Einleitung
Klinisch manifestiert sich eine chronische Darmentzündung mit Erbrechen und Durchfall.
Weitere Symptome sind abdominale Schmerzhaftigkeit, Darmgeräusche, Flatulenz, Gewichtsverlust
sowie Inappetenz oder auch Polyphagie.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen bei Hunden und Katzen können vielerlei Ursachen haben und eine diagnostische Herausforderung darstellen. Mögliche Ursachen sind Infektionen
mit Protozoen, Parasiten oder pathogenen Bakterien. Eher selten kommen Mykobakterien
und mykologische Erreger wie Histoplasma oder Algen wie Prototheken als Ursache in
Betracht. Immer häufiger auftretend sind Futtermittelüberempfindlichkeiten. Darmentzündungen
können auch sekundär infolge anderer primärer Darmerkrankungen wie einem Lymphom auftreten.
Chronische Darmentzündungen werden gern und viel zu häufig ohne Ausschluss anderer
Ursachen mit dem Begriff Inflammatory Bowel Disease (IBD) assoziiert. Bei der IBD
handelt es sich aber streng genommen um eine idiopathische chronische Darmentzündung,
bei der die histopathologische Untersuchung von Darmbiopsien als Goldstandard zählt.
Allerdings stellt dies eine sehr aufwendige und invasive Methode dar und sollte somit
eines der letzten diagnostischen Mittel sein. Kotuntersuchungen dagegen gestalten
sich einfach und sollten immer, wie auch andere diagnostische Schritte, vor der Verdachtsdiagnose
IBD durchgeführt werden. Koprologische Untersuchungen können bereits erste Antworten
auf die teils schwierige Ursachenfindung chronischer Enteropathien liefern.
Kotprobendiagnostik
Folgende diagnostische Schritte kommen in Betracht:
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parasitologische Kotuntersuchung
-
kulturelle Kotuntersuchung
-
Marker für Proteinverlust
-
Entzündungsmarker
Parasitologische Kotuntersuchung
Die Kotuntersuchung auf Parasiten und Protozoen kann ein Nativpräparat, verschiedene
Anreicherungsmethoden wie Flotations- und Sedimentationsverfahren, einen Enzyme-linked
Immunosorbent Assay (ELISA), eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und selten auch
eine kulturelle Anzucht umfassen ([Tab. 1]).
Tab. 1 Nachweisverfahren ausgewählter Protozoen und Parasiten.
Parasiten
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Nativpräparat
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Kultur
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parasitologische Untersuchung (Flotation und Sedimentation)
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ELISA
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PCR
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1 Nur aus Frischkot im Direktausstrich möglich, geringe Sensitivität. 2 Anschließende Untersuchung auf humanpathogene Assemblages möglich. 3 Nur aus körperwarmem frischen Kot möglich.
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Giardia spp.
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(+)1
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–
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+
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+
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+2
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Tritrichomonas foetus
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(+)1
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(+)3
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–
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–
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+
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Hakenwürmer (Ancylostoma & Uncinaria)
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–
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–
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+
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–
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–
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Spulwürmer (Tococara spp. & Toxascaris leonina)
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–
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–
|
+
|
–
|
–
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Peitschenwürmer (Trichuris vulpis)
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–
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–
|
+
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–
|
–
|
Ursächlich können einige Parasiten und Protozoen für eine chronische Darmentzündung
sein:
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Giardien
-
Tritrichomoas foetus (Katzen)
-
Hakenwürmer (Ancylostoma und Uncinaria spp.)
-
Spulwürmer (Toxocara spp. und Toxascaris leonina)
-
Peitschenwürmer (Trichuris vulpis)
Merke
Eine Sammelkotprobe von 3 Tagen oder von 3 Defäkationen erhöht die Sensitivität der
parasitologischen Untersuchung.
Auch bei negativer parasitologischer Untersuchung wird von einigen Autoren sicherheitshalber
eine Therapie mit Fenbendazol empfohlen. Bei der parasitologischen Untersuchung ist
nur ein positiver Befund beweisend, ein negativer Befund ist kein 100%iger Ausschluss
eines Befalls. Fenbendazol hat ein breites Wirkspektrum und ist gegen häufig im Darmtrakt
vorkommende Nematoden, Giardien und einige Bandwurmarten wirksam.
Giardia duodenalis
Die Trophozoiten, eines der beiden Protozoenstadien, heften sich im Dünndarm an das
Mukosaepithel und verändern dessen Permeabilität. Giardieninfektionen verlaufen bei
Hund und Katze oft symptomlos. Besonders bei Jungtieren kann aber eine intermittierende
Diarrhoe gekennzeichnet durch voluminösen, dünnbreiigen bis wässrigen Kot mit Schleim-
und teils auch mit Blutbeimengungen auftreten.
