Wirkmechanismus und Kryobiologie
Art und Ausmaß der Gewebsreaktion hängen vom Schweregrad des Kälteschadens ab. Dieser
wiederum wird durch die Anwendung der Frier- und Tauvorgänge sowie der erreichten
Temperaturen maßgeblich gesteuert. Der gesamte Kälteschaden ist eine Mischung aus
direkten und indirekten Effekten.
Mit einsetzender Kälte kommt es zunächst zur Ausbildung extrazellulärer Eiskristalle.
Durch eine Verschiebung des osmotischen Gleichgewichts wird Wasser aus dem intrazellulären
Raum in das Interstitium verschoben, was zu einer Dehydrierung und ersten Zellschädigungen
führt. Dieser Vorgang ist jedoch zumindest partiell reversibel. Geschieht der Friervorgang
jedoch sehr schnell, verbleibt ein Großteil der Flüssigkeit intrazellulär, da die
Zeit für die osmotischen Prozesse fehlt und es kommt zur Bildung intrazellulärer Eiskristalle.
Diese wirken destruktiv auf Zellmembranen und Zellorganellen. Im Rahmen des Tauvorgangs
kommt es dann aus dem hypotonen Interstitium zum Einstrom von Wasser in die Zellen
und damit zu weiterer Zellschädigung bis hin zum förmlichen Platzen der Zellen. Weiterhin
steht bei einem zweiten Friervorgang damit mehr intrazelluläres Wasser für die Bildung
der besonders letalen intrazellulären Eiskristalle zur Verfügung [6].
Ein weiterer relevanter Faktor ist der Zusammenbruch der Blutversorgung auf mikrovaskulärer
Ebene durch die Schädigung der Gefäßwand durch Eisbildung im Endothel. Nach dem Auftauen
kommt das geschädigte Endothel in Kontakt mit den Thrombozyten, was zur Ausbildung
einer Thrombose und damit lokalen Ischämie führt. Außerdem tragen die in Folge der
Gefäßschädigung erhöhte kapilläre Permeabilität und lokale Ödembildung mit konsekutiver
Schwellung des Gewebes zur Ischämie bei [7].
In den letzten Jahren wurde zudem die Apoptose als insbesondere im Randbereich der
Ablationszone bedeutsamer Mechanismus zur lokalen Tumortherapie erkannt. Für letztere
wurden mitochondriale Schädigungen durch die Aktivierung von Caspase und bax-Protein
identifiziert [8].
Die Empfindlichkeit unterschiedlicher Gewebe gegenüber Kälte unterscheidet sich deutlich.
Während man davon ausgehen kann, dass die einmalige Applikation von -40 bis -60 °C
ausreichend ist, um Gewebe sicher vollständig zu zerstören, ist dies im Bereich von
-20 °C anders. Hier kommen Gewebsunterschiede deutlicher zum Tragen. So sterben Osteozyten
in diesem Temperaturbereich sicher ab, während bei einmaliger Kälteapplikation für
gesunde Leber, Niere oder Prostata ein Überleben möglich ist. Tumorzellen weisen im
Vergleich zu gesunden Zellen eine erhöhte, aber auch variable Resistenz gegenüber
Kälte auf [9]. Außerdem überstehen Fibroblasten und Kollagenfasern regelhaft einen Friervorgang
[10].
Über Geschwindigkeit, Dauer und Anzahl von Frier- und Tauvorgängen lässt sich das
Ausmaß der vorgenannten Effekte und damit die Effektivität der Kryoablation beeinflussen.
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist ein wenigstens zweimaliger Frier-Tau-Vorgang mit
schnellem Frieren und langsamen Tauen besonders effektiv [11]. Die Dauer eines Friervorgangs sollte wenigstens 10 Minuten betragen, da erst nach
10 – 15 Minuten ein Äquilibrium zwischen Kälteerzeugung und Kälteabtransport am Randbereich
der Ablationszone entstanden ist und der Eisball seine maximale Größe erreicht hat.
