Der Fokus der Untersuchungen des Geburtserlebnisses von Frauen richtete sich in der
Vergangenheit immer mehr auf individuelles Erleben im Rahmen der Gegebenheiten. Um
individuelles Erleben abzubilden, eignen sich besonders gut qualitative Erhebungsmethoden.
Doch – wie in vielen Bereichen der Medizin – beschränken sich auch in der geburtshilflichen
Forschung die Designs häufig auf die quantitativen Wege bzw. es ist ein deutlicher
Mangel an Literatur festzustellen, die den Frauen eine eigene Stimme gibt, um ihre
Erlebnisse zu berichten [3]. Daher ist ein großer Bedarf an Forschung zu vermerken, welche die individuelle
Perspektive der Frau untersucht. Zwar ist vor allem durch die Hebammenforschung der
Weg der qualitativen Forschung beliebter geworden und die Häufigkeit dieser Untersuchungen
gestiegen, geschuldet dem aufwändigen Auswertungsverfahren beschränkt sich die Zahl
der befragten Frauen aber häufig auf kleine Stichproben.
Untersuchung des Geburtsortes – nötige Perspektiven
Untersuchung des Geburtsortes – nötige Perspektiven
Beim tatsächlichen Erleben der Rahmenbedingungen einer Geburt schließlich geht es
selten ausschließlich um die Hebamme oder die (Klinik-)Umgebung – vielmehr sehen sich
Frauen und ihre Begleitpersonen meist einer Vielzahl an Bedingungen gegenübergestellt,
mit denen sie sich während der Geburt arrangieren müssen: Die Umgebung, das gesamte
anwesende medizinische Personal, aber auch das eigene Erleben und nicht zuletzt die
Gefühle von Freude und oft genug auch Sorge, eventuell sogar Angst. All diese Bedingungen
(und sicher noch mehr) spielen in unterschiedlichen Ausprägungen in die individuelle
Geburtserfahrung hinein. Und all diese Bedingungen werden in variierenden Anteilen
dazu beitragen, ob die Geburt zu einem positiven Erlebnis wird.
Was also brauchen Frauen, um sich im Rahmen ihrer Geburt sicher zu fühlen? Welche Anforderungen haben sie an das Setting, das Personal, die gesamte Umgebung
und womöglich auch an sich selbst? Dieser Frage wurde in den vergangenen Jahren vermehrt
nachgegangen. Dabei wurde der Versuch, sie zu beantworten, häufig mit quantitativen
Methoden (z.B. im Rahmen einer Fragebogenstudie), aber auch mit qualitativen Methoden
(Interviews von Einzelpersonen) oder Mixed-Methods-Forschungsansätzen (Kombination
qualitativer und quantitativer Verfahren) verfolgt.
Einige Beobachtungen und Erkenntnisse wiederholten sich: So waren die Themen der wahrgenommenen
Kontrollierbarkeit der Situation, auch im Sinne von Informationen und Aufklärung,
sowie Sicherheit und Vertrauen in Interventionen, die Unterstützung durch geburtshilfliches
Personal und die Atmosphäre während der Geburt wichtig. Diese Faktoren ergaben sich
als Extrakt aus einem Literaturüberblick über europäische und deutschsprachige Veröffentlichungen
der vergangenen 10-15 Jahre, welcher die Wünsche und Bedürfnisse von Frauen im Rahmen
ihrer Geburt betrachtet. Diese werden im Folgenden vorgestellt, sortiert in die drei
gefundenen übergeordneten Dimensionen der Rahmenbedingungen, emotionalen Erfahrungen
und erlebten peripartalen Betreuung.
Rahmenbedingungen
Zuerst sollen die äußeren Bedingungen des Geburtsortes betrachtet werden. Zu diesen
zählen neben Faktoren der Erreichbarkeit und Infrastruktur – Tuschy et al. erwähnen
beispielsweise die erwünschte postpartale Anwesenheit eines Pädiaters [16] – auch Dienstleistungen verschiedenster Art. Hier zeigt sich, dass Sicherheit und
Sorge um die Gesundheit von Mutter und Kind selbstverständlich ein wichtiger Faktor
sind, gleichzeitig aber natürlich auch noch andere (vermeintlich profanere) Gegebenheiten
der Umgebung in deren Beurteilung einfließen.
