PPH 2018; 24(03): 105
DOI: 10.1055/a-0581-0120
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Es ist normal, anders zu sein

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Publication Date:
23 May 2018 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

als Kind musste ich ins Krankenhaus. Nach Monaten schmerzhafter, erst nicht diagnostizierter Entzündung des Sprunggelenks stand mir eine Operation bevor. Ich hatte Angst – aber ich war tapfer. Und ich wurde belohnt für meine Tapferkeit. Alle hatten Verständnis und als Gewinn gab es Schmerzfreiheit und was mir gefiel: Süßigkeiten und Spiele.

Wenn Patienten oder Angehörige auf eine psychiatrische Station gehen, wissen sie, dass es immer noch etwas Anderes, etwas Fremdes ist, psychisch krank zu sein. Oft habe ich erlebt, dass Patienten mir sagten: „Und dann musste ich kommen, mir blieb nichts anderes übrig.“ Wissend darum, dass es keine positive Bewertung dafür gibt, tapfer zu sein und an sich zu arbeiten – oft genug in einer Klinik, die außerhalb und ausgegrenzt vor der Stadt liegt.

Umso wichtiger finde ich es, diese Bereitschaft zur Veränderung, diese Arbeit der Patienten in der Klinik wertzuschätzen und von Beginn an eine freundliche Tapferkeitsanerkennung auszusprechen: „Sie machen etwas, wovor andere sich so fürchten, dass sie es nicht tun“ oder „Dass Sie das machen finde ich prima“.

Das ist ein Weg, dem Stigma der psychischen Erkrankung den Boden zu entziehen. Es ist normal, anders zu sein. Und tapfer ist man, wenn man der Angst sein Gesicht zuwendet und sich nicht verbirgt.

In diesem Sinne ein Lob auf die Mutigen und Tapferen, die neue Wege gehen!

Ihre
Dagmar Weiße