Weiterhin nimmt die Geschwindigkeit des Friervorgangs vom Zentrum zur Peripherie ab,
sodass die Gefrierdauer des peripheren Gewebes ansonsten zu kurz ist, um eine letale
Schädigung zu erreichen. Dabei ist zu beachten, dass v. a. bei höheren Temperaturen
ein prolongierter Friervorgang nötig ist, um einen ausgeprägten destruktiven Effekt
zu erreichen. Der zweite Frier-Tau-Zyklus hilft dabei, die Grenze der letalen Effekte
an den Rand des Eisballs heranzubringen. Weiterhin ist es essentiell, dass der Eisball
die Grenzen des angestrebten Behandlungsareals überragt, da die 0°C-Isotherme als
Grenze des sichtbaren Eisballs nicht der Grenze des effektiven Ablationsareals entspricht.
Dieser muss die zu therapierende Läsion wenigstens um 5 – 8mm überragen, damit diese
sicher komplett von der -20°C-Zone erreicht ist.
Anwendung
In der Umgebung eines in das Gewebe eingebrachten Applikators wird eine starke und
sehr schnelle Abkühlung induziert. Für die derzeit verfügbaren perkutan einsetzbaren
Systeme wird hierzu der Joule-Thomson-Effekt ausgenutzt. Dieser Effekt beschreibt
das Verhalten von realen Gasen, nach schneller Ausdehnung eine Temperaturänderung
zu erfahren. Gase mit einer hohen Inversionstemperatur, wie z. B. Argon, erfahren
unter Expansion eine Abkühlung (Argon bis -185 °C). Gase mit einer niedrigen Inversionstemperatur,
wie z. B. Helium, erfahren eine Erwärmung.
Die derzeit eingesetzten Kryoablationssysteme sind geschlossene Systeme, bei denen
Gas unter Hochdruck in einen dünnen Applikator geleitet wird. In der Spitze des Applikators
ist eine Expansionskammer, in der sich das Gas sehr schnell ausdehnen kann und somit
der Joule-Thomson-Effekt zur Wirkung kommt. Um den Schaft des Kryo-Applikators ist
proximal zur Expansionskammer eine Isolierung angebracht, welche eine Ausbreitung
der Kälte entlang des Schaftes verhindern soll, um Kälteeffekte auf Gewebe außerhalb
des Zielgewebes zu limitieren.
Derzeit sind 2 Systeme zur perkutanen Kryoablation verbreitet: Visual Ice (Galil-BTG,
Farnham, UK) und Endocare Cryocare (Health Tronics, Austin, TX, USA). Beide Systeme
verwenden jeweils die Edelgase Argon zur Kühlung und Helium zum Auftauen. Bei einigen
neueren Sonden für das Visual-Ice-System kann die Sonde zudem elektrisch erwärmt werden.
Dies erlaubt zum einen die Ablation des Punktionstraktes und zum anderen ermöglicht
es den Verzicht auf teures Helium.
Zur Renaissance der Kryoablation in den späten 1990er Jahren hat die breite Verfügbarkeit
von Bildsteuerungstechniken beigetragen. Der Eisball ist mit Ultraschall, Computertomografie
und Magnetresonanztomografie gut sicht- und steuerbar ([Abb. 1]). In der CT und der MRT kann der Eisball auch in seiner dreidimensionalen Ausdehnung
visualisiert werden. Mittels MRT ist potenziell sogar eine Thermometrie innerhalb
des Eises möglich [12]. Ultraschall hingegen zeigt lediglich die Oberfläche des Eises mit nachfolgender
totaler Echoauslöschung. Dies limitiert den Einsatz der ultraschallgeführten Kryoablation.