Ausstattung und Service
Stahl etwa fand heraus, dass die Erfüllung nicht-medizinischer Dienstleistungen ein
häufiger Anlass zur Unzufriedenheit der befragten Frauen war, so wie beispielsweise
bei der mangelhaften Vorbereitung auf die Klinikentlassung und beim Essen [12]. Auch Ausstattung und räumliche Voraussetzungen, unter anderem Umgebung und Atmosphäre
während der Geburt [7] und die Zimmeratmosphäre [12] erscheinen als wichtiger Bezugspunkt für eine positive Beurteilung des Geburtsortes.
Hier wurde innerhalb Deutschlands in den vergangenen Jahren den Wünschen der Frauen
bereits Rechnung getragen, indem aufwändige Kreißsaal-Sanierungen an vielen Stellen
ausgeführt wurden. Trotzdem erstreckt sich der Begriff Atmosphäre über räumliche Gegebenheiten
hinaus – der Duden erwähnt etwa neben der tatsächlichen Umgebung unter anderem noch
Ausstrahlung und Stimmung als Bedeutung [13].
Information und Aufklärung
Zentral erscheinen außerdem Information und Aufklärung der Patientin/Klientin: So
beklagen die Teilnehmerinnen der Untersuchung von Sandin-Bojö et al. mangelhafte Information
über den Geburtsverlauf und Untersuchungsergebnisse [6], während bei Henderson mangelnde Information bereits präpartal im Fokus steht [8] und auch Groß die Zufriedenheit mit den erfahrenen Dienstleistungen, im Sinne angewendeter
Maßnahmen, zu den wichtigsten Aspekten der Geburtserfahrung zählt [11]. Hier ist auch der Rückgriff auf den Begriff des Empowerments durchaus sinnvoll:
Durch verschiedene Methoden (unter anderem die Aufklärung und Miteinbeziehung von
Klientinnen und Patientinnen) soll deren Selbstbestimmtheit und Mündigkeit gefördert
werden [18]. Diese Mündigkeit wird heute nicht nur im Bereich der Geburtshilfe gefordert. Aber
gerade hier, wo es um junge Menschen in der Mitte ihres Lebens geht, die zudem noch
lernen müssen, für einen weiteren Menschen die Verantwortung zu tragen, ist diese
Selbstbestimmtheit von enormer Wichtigkeit.
Beratung und Unterstützung
Einen besonderen Stellenwert in der untersuchten deutschen Literatur haben für viele
Frauen außerdem die Stillberatung und -unterstützung sowie die Beratung im Wochenbett:
Bezogen auf hilfreiche Aspekte der Hebammenbetreuung erwähnten Frauen in der Untersuchung
von Ahrendt et al., die „Beratungskompetenz (…) als besonders bedeutsame Fähigkeit
der Hebamme“, sowie die Unterstützung bei der Säuglingspflege [15]. Als unzureichend allerdings wurde in der Studie von Stahl an zweithäufigster Stelle
die Stillunterstützung empfunden [12], was besonders besorgniserregend ist, wenn man betrachtet, dass das Bedürfnis nach
Hilfe in diesem Bereich von Frauen bereits präpartal als besonders wichtig angegeben
wird [16]. Da immer wieder nach Gründen für eine mangelnde Bereitschaft zum (Weiter-)Stillen
gesucht wird, haben viele Kliniken durch Unterstützung nach IBCLC zertifizierte Beraterinnen
gesucht und bisweilen auch den mühsamen Weg zum stillfreundlichen Krankenhaus/baby-friendly-hospital auf sich genommen. Hier scheint der Ansatz, bereits ab der Geburt umfassende Stillunterstützung
zu geben, dem Wunsch der Frauen entgegenzukommen. Gleichzeitig müssen auch die Ansätze,
die eine Stillvorbereitung in der Schwangerschaft bieten, deutlich gefördert und publik
gemacht werden. Denn auch an dieser Stelle gilt der Grundsatz des Empowerments, wobei
Frauen und Paare durch umfassende Vorbereitung unabhängiger von den individuell sehr
unterschiedlichen Rahmenbedingungen werden.
