern, sei den Krankenhäusern ans Herz gelegt, ein Case Management-System aufzubauen. Teilweise verfügen die Krankenhäuser bereits über solche Systeme bzw. über systemorientierte Case Management-Abteilungen, die die Abläufe im internen System optimieren. Solche Häuser verfügen damit über hervorragende Startbedingungen für den Aufbau eines Entlassmanagements, denn der Case Manager fungiert als Schnittstelle im interdisziplinären Team und schleust die Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung durch die Klinik. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, bei Bedarf den Sozialdienst oder die Pflegeüberleitung zu informieren, um so früh wie möglich den nachstationären Versorgungsbedarf zu klären. In [Abbildung 1] wird der Unterschied zwischen einem System-driven- und einem Consumer-driven-Case Management erklärt.

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Abb. 1: Unterschied zwischen System-driven und Consumer-driven-Case Management (Quelle: Eigene Zusammenstellung)

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Kooperation als A und O

In Sachen Entlassungsplanung haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten noch weitere Modelle entwickelt und etabliert. Wichtig dabei ist, nicht in eine Konkurrenz zum Sozialdienst zu treten, sondern Vereinbarungen zu den Schnittstellen zu schaffen. In einigen Krankenhäusern gibt es zum Beispiel Modelle der Pflegeüberleitung, die primär das Versorgungsmanagement pflegebedürftiger Personen im Visier haben. In enger Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst übernehmen sie Prozesssteuerungen und Überleitungen, die einen nahtlosen Wechsel in nachfolgende Versorgungsstrukturen sicherstellen. Dazu gehört es etwa, mit den poststationären Dienstleistern in Kontakt zu treten und die Rahmenbedingungen der weiterführenden Versorgung zu besprechen. Darüber hinaus sind Anträge zu stellen, Verordnungen einzureichen und die Angehörigen zu informieren und einzubeziehen. Das nachfolgende Modell zeigt, wie ein Pflegeüberleitungssystem in einem Krankenhaus integriert werden kann ([Abb. 2]).

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Abb. 2: Der Prozess der Pflegeüberleitung (Quelle: Eigene Zusammenstellung)

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Hilfe durch familiale Pflege

Seit 2004 gibt es das Projekt der familialen Pflege, das die AOK Rheinland/Hamburg, die AOK NordWest sowie die Universität Bielefeld durchführt. Im Kern geht es darum, schnellstmöglich Hilfe anzubieten, wenn ein Pflegefall eintritt. Speziell ausgebildete Pflegekräfte unterstützen und schulen Angehörige schon in der Klinik, um sie für die spätere Versorgung zuhause zu wappnen. Inzwischen sind über 400 Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Schleswig-Holstein an diesem Projekt beteiligt, für das die Krankenkasse die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt. Das Modellprogramm dient der Begleitung und Kompetenzförderung von pflegenden Angehörigen beim Übergang vom Krankenhaus in die poststationäre Versorgung. Ziel ist es, die entstehenden Versorgungslücken nach dem Krankenhausaufenthalt durch Information und Edukation zu schließen. Pflegende der Projekt-Krankenhäuser erhalten dazu spezielle Fortbildungen und Qualifikationen, damit sie die Angehörigen schulen und anleiten können. Dazu gehören etwa Pflegetrainings, Qualitätschecks, Initialpflegekurse, Familienberatungen und Aufbaukurse zum Thema Demenz oder Depression im Alter. Kurzum: Das Förderprogramm unterstützt die Information, Praxisanleitung, Beratung und Bildung von pflegenden Angehörigen.

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Abb. 3: Schematische Darstellung Prozess Pflegewerkstatt(Quelle: Eigene Zusammenstellung)

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Pflegewerkstatt unterstützt

Der Caritasverband für das Dekanat Borken e. V. betreibt seit 1999 eine Pflegeüberleitung und seit 2005 eine Pflegewerkstatt im Marienhospital Borken. Die Struktur der Pflegewerkstatt geht über den Prozess der familialen Pflege hinaus. Sie kommt aus dem ambulanten Setting, hat die Anerkennung zur familialen Pflege und führt über deren bereits geschilderten Leistungen auch eine Nachbegleitung in der häuslichen Situation durch, solange es von der Familie und dem Pflegebedürftigen gewünscht ist.

In der Pflegewerkstatt sind Pflegepädagogen und Pflegewissenschaftler tätig, die sich das Ziel gesetzt haben, die familialen Strukturen edukativ zu begleiten und zu stärken, um so Versorgungslücken zu vermeiden. Neben der Information und Schulung zu Fachthemen steht die Beratung zu Versorgungsmöglichkeiten sowie eine kontinuierliche Nachbetreuung im Fokus. Intensive Einzeltrainings und Gruppenschulungen bearbeiten themenspezifisch die Versorgungsdefizite der Pflegebedürftigen und ihrer pflegenden Angehörigen. Dies beginnt schon während des Krankenhausaufenthaltes und setzt sich anschließend ambulant fort. Die Pflegewerkstatt mit ihrem Schulungsraum im Krankenhaus hat sich in Borken und Umgebung eine hohe fachliche Reputation erarbeitet und wird von vielen Angehörigen und Pflegebedürftigen aufgesucht. Sie erhalten dort Unterstützung für die Versorgung zuhause und gewinnen außerdem einen positiven Eindruck vom Krankenhaus selbst.


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Matthias Mört

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ist Geschäftsführer der Case Management Pflege GmbH und Eigentümer der Fachplanung Pflege. Kontakt: matthiasmoert@fachplanung-pflege.de

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Abb. 1: Unterschied zwischen System-driven und Consumer-driven-Case Management (Quelle: Eigene Zusammenstellung)
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Abb. 2: Der Prozess der Pflegeüberleitung (Quelle: Eigene Zusammenstellung)
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Abb. 3: Schematische Darstellung Prozess Pflegewerkstatt(Quelle: Eigene Zusammenstellung)