Abb. 1 59-jähriger Patient mit einem histologisch gesicherten Prostatakarzinom (Gleason
4 + 4). Sowohl in der Biopsie als auch in der Prostata-MRT war der Befund links apikal
nachweisbar. Entsprechend zeigt die präinterventionelle MRT in den diffusionsgewichteten
(Pfeile, a) und T2-gewichteten Bildern das hypointens imponierende Karzinom (Pfeile, b). Die Kryoablation erfolgte unter MR-Steuerung. In den Echtzeit-Interventionssequenzen
ist der Eisball (Stern) sehr gut als signalfreies Areal abgrenzbar. Die Kontrollbildgebung
1 Jahr nach der Intervention ergibt keinen Hinweis auf einen Tumorrest, mit einer
Normalisierung des Signals in der ehemals tumortragenden Region (Pfeile; d & e). Auch nach biochemischen Kriterien zeigte sich eine vollständige Beseitigung des
Tumors ohne Hinweis auf ein Residuum oder Rezidiv.
Anwendungsrelevante Vorteile der Kryotherapie gegenüber anderen Techniken sind der
anästhetische Effekt von Kälte, was eine Anwendung in Lokalanästhesie vereinfacht.
Die Anwendung erfordert keine elektrischen Ströme, sodass die Kryoablation nicht mit
der Bildgebung interagiert. Damit ist selbst unter MR-Steuerung ein kontinuierliches
Monitoring der Ausdehnung des Eises möglich. Da jede Sonde für sich unabhängig agiert,
können flexibler als beispielsweise bei der Radiofrequenzablation (RFA) multiple Sonden
kombiniert eingesetzt werden. Weitere theoretische Vorteile sind der Erhalt von Fibroblasten,
was die primäre Gewebestruktur oftmals erhält und damit eine Matrix für die Heilung
ergibt. So sind beispielsweise Ablationen in direkter Nähe des Nierenbeckens ohne
Destruktion des Nierenbeckens möglich [13]. Auch bei der Ablation an Nerven ist eine – wenn auch oftmals prolongierte – Heilung
möglich, wenn die Nervenscheide erhalten bleibt ([Abb. 2]) [14]
[15]. Die im Vergleich zu anderen Ablationstechniken ausgeprägten immunstimulierenden
Effekte der Kryoablation können ebenfalls als Vorteil angesehen werden.
Abb. 2 Ein 68-jähriger Patient zeigte 10 Jahre nach radikaler Prostatektomie bei Prostatakarzinom
ein biochemisches Tumorrezidiv, das in der PSMA (Prostataspezifisches Membranantigen)-PET/CT
a als links-iliakale Lymphknotenmetastase gezeigt und später histologisch gesichert
werden konnte. Es erfolgte eine CT-gesteuerte Kryoablation der Lymphknotenmetastase
b, die in unmittelbarer Nachbarschaft des N. ischiadicus lag (Pfeil). Die postinterventionelle
MRT c zeigt den Lymphknoten ohne pathologische Kontrastmittelaufnahme (Stern) im Sinne
einer erfolgreichen Therapie. Der N. ischiadicus ist geschwollen und temporäre periphere
Sensibilitätsstörungen normalisierten sich mehrere Wochen nach Ende der Therapie.
9 Monate nach der Intervention ist der Patient nach biochemischen und bildgebenden
Kriterien tumorfrei.
Offensichtlicher Nachteil der Kryoablation sind die relativ hohen Kosten, nicht nur
für Sonden, sondern auch für die Gase Helium und Argon. Die einzelnen Kryotherapiesonden
haben nur eine begrenzte Reichweite im Gewebe, sodass regelhaft mehrere Sonden benötigt
werden. Dies schafft zwar eine medizinisch wünschenswerte Flexibilität hinsichtlich
Größe und Form des Ablationsareals, ist aber im derzeitigen DRG-basierten Abrechnungssystem
in Deutschland nicht abgebildet. Weiterhin führt die Kryoablation zu einer inflammatorischen
Reaktion, die in Einzelfällen – v. a. bei der Ablation großer Lebertumore – bis zum
systemischen zytokinvermittelten Kryoschock-Syndrom mit Hypotension, Dyspnoe und disseminierter
intravasaler Gerinnung geführt hat. Außerdem kann die aggressive Manipulation an den
Sonden im gefrorenen Gewebe zu Parenchymrissen und nachfolgender Blutung führen [16].