Einladende Atmosphäre
Zusammenfassend also lässt sich zum Bereich der Rahmenbedingungen sagen, dass Frauen
sich einen Ort wünschen, an dem ihnen bei Bedarf medizinische Hilfeleistungen aller
Art angeboten werden. Um der Physiologie der Geburt gerecht zu werden, muss man aber
davon ausgehen, dass diese Angebote nicht im Vordergrund stehen sollen. Vielmehr sollen
Räumlichkeiten und medizinisches Personal eine Atmosphäre schaffen, die dazu einlädt,
sich auf die Geburt einzulassen, zur Familie zu werden und dabei die individuell nötige
Unterstützung zu erhalten. Zugleich ist aber auch die individuell nötige Ruhe und
Privatsphäre zu respektieren.
Emotionale Erfahrungen
Selbstverständlich ist eine Geburt begleitet von intensiven emotionalen Erfahrungen
– diese reichen von überschäumendem Glück bis hin zum anderen Extrem der Traumatisierung
der Beteiligten. Bei aller Vielseitigkeit der emotionalen Erlebnisse ist davon auszugehen,
dass diese im Rückblick auf die Geburt immer einen sehr hohen Stellenwert einnehmen
werden.
Einbezogenheit und Mitsprache
Frauen wissen dies und stellen deshalb bereits präpartal Forderungen an ihren Geburtsort:
An Henderson et al. wurde der Wunsch nach Mitsprachemöglichkeiten bereits in der Schwangerschaft
herangetragen [8]. Dieser äußerte sich auch postpartal im Bedürfnis nach Einbezogenheit in Entscheidungen
[12]
[6]. Genannte Mitsprachemöglichkeiten überschneiden sich mit dem Term des Empowerments,
welcher für die Rahmenbedingungen verwendet wurde. Damit wird aber auch klar, dass
keine absolute Abgrenzung der Themen möglich und auch nicht gewünscht ist – diese
wiederholen sich und wirken aufeinander ein. So kann die geforderte Teilnahme und
Übernahme von Entscheidungen zu einem größeren Sicherheitsgefühl führen.
Persönliche Kontrolle
Dieses Gefühl äußerte sich z.B. auch in der Untersuchung von Cipolletta und Balasso
[7], in der Frauen als besonders positive Erfahrung ein erlebtes Vertrauen in medizinische
Interventionen und in diesem Zusammenhang ein gewisses Maß an wahrgenommener persönlicher
Kontrolle betonten. Zudem stellten Guittier et al. fest, dass die Kontrolle zwar bei
verschiedensten Geburtsmodi von den Frauen als positiv erlebt wurde, ausgenommen waren
aber die Frauen mit Notkaiserschnitt, denen das Entgleiten der Kontrolle in der Notfallsituation
als besonders negativ in Erinnerung geblieben war [9].
Sicherheitsbedürfnis
Empfindungen bezüglich Sicherheit und Vertrauen mit großem Einfluss auf Geburtserleben
beschrieben Gärtner et al. [10]. Damit bestätigten sie Ahrendt et al., in deren Untersuchung die Vermittlung von
Sicherheit durch die Hebamme bereits zentrales Anliegen der Frauen war, ebenso Stahl,
in deren Studie das Eingehen auf Ängste und Sorgen thematisiert wurde [12]. Ebenso drückten die befragten Frauen gegenüber Tuschy et al. ein starkes Sicherheitsbedürfnis
aus [16]. Als stützende Faktoren für empfundene Sicherheit könnte unter anderem die Bewahrung
von Natürlichkeit im Rahmen der Klinikgeburt [14] sowie das Festhalten an einem interventionsarmen Vorgehen führen, wie sich in den
Niederlanden zeigte – Frauen, die ihr Kind im primären (interventionsarmen) System
gebaren, zeigten höhere Zufriedenheit [5].
Vertraute Begleitperson
Tuschy et al. fanden außerdem heraus, dass Frauen schon in der Schwangerschaft beim
Gedanken an die Geburt die Anwesenheit einer vertrauten Begleitperson besonders wichtig
war [16]. Auch der Überblick von Groß stellte Beziehungsfaktoren in den Mittelpunkt [11]. Diese Forderung nach vertrauten Begleitpersonen ist heute zwar immer noch wichtig,
aber glücklicherweise muss sie nur noch selten mit Nachdruck durchgesetzt werden.
Vielmehr ist die Anwesenheit der Begleitperson eine Selbstverständlichkeit geworden.
Hier allerdings gilt es, darauf zu achten, dass auch Frauen, die nicht vom Vater des
Kindes begleitet werden (können), auf die Möglichkeit hingewiesen und dabei unterstützt
werden, Vertrauenspersonen mitzunehmen.
Erfüllte Erwartungen
Übergeordnet war außerdem die ganz prinzipielle Forderung nach der Erfüllung von Erwartungen
bei Christiaens und Bracke der beste Prädiktor für Zufriedenheit mit der Geburt [4]. Zu diesen Erwartungen darf sicher die postpartale Erfülltheit im Rahmen der individuellen
Geburtserfahrung gezählt werden [11]. Auch ein sinnesübergreifendes Kennenlernen des Kindes war bei vaginaler Geburt
einer der Faktoren, der die Zufriedenheit besonders positiv beeinflusste – ebenso
zeigte sich aber auch, dass die Abwesenheit von mütterlichen Gefühlen während der
ersten Tage postpartal zu großer Verunsicherung und Sorge führte [9].
Herausforderung für das medizinische Personal
So ist zu sehen, dass die Bandbreite der emotionalen Erfahrungen, die das Geburtserleben
beeinflussen, groß ist. Gleichzeitig sind auch die Möglichkeiten, diese Erfahrungen
in positiver Weise zu beeinflussen, für das medizinische Personal groß: Sicherheit
vermitteln, Erlebnisse und Entscheidungen verstehbar machen und Raum lassen für die
individuellen emotionalen Geschehnisse im Rahmen der Geburt.
Erlebte Betreuung
Ein weiterer sehr zentraler Faktor in den bisher vorgestellten Erhebungen ist die
erfahrene professionelle Betreuung im Rahmen der Geburt. Diese ist sehr weit gefächert
und reicht von ärztlicher Begleitung über die Hebammenbetreuung bis hin zur Unterstützung
durch Kinderschwestern, Stillberaterinnen und viele mehr.
Wahrgenommene Unterstützung wichtig
So stellten unter anderem Christiaens & Bracke fest, dass wahrgenommene Unterstützung
durch die Hebamme zu wahrgenommener persönlicher Kontrolle führte und in Zusammenhang
mit einem hohen Maß an Selbstwirksamkeit stand [4]. Auch hier wiederholen sich die Begrifflichkeiten und es zeigen sich zudem vermittelnde
Effekte und betonen die Verantwortlichkeit von Betreuungspersonen unter der Geburt.
Gestützt werden diese Schlüsse zudem durch die Studie von Wiegers, die bekannte Betreuungspersonen
als hilfreich für hohe Zufriedenheit identifizierte [5]. Auch Guittier et al. identifizierten die Aktionen und Reaktionen des geburtshilflichen
Personals als besonders einflussreich [9] und Stahl sowie Gärtner et al. bezeichneten das Verhältnis des Pflegepersonals zur
Frau sogar als zentral [12]
[10].
Wertschätzung von Wünschen
Ebenfalls vermittelnde Faktoren identifizierte Groß, indem sie die Teilhabe und Kontrolle
über das Geschehen als wichtige Punkte für gebärende Frauen bezeichnete und daraus
Aufgaben der Hebammen während der Geburt (im Sinne von Aufklärung und Unterstützung
der Selbstbestimmung durch Einbeziehung in Entscheidungen) ableitete [11]. Diese Wertschätzung von individuellen Wünschen betonten Frauen auch vorausschauend
im Hinblick auf die bevorstehende Geburt als besonders wichtig [14]. Durch die kontinuierliche Betreuung durch eine Hebamme peri- und postpartal erhofften
sich die Frauen eine Wahrung ihrer Bedürfnisse [16].