Tritrichomoas foetus
Der Erreger kolonisiert die Kolonmukosa von Katzen und führt zu chronischer Dickdarmdiarrhoe.
Junge Katzen, die in einem Mehrkatzenhaushalt leben, sind besonders empfindlich. Bei
persistierenden Infektionen kommt es zu einer intermittierenden Symptomatik, die besonders
in Stresssituationen aufflammt. Weicher bis flüssiger Kot mit Schleim- oder Blutbeimengungen
kann auftreten. Es zeigt sich eine erhöhte Kotabsatzfrequenz bis hin zur Kotinkontinenz.
Hakenwürmer (Uncinaria und Ancylostoma)
Bei Hunden werden die Hakenwürmer Ancylostoma caninum (eher wärmere Regionen) und
Uncinaria stenocephala nachgewiesen. Katzen sind mit Ancylostoma tubaeforme und nur
selten mit Uncinaria befallen. Hakenwürmer haben teils komplexe Entwicklungszyklen.
Die Larven durchlaufen unter anderem im Magen und Duodenum verschiedene Reifestadien.
Einige können zusätzlich in die Lunge und in andere Organe gelangen. Sie treten klinisch
häufig bei Jungtieren in Erscheinung. Je nach Stärke des Befalls kann es beim Jungtier
zu Durchfall, Blutverlust und möglicherweise zu einer Proteinverlust-Enteropathie
kommen.
Spulwürmer (Toxocara spp. und Toxascaris leonina)
Hund und Katze können vom Spulwurm Toxocara canis bzw. Toxocara cati befallen sein.
Die Larven können die Darmwand durchdringen und ebenfalls in die Lunge und andere
Organe wandern. Der Spulwurm führt bei Jungtieren zu schleimig, blutigem Durchfall
abwechselnd mit Obstipation, Erbrechen und bei hohem Befall zu einem umfangsvermehrten,
schmerzhaften Abdomen, dem sogenannten Askaridenbauch. Toxascaris leonina befällt
hauptsächlich den Dünndarm von Hund und Katze und führt, wenn überhaupt zu einer milderen
Symptomatik.
Peitschenwurm (Trichuris vulpis)
Der Peitschenwurm kann Ursache einer akuten oder chronisch-intermittierenden Dickdarmdiarrhoe
beim adulten oder juvenilen Hund sein. Die adulten Würmer dringen mit dem Vorderkörper
in das Epithel der Zäkum- und Kolonmukosa und sorgen für eine Entzündung. Klinisch
zeigen sich Durchfall mit Blut- und Schleimbeimengungen, Erbrechen, ein schmerzhaftes
Abdomen und Gewichtsverlust. Bei massivem Befall kann es zu Anämie und Proteinverlust
kommen. Allerdings sind auch symptomlose Trägertiere bekannt. Bei der Katze sind Peitschenwürmer
eher selten.
Abb. 1 Wachstum verschiedener Darmbakterien auf Selektivnährmedien.(© Laboklin)
Kulturelle Kotuntersuchung
Mit einer kulturellen Kotuntersuchung ([Abb. 1], [Tab. 2]) kann der Nachweis sogenannter darmpathogener Keime gelingen:
Tab. 2 Nachweismethoden ausgewählter Endoparasiten.
darmpathogene Bakterien
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Kultur
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ELISA
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PCR4
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1 Campylobacter benötigt mikroaerophile Wachstumsbedingungen.
2 Clostridien benötigen anaerobe Wachstumsbedingungen, die Bestimmung der Gesamtheit
der gasbildenden Bakterien ist auch im Hochschichtagar möglich.
3 Yersinien benötigen eine spezielle Kälteanreicherung, die bis zu 3 Wochen dauern
kann.
4 Die Anfertigung eines Antibiogramms ist bei einem PCR-Nachweis nicht möglich.
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Salmonellen
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+
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–
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+
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Campylobacter
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+1
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–
|
+
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Clostridien
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+2
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–
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–
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Clostridientoxine
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–
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+
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–
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Yersinien
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+3
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–
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+
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E. coli
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+
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–
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–
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Pathogenitätsfaktoren
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–
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–
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+
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Die Keime werden allerdings auch bei klinisch gesunden Tieren nachgewiesen, weshalb sie für eine vorliegende Entzündung nicht zwangsläufig verantwortlich
sein müssen. Die Pathogenität der genannten Bakterien ist in der Fachliteratur umstritten. Es gibt Äußerungen, dass bisher keine veröffentlichte wissenschaftlich basierte
Studie existiert, die belegt, dass Clostridium, Salmonella oder Campylobacter spp.
chronische Enteritiden bei Hunden verursachen.
Für die Anzucht darmpathogener Bakterien bedarf es oft einiger Spezialnährböden ([Abb. 1]) und besonderer Kulturbedingen.
Merke
Ein spezieller Keimverdacht sollte bei der diagnostischen Abklärung der Kotprobe mit
angegeben werden.
Salmonellen
Eine Salmonelleninfektion kann sich klinisch unter anderem durch Erbrechen, Durchfall,
Fieber, Anorexie und Lethargie äußern. Ca. ⅓ klinisch gesunder Hunde können asymptomatische
Salmonellenausscheider sein. Die Erreger können in den regionalen Lymphknoten persistieren,
sodass betroffene Tiere über mehrere Wochen Ausscheider bleiben. Eine intermittierende
Ausscheidung ist möglich.
Campylobacter
Wenn bei einer Campylobacter-Infektion Durchfall auftritt, kann dieser von gelegentlich
weichem Kot bis zur hochgradig wässrigen und auch hämorrhagischen Diarrhoe teils mit
Schleimbeimengungen reichen. Erbrechen und Anorexie können ebenfalls klinische Symptome
sein.
Clostridien
Clostridien gehören zur physiologischen Darmflora. Clostridium perfringens und Clostridium
difficile wurden bei Enteritiden isoliert, in seltenen Fällen können sie durch Toxinproduktion
zu Enterotoxämien führen. Wenn eine Clostridieninfektion klinisch in Erscheinung tritt,
kann dies milde Symptome bis hin zu akutem und auch chronischem Dick- oder Dünndarmdurchfall
mit Blut- und Schleimbeimengungen beinhalten. Teilweise sind Erbrechen und Tenesmus
zu beobachten. Clostridium perfringens Enterotoxin und Clostridium difficile Toxin
A und B können auch bei klinisch gesunden Hunden gefunden werden. Die Entwicklung
einer Diarrhoe ist eventuell konzentrationsabhängig.
Yersinien
Yersinia enterocolitica und Yersinia pseudotuberculosis können als Darmbewohner bei
gesunden Tieren vorkommen, aber auch zu chronischer Kolitis mit blutigem, schleimigen
Durchfall führen. Eine erhöhte Kotabsatzfrequenz mit Tenesmus kann bei klinischer
Symptomatik ebenfalls beobachtet werden.
E. coli
Der Erreger bildet einen wichtigen Bestandteil der physiologischen Darmflora. Bei
einer Schwächung der lokalen oder systemischen Abwehr können pathogene E. coli Durchfall
und Erbrechen verursachen. In schweren Fällen ist auch eine E.-coli-Sepsis möglich.
Enteropathogene E. coli besitzen unterschiedlichste Virulenzfaktoren wie Adhäsine,
Kapselpolysaccharide und Endotoxine.
Marker für gastrointestinalen Proteinverlust
Bei einer Proteinverlust-Enteropathie (Protein-losing enteropathy, PLE) gehen Proteine
über die entzündete Darmmukosa verloren. Die Erkrankung sollte stets bei Tieren mit
Hypoproteinämie und gastrointestinalen Symptomen in Betracht gezogen werden. Die Bestimmung
von α-1-Antitrypsin (α-1-Proteinase-Inhibitor) kann diagnostisch wertvoll sein.
Hierbei handelt es sich um einen im Serum vorkommenden Proteinase-Inhibitor mit einer
ähnlichen Molekularmasse wie Albumin. Kommt es zum erhöhten Verlust von Albumin über
die Darmwand, geht auch vermehrt α-1-Antitrypsin ins Darmlumen über. Allerdings wird
dieses Protein aufgrund seiner Eigenschaft eines Proteinase-Inhibitors nicht wie Albumin
von endogenen oder bakteriellen Proteinasen abgebaut. Es wird in der gleichen Menge
mit dem Kot ausgeschieden wie es über die erkrankte Darmwand verloren geht.
α-1-Antitrypsin sollte aus 3 aufeinanderfolgenden Defäkationen bestimmt werden, da
hohe individuelle Schwankungen auftreten.
Marker für gastrointestinale Entzündungen
Ein relativ neuer Marker in der Tiermedizin ist Calprotectin. Es handelt sich um ein Kalzium-bindendes Protein mit antimikrobiellen Eigenschaften,
das als Marker für neutrophile Entzündungen angesehen wird. Anfängliche Studien haben
gezeigt, dass es in Fäzes von Hunden mit chronischen Enteropathien erhöht ist. Physiologischerweise
ist Calprotectin beispielsweise auch bei Welpen erhöht. Zu Calprotectin bei Katzen
gibt es noch keine bekannten Studien.
Fazit
Kotuntersuchungen können Aufschluss über Ursachen oder zusätzliche Hinweise bei der
Abklärung chronischer Enteropathien geben. Sie sollten bei der diagnostischen Aufarbeitung
stets vor invasiveren Methoden wie der histopathologischen Untersuchung durchgeführt
werden.