Ergebnisse
Es liegen zahlreiche Anwendungsberichte der Kryoablation für nahezu alle Organbereiche
und Körperregionen vor. Dabei handelt es sich zumeist um retrospektive Kohortenstudien
mit einer hohen Variabilität bezüglich Patientenselektion, Prozedur und Nachsorge,
sodass nur eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der Daten besteht. Es existieren nur
sehr wenige qualitativ hochwertige vergleichende Studien oder randomisierte, kontrollierte
Studien. Im Folgenden werden für die am häufigsten therapierten Organregionen ausgewählte
Studiendaten vorgestellt, um einen Überblick über den aktuellen Stand der Anwendung
der perkutanen Kryotherapie zu demonstrieren.
Niere
Die Behandlung von Nierentumoren ist neben der Therapie des Prostatakarzinoms wahrscheinlich
das am weitesten verbreitete Anwendungsgebiet der Kryoablation. Die Kryotherapie wird
regelhaft sowohl perkutan als auch laparaskopisch durchgeführt. Die Indikation zur
perkutanen Kryoablation liegt bei kleinen Tumoren (T1a), wobei in mehreren Studien
auch T1b-Tumore eingeschlossen wurden. Angesichts der nur seltenen Lymphknotenmetastasierung
in diesen organbeschränkten Läsionen besteht hier die Rationale für eine kurative
Therapie.
Die onkologische Effektivität der perkutanen Kryoablation zur Therapie von T1-Nierenzellkarzinomen
wurde wiederholt gezeigt. Beispielsweise konnten Breen et al. bei 171 T1a/b-Tumoren
mit einer mittleren Nachbeobachtungsdauer von 20,1 Monaten zeigen, dass die Therapie
auch bei Patienten mit relevanten Komorbiditäten (Charlson-Index -Score = 7,15) mit
4,6 % Clavien–Dindo-Grad-2-Komplikationen sicher ist. Dabei trat während der Nachbeobachtungsdauer
lediglich ein lokales Tumorrezidiv auf, welches einer erneuten Kryotherapie zugänglich
war [17]. Georgiades et al. fanden bei 134 histologisch gesicherten T1a/b-Nierenzellkarzinomen
ein 5-Jahres-Gesamtüberleben von 97 % bei einem tumorspezifischen Gesamtüberleben
von 100 %. Grad-3/4-Komplikationen gemäß der Common Terminology Criteria for Adverse
Events (CTCAE–Version 4.0) traten bei 6 % der Patienten auf [18]. Beide Serien zeigten kein signifikant schlechteres Ergebnis für die Behandlung
von T1b-Tumoren, allerdings war die Patientenanzahl mit Tumoren > 4 cm in beiden Serien
beschränkt. Eine metaanalytische Aufarbeitung fand keine Unterschiede zwischen perkutaner
oder laparaskopischer Kryoablation bezüglich der onkologischen Ergebnisse. Insbesondere
hinsichtlich des Überlebens konnte kein Unterschied gezeigt werden, während die Hospitalisierungsdauer
bei der perkutanen Anwendung kürzer war [19]. Die Daten zum Vergleich der perkutanen Kryotherapie mit der partiellen Nephrektomie
sind schwieriger zu interpretieren. Einige Untersuchungen zeigen keinen Unterschied
hinsichtlich des onkologischen Ergebnisses [20]
[21], während andere Daten – bei allerdings erheblichem Bias in der Patientenselektion
zu Gunsten der partiellen Nephrektomie – einen Vorteil für die partielle Nephrektomie
sehen [22]. Interessanterweise wurden die onkologischen Ergebnisse auch bei Behandlung von
T1b-Tumoren in den vorgenannten Serien nicht relevant schlechter. Allerdings steigen
bei Behandlung größerer Tumoren die Komplikationsraten auf 15 bis 17 % [23]
[24], sodass gerade bei Risikopatienten die Kryotherapie auf Patienten mit T1a-Tumoren
beschränkt werden sollte.
Leber
Die Kryoablation der Leber wurde lange Zeit als problematisch angesehen, nachdem es
Berichte über fatale Verläufe durch den sogenannten Kryoschock nach Ablation großer
Leberläsionen gab [25]. Aktuellere Untersuchungen berichteten dieses Problem nicht mehr und es liegen insbesondere
zur Behandlung des hepatozellulären Karzinoms (HCC) mittlerweile qualitativ hochwertige
Daten vor [16]. Dennoch ist die Bedeutung der Kryoablation von Lebertumoren im Vergleich zu RFA
oder Mikrowellenablation (MWA) verschwindend gering.
Als derzeit wohl wichtigste Arbeit zur Kryoablation des HCC wurde von Wang et al.
2015 eine randomisierte, kontrollierte multizentrische Studie publiziert, in der je
180 Patienten mit 1 bis 2 HCC < 4 cm und einem Child-Pugh-Stadium A oder B entweder
mittels Kryoablation oder RFA behandelt wurden. Dabei konnte insbesondere für Tumoren
> 3 cm eine signifikant geringere lokale Progressionrate nach Kryoablation (7,7 %)
im Vergleich zur RFA (18,2 %; p = 0,041) gezeigt werden. Allerdings konnte kein Unterschied
im Überleben nachgewiesen werden. Die 1-, 3-, und 5-Jahres-Gesamtüberlebensraten waren
mit 97 %, 67 %, und 40 % für die Kryoablation im Vergleich zu 97 %, 66 %, und 38 %
nach RFA nahezu identisch (p = 0,747). Als wichtiger Befund konnte die Sicherheit
der hepatischen Kryoablation mit einer der RFA vergleichbaren Komplikationsrate von
3,9 % versus 3,3 % gezeigt werden (p = 0,776) [25].
Andere Fallserien haben die bessere lokale Kontrolle von frühen HCCs nach Kryoablation
im Vergleich zur RFA bestätigen können [26]. Allerdings zeichnet eine ebenfalls aktuelle Meta-Analyse ein inhomogeneres Bild,
u. a. mit einer höheren Komplikationsrate nach Kryoablation [27]. Auch wurde der Einsatz der Kryoablation bei intermediären und fortgeschrittenen
HCCs sowie bei unresektablen und Rezidivtumoren berichtet. Dies geht allerdings erwartungsgemäß
mit schlechteren Ergebnissen als in früheren Stadien und bei kleineren Tumoren einher
[28]
[29].
Die Erfahrungen mit der perkutanen Kryotherapie von Lebermetastasen sind im Vergleich
zum HCC problematischer. Zwar liegen aktuelle Serien mit hauptsächlich Lebermetastasen
kolorektaler Tumore vor, jedoch existiert keine prospektiv randomisierte Studie. 2
aktuelle Serien mit zusammen 742 Lebertumoren zeigten zwar akzeptable Ergebnisse hinsichtlich
der Sicherheit bei Tumoren < 4 cm mit Grad-≥ 3-Komplikationen in 5,8 – 8,7 % der Interventionen,
aber einem signifikanten Anstieg der Komplikationsrate bei größeren Läsionen [30]
[31]. Hinsichtlich der Ergebnisse gibt es deutliche Unterschiede; so zeigten Littrup
et al. nach 1,8 Jahren bei Metastasen kolorektaler Tumore eine mit anderen Verfahren
vergleichbare lokale Progressionsrate von 11,1 % [30], während die Progressionsrate bei Glazer et al. nach 2,5 Jahren bei 25,4 % lag [31]. Die Gruppe um Littrup berichtet in einer anderen Arbeit bei 59 Patienten mit 151
Lebermetastasen kolorektaler Karzinome über ein mittleres Überleben von 23,6 Monaten
nach Kryotherapie [32]. Aufgrund unterschiedlicher Berichtstandards und unterschiedlicher Begleittherapien
ist die Vergleichbarkeit der Daten schwierig; jedoch gilt auch hier, dass kleinere
Tumoren eine erheblich bessere lokale Kontrolle zeigten.
Vielversprechende Ergebnisse liegen auch für Lebermetastasen des Mammakarzinoms [33], des Ovarialkarzinoms [34] und neuroendokriner Tumore [35] vor. Zahlreiche Serien bieten erste Hinweise auf die lokale Effektivität dieser
Therapie auch bei Lebermetastasen anderer Tumorentitäten [30]
[31]. Aus diesen wenigen Daten können bisher keine differenzierten Empfehlungen zur Kryoablation
von Lebermetastasen abgeleitet werden.
Lunge
In der Behandlung primärer Lungentumore liegen für nicht kleinzellige Bronchialkarzinome
(NSCLC) wenige aktuelle, aber durchaus positive Daten vor. Zemlyak et al. konnten
bei 64 Hochrisiko-Patienten mit NSCLC im Stadium I, die nicht für eine Lobektomie
geeignet waren, im Vergleich von Kryoablation, Radiofrequenz-Ablation und sublobärer
Resektion mit einem 3-Jahres-Gesamtüberleben von 77 %, 87,5 %, und 87,1 % (p > 0,05)
keinen Unterschied im Überleben zeigen. Das tumorspezifische 3-Jahres-Gesamtüberleben
zeigte mit 90,2 %, 90,6 % und 87,5 % noch geringere Unterschiede [36]. Erst unlängst konnten Moore et al. diese Ergebnisse mit einem 3-Jahres- und 5-Jahres-Gesamtüberleben
von 78,1 % und 67,8 % bestätigen. Die tumorspezifische 5-Jahres-Überlebensrate betrug
hier sogar 87,9 % [37].
Auch für die Behandlung fortgeschrittener NSCLC gibt es Erfahrungen zur Kryotherapie.
Angesichts der zumeist palliativen Behandlungsintention und des Einsatzes mehrerer
Behandlungsoptionen sind diese jedoch schwerer zu interpretieren. Niu et al. konnten
in einer retrospektiven Analyse bei 54 Patienten (31 mit Kryoablation, 23 Patienten
ohne Kryoablation) zeigen, dass auch im Stadium IV noch ein Überlebensvorteil für
die Patienten gewonnen werden kann. In einer Nachsorgeperiode von 6,5 Jahren war das
Überleben der Patienten, die zusätzlich eine intra- und/oder extrathorakale Kryoablation
erhalten hatten, signifikant besser als bei Patienten, die keine zusätzliche ablative
Therapie erhalten hatten. Das mittlere Gesamtüberleben beider Gruppen betrug 14 vs.
7 Monate (p < 0,01) [38].
Die Datenlage für die Behandlung von Lungenmetastasen ist deutlich problematischer.
Die bisher einzige prospektive Studie zu diesem Thema verfügt über nur 1 Therapiearm,
in dem insgesamt 60 Läsionen verschiedener Entitäten, vornehmlich Lungenmetastasen
kolorektaler Tumore (40 %), eingeschlossen wurden. Nach 1 Jahr wurden bei einem tumorspezifischen
Überleben von 100 % bereits bei 40 % der Patienten neue Metastasen festgestellt. Obwohl
nur bei 5,8 % der Patienten keine lokale Kontrolle erreicht werden konnte, besteht
die systemische Problematik der Grunderkrankung weiter [39]. Zahlreiche retrospektive Studien bestätigen diese Daten, wobei eine beträchtliche
Variabilität hinsichtlich lokaler Kontrolle und Überleben vorliