Zusammenfassung
Die diabetische Retinopathie ist zwar von Betroffenen am meisten gefürchtet. Eine
Auffrischung des Wissens über die Komplikation und ihre Behandlung stellt sich selbst
für Betroffene und Experten in Gesundheitsberufen nicht einfach dar. Die Augenheilkunde
steht als Fachrichtung etwas isoliert und weist weitere Spezialisierungen auf. Deshalb
sollte mit dieser Studie der aktuelle Wissensstand und relevante Lücken strukturiert
erfasst werden.
Material und Methoden Der etablierte Eye-Q Fragebogen (© National Eye Institute) wurde ins Deutsche übersetzt
und mit Fragen zur optischen Kohärenztomografie (OCT) sowie intravitrealen operativen
Medikamentenapplikation (IVOM) ergänzt. 810 Patienten mit Diabetes wurden im Rahmen
der Querschnittsstudie (NCT02311504) an diabetologischen Schwerpunktpraxen befragt.
Parallel wurde der Fragebogen durch 190 Ärzte und 90 Diabetesberater im Rahmen des
49. Diabetes-Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG 2014) beantwortet.
Ergebnisse Während die mittlere Gesamtpunktzahl der Betroffenen mit Diabetes 4,9 (von 9 möglichen
Punkten für den Eye-Q Komplex) betrug, erreichten die Gesundheitsexperten einen mittleren
Score von 6,8. Die Ärztinnen und Ärzte (Diabetologen: 7,5, Internisten: 7,2, Hausärzte:
7,0) erzielten dabei ein besseres Ergebnis als Diabetesberater/innen (5,8) und Diabetesassistentinnen
(5,7). Als schwerwiegend muss beachtet werden, dass nach wie vor noch ein erheblicher
Teil der Betroffenen (272 von 805) frühe Warnzeichen für den Fall einer diabetischen
Retinopathie erwartet. Weniger offensichtliche Auswirkungen des Diabetes am Auge wie
das trockene Auge, die Katarakt oder das Glaukom wurden sowohl in der Patientengruppe
als auch unter den Diabetes-Behandlern unterschätzt. Fragen zum Einsatz neuerer Diagnostik
(OCT: 38 %) und Therapien (IVOM: 16 %) wurden selbst unter den befragten Fachleuten
nur von einer Minderheit korrekt beantwortet.
Diskussion Bezüglich der Komplikationen der Augen haben die auf Diabetes spezialisierten Fachleute
einen deutlichen Wissensvorsprung gegenüber den Betroffenen. Wissenslücken im Bereich
der verschiedenen diabetischen Augenkomplikationen und insbesondere neuerer diagnostischer
und therapeutischer Möglichkeiten unterstreichen aber den Bedarf eines intensiveren
interdisziplinären Austausches und besserer Schulungsprogramme.
Abstract
Purpose To determine the level of knowledge of patients with diabetes and health care professionals
who are specialized in diabetes or diabetes care regarding diabetic eye disease, their
treatment and prevention.
Methods The Eye-Q questionnaire (© National Eye Institute) was translated into German and
supplemented with questions about optical coherence tomography (OCT) and intravitreal
drugs. 810 patients with diabetes, recruited in secondary diabetes care centers, answered
the adapted questionnaire within a cross-sectional study (NCT02311504). In addition,
190 diabetes specialists and 90 diabetes advisors answered the same questions while
attending the 49th congress of the German Diabetologic Society (DDG).
Results The mean score of the persons with diabetes was 4.9 (of 9 possible points for the
Eye-Q questionnaire). In contrast, health professionals had a specific advantage in
knowledge (all: 6.8, specialist physician: 7.5, specialists for internal medicine:
7.2, primary care physicians: 7.0, diabetes counselors: 5.8, diabetes assistants 5.7).
A considerable number of patients (272 of 805) did still expect early warning signs
with the occurrence of any retinopathy. Less obvious effects of diabetes on the eye
like dry eye syndrome, cataract and glaucoma were clearly underestimated in the survey
among persons affected as well as by caregivers. Questions regarding the use of OCT
(38 %) and treatment with intravitreal drugs (16 %) were answered correctly only by
a minority of the diabetes specialists.
Conclusions Health care professionals were found to have a superior knowledge in contrast to
the persons affected. However, some complications in the diabetic eye are not so well
known. Relevant gaps in knowledge exist about modern diagnostic and therapeutic modalities.
The quite sobering results should encourage better interdisciplinary exchange and
education programs.
Schlüsselwörter Adhärenz - Diabetische Retinopathie - Diabetes mellitus - Wissensstand
Key words adherence - diabetic retinopathy - diabetes mellitus - knowledge