Individuelle Betreuung statt Routinen
Während genannte Untersuchungen die positiven Effekte durch professionelle Betreuung
unterstrichen, zeigten sich unter anderem bei Sandin-Bojö deutliche Kritikpunkte [6]: Frauen wünschten mehr Wertschätzung durch das Personal und mehr individuelle Pflege
statt Routinen. Außerdem war das allgemeine Bedürfnis nach Unterstützung ein wichtiges
Thema [7]. Kritisch wurde auch bei Stahl vor allem das mangelhafte Eingehen auf Ängste und
Sorgen gesehen, ebenso die insgesamt häufig fehlende Einbindung in Entscheidungen.
Diese wurde in allen Gruppen des Betreuungspersonals bemängelt, z.B. durch unzureichende
Information und Stillberatung, die sogar als schwerer Mangel empfunden wurde [12]. Auch bei Guittier et al. kristallisierte sich die Bedeutsamkeit der Aktionen und
Reaktionen des geburtshilflichen Personals heraus, welche sowohl positiven als auch
negativen Einfluss auf die Verarbeitung der Situation durch die Schwangere hatte [9].
Bedingungen für den optimalen Geburtsort
Bedingungen für den optimalen Geburtsort
Übereinstimmend zeigte sich, dass die Rahmenbedingungen für eine positive oder auch verbesserungswürdige Erfahrung eine gewisse Rolle spielen.
Dazu gehören der Literatur entnommene Themen wie Dienstleistung und räumliche Ausstattung
[11]
[16], Aufklärung und Beratung [6]
[8] sowie Selbstbestimmtheit im Sinne von Empowerment [11]
[12].
Da Empowerment auch im Zuge der Dienstleistungen Aufklärung und Beratung erfolgt,
und die genannten Begriffe als Gegebenheiten im Rahmen des Settings beschrieben werden
können, erscheinen die Begriffe hier zusammengefasst unter dem Oberbegriff des Service-Komplexes.
Viele Nennungen gab es in den Untersuchungen zu den Begrifflichkeiten der wahrgenommenen
persönlichen Kontrolle, bzw. reduzierten Interventionen und Sicherheit [4], zu Geburtserlebnis und Erfülltheit [4]
[9]
[11]
[14] und vereinzelt auch zu Begleitpersonen [16]. All diese Nennungen werden hier subsummiert unter dem Begriff der emotionalen Erfahrungen, welche Frauen während einer Geburt machen.
Ebenso thematisiert wurden immer wieder das Betreuungspersonal und dessen Umgang mit
der Frau. Hier waren Nennungen zur Wertschätzung [6], das Ausmaß und die Qualität von Betreuung im Sinne von Feedback für die Frau mit
resultierenden positiven Ergebnissen [5]
[7]
[9]
[10]
[12]
[16] sowie empfundenes Selbstvertrauen [15] zu finden. Um die genannten Begrifflichkeiten zusammenzufassen, wurde der Begriff
der erlebten Betreuung gewählt.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Geburtsort nicht ausschließlich als räumlicher Ort, sondern zudem als Hort der Betreuung sowie als
Platz, an dem emotionale Erfahrungen möglich gemacht bzw. aufgefangen werden sollen,
zu betrachten ist. Frauen sollen in die Entscheidungen nicht nur mit einbezogen werden,
sondern ihre aktuellen Wünsche und Bedürfnisse müssen das Handeln leiten – und zwar
neben der optimalen Überwachung und medizinischen Betreuung. Dann ist eine gute Geburt
möglich und sogar wahrscheinlich.
Tab. 1
Internationale Untersuchungen.
Autoren
|
Studie
|
Forschungsfrage
|
Rahmenbedingungen
|
Emotionale Erfahrungen
|
Erlebte Betreuung
|
Christiaens & Bracke, 2007
|
Länderübergreifender Vergleich (Belgien, Niederlande)
Quantitatives Design
605 TN
Längsschnitt-Untersuchung
|
Zufriedenheit der Frauen in Abhängigkeit vom System
|
|
Erfüllung von Erwartungen zentral gefordert
|
Wahrgenommene Unterstützung durch die Hebamme führt zu wahrgenommener persönlicher
Kontrolle und steht in Zusammenhang mit einem hohen Maß an Selbstwirksamkeit
|
Wiegers, 2009
|
Längsschnittliches Design
600 TN
Niederlande
|
Evaluation des niederländischen Betreuungssystems
|
|
Interventionsarmes primäres System führt zu höherer Zufriedenheit
|
Bekannte Betreuungspersonen als hilfreich für hohe Zufriedenheit
|
Sandin-Bojö et al., 2011
|
Quantitative postpartale (14 Tage) Querschnittbefragung
700 TN
Schweden
|
Unterschiede zwischen erlebter Betreuung und deren persönlicher Relevanz
|
Informationen über den Geburtsverlauf und Untersuchungsergebnisse verbesserungsbedürftig
|
Mehr Beteiligung an Entscheidungen gefordert
|
Mehr Wertschätzung angebracht durch PersonalMehr individuelle Pflege statt Routinen
gewünscht
|
Cipolletta & Balasso, 2011
|
Qualitatives Design
10 TN
1-3 Tage postpartal
Italien
|
Erfahrungen erstgebärender Frauen bei der Geburt
|
Umgebung und Atmosphäre während der Geburt
|
Wahrgenommene Kontrolle
Vertrauen in die medizinischen Interventionen
|
Bedürfnis nach Unterstützung
|
Henderson, 2013
|
Quantitatives epidemiologisches Design
24 000 TN
Querschnitt
England
|
Relevante Einflussfaktoren auf die erlebte peripartale Betreuung bei Migrantinnen
|
Mangelnde Informationen präpartal
|
Mitsprachrecht gewünscht präpartal
|
|
Guittier et al., 2014
|
Qualitatives Design
24 TN
4-6 Wochen postpartal
Schweiz
|
Erfahrungen erstgebärender Frauen in Abhängigkeit vom Geburtsmodus
|
|
Entgleiten der Kontrolle (Notfall)
Sinnesübergreifendes kennenlernen des Kindes (vaginale Geburt)
|
Aktionen und Reaktionen des geburtshilflichen Personals mit großem Einfluss
|
Gärtner et al., 2014
|
Mixed-Methods
Online Fokusgruppendiskussion
Expertinneninterviews
Fragebogenentwicklung
Niederlande
|
Identifikation relevanter Dimensionen des Geburtserlebens
|
|
Empfindungen bezüglich Sicherheit und Vertrauen mit großem Einfluss auf Geburtserleben
|
Geburtshilfliches Personal zentral für Geburtserleben
|
Tab. 2
Deutschsprachige Untersuchungen.
Autoren
|
Studie
|
Forschungsfrage
|
Rahmenbedingungen
|
Emotionale Erfahrungen
|
Erlebte Betreuung
|
Groß, 2003
|
Überblicksarbeit
|
Identifikation der Wünsche und Bedürfnisse Gebärender
|
Zufriedenheit mit medizinischen Dienstleistungen
|
Allgemeine Geburtserfahrung
Postpartale Erfülltheit
Beziehungsfaktoren
|
Aufklärung und Unterstützung von Selbstbestimmung
|
Stahl, 2009
|
Retrospektive Befragung
Quantitatives Design
3 000 TN
Deutschland
|
Entwicklung und Evaluation eines Fragebogens zur Zufriedenheit mit der Geburtsklinik
|
Informationen und Stillberatung
|
Eingehen auf Ängste und Sorgen
Einbindung in Entscheidungen
|
Verhältnis des Pflegepersonals zur Frau zentral
|
Hainer & Kowalcek, 2011
|
Prospektives Querschnittsdesign
Quantitativ
534 TN
Deutschland
|
Wünsche von Schwangeren bezüglich des Entbindungsmodus
|
|
Bewahrung von Natürlichkeit im Rahmen der Klinikgeburt
|
Wertschätzung von individuellen Wünschen
|
Ahrendt et al. 2012
|
Quantitatives Querschnittsdesign
80 TN
Deutschland
|
Erwartungen und Wünsche an die Hebamme
|
Beratung
|
Vermittlung von Sicherheit
|
Stützung des Selbstvertrauens
|
Tuschy et al. 2012
|
Prospektives quantitatives Design ab der 20. SSW
500 TN
Deutschland
|
Erwartungen und Wünsche an die ideale Geburtsklinik
|
Stillberatung
Postpartale Anwesenheit eines Pädiaters
|
Sicherheitsbedürfnis
Anwesenheit einer Begleitperson
|
Kontinuierliche Betreuung durch eine Hebamme Peri-und postpartal
|