Z Gastroenterol 2018; 56(05): 520-521
DOI: 10.1055/a-0594-9848
Mitteilungen der Gastro-Liga
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Schwerpunkt Gastro-Hepatologie aus der Sicht des Generalsekretärs der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

Further Information

Publication History

Publication Date:
07 May 2018 (online)

Seit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 1882 durch Theodor v. Frerichs ist diese Gesellschaft bestrebt, die Innere Medizin als bestehendes Fach zusammenzuhalten: „als segenspendenden Strom, von welchem die Spezialfächer wie Bäche sich abzweigen“. Gleichwohl haben im Verlaufe der vergangenen Jahrzehnte unsere Kenntnisse über die Pathogenese, Diagnostik und Therapie der inneren Erkrankungen so tiefgreifend und umfassend zugenommen, dass eine Aufsplitterung des übergeordneten Faches Innere Medizin in nunmehr zehn Subdisziplinen (inklusive Infektiologie und Intensivmedizin) unausweichlich war. Dabei unterscheidet man organbezogene Schwerpunktfächer, wie die Kardiologie, Nephrologie oder Gastroenterologie, von Querschnittsfächern wie die Rheumatologie, Hämato-Onkologie oder Intensivmedizin. Durch die gültige Musterweiterbildungsordnung ist es aber in Deutschland gelungen, neben einem Facharzt für Innere Medizin (Weiterbildungszeit 5 Jahre) einen Facharzt für Innere Medizin plus Schwerpunkt (Weiterbildungszeit 6 Jahre) zu etablieren, der einen dreijährigen Truncus communis voraussetzt. Damit ist sichergestellt, dass alle Schwerpunktmediziner entsprechend des Weiterbildungscurriculums auch Internisten sind.

Eines der wesentlichen Ziele der Aktivitäten der DGIM ist die enge Zusammenarbeit mit den internistischen Schwerpunktgesellschaften. Und hier hat sich im Verlaufe der letzten beiden Jahrzehnte ein für beide Seiten sehr hilfreicher Austausch ergeben.

Betrachtet man die organbezogenen Schwerpunktfächer, so ist unverkennbar, dass die Gastroenterologie ein sehr viel größeres Spektrum von beteiligten Organen und Erkrankungen aufweist im Vergleich zu den Bereichen wie Kardiologie, Pneumologie oder Nephrologie. Dies verlangt von dem Fach Gastroenterologie eine stärkere Kooperation mit anderen Fächern, insbesondere der Endokrinologie, der Infektiologie (insbesondere Leber und Magen-Darmtrakt), der Neurologie (Motilitätsstörungen des Intestinaltraktes) und vielen anderen mehr.

Diese breite Verankerung der Gastro-Hepatologie in der Inneren Medizin ist eine wichtige Voraussetzung für die zentrale Funktion der Gastroenterologie in der Lehre in der Inneren Medizin wie auch in der Medizin insgesamt. Kein anderes Fach überblickt eine solche Vielfalt an Symptomen und Krankheitsbildern. In den Zeiten zunehmender Spezialisierung innerhalb der Inneren Medizin sind die Gastroenterologen häufig die „letzten Allgemeininternisten“ und damit die Einzigen, die einen Patienten mit unklaren Beschwerden oder auch unklaren Veränderungen eines Laborwertes differenzialdiagnostisch evaluieren. Und es ist daher sicherlich kein Zufall, dass ein Großteil der Lehrstühle für Allgemeine Innere Medizin und viele Krankenhäuser, die nicht verschiedene Schwerpunkte der Inneren Medizin vorhalten können und Allgemeininternistische Abteilungen einrichten, durch Gastroenterologen geleitet werden.

Die Gastroenterologie ist auch das Fachgebiet, welches in der studentischen Lehre (z. B. „Differenzialdiagnose“) zentral vertreten ist. Die Häufigkeit gastroenterologischer Erkrankungen in der Bevölkerung, das Faktum einer immer älter werdenden Bevölkerung mit zahlreichen Erkrankungen und insbesondere die Häufigkeit von Symptomen, die auf gastroenterologische Erkrankungen hinweisen, oder bei denen solche Erkrankungen in der Differenzialdiagnostik abgeklärt werden müssen, macht diesen Schwerpunkt zum übergreifenden größten Fach innerhalb der Inneren Medizin. Da die primäre Aufgabe der Unikliniken die Ausbildung von Studenten ist und die Gastroenterologie das breiteste Spektrum von Symptomen und Erkrankungen in Lehre und Forschung abbildet, ist eine Uniklinik ohne eine in Lehre und Forschung verankerte Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie nicht vorstellbar. Wesentlicher Anteil der Ausbildung der Studierenden sollte auch die Vermittlung des wissenschaftlichen Hintergrundes für ärztliches Handeln sein. Dies gelingt naturgemäß am besten dort, wo auch Wissenschaft, d. h. Forschung stattfindet. Wir sollten dem Trend entgegentreten, dass das Medizinstudium immer mehr eine praktische Ausbildung wird unter Zurücktreten des wissenschaftlichen Hintergrundes eines Krankheitsbildes.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin lebt durch ihre zahlreichen Kommissionen und Arbeitsgruppen, deren Ziel es ist, die Innere Medizin weiterzuentwickeln und an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Dabei ist die DGIM äußerst dankbar dafür, dass sich viele Repräsentanten aller Schwerpunktfächer der Inneren Medizin an der wichtigen Arbeit in diesen Kommissionen konstruktiv beteiligen. Aus den weiter oben genannten Gründen erstaunt es daher nicht, dass zahlreiche dieser Kommissionen und Arbeitsgruppen durch Gastroenterologen geleitet werden. Letztendlich nehmen gastroenterologisch bestimmte Themen sowie Posteranmeldungen aus dem Bereich der Gastroenterologie – Hepatologie mit ihren zahlreichen Kontakten zu internistischen Nachbar-Disziplinen einen breiten Raum bei den Jahreskongressen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ein.

Insgesamt baut die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin seit Jahrzehnten auf die engen und freundschaftlichen Kontakte zu den Kollegen der Gastroenterologie-Hepatologie.

Informationen zum Autor

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch trat am 01.09.1990 die Position als Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin der I. Medizinischen Universitätsklinik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel an. Er baute in dieser Zeit verschiedene von der DFG geförderte wissenschaftliche Arbeitsgruppen zu Themen wie molekulare Gastroenterologie und Hepatologie, Genetik chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, Pankreatologie und molekulare Onkologie auf. 10 Jahre lang war er Sprecher des Kompetenznetzes CED und 6 Jahre Vorstandsvorsitzender der Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze e. V. Von 2003 bis 2004 war er der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Seit 2011 ist er deren Generalsekretär.

Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch
Generalsekretär der DGIM e. V.
Klinik für Innere Medizin I
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel
Rosalind-Franklin-Straße 12
24105 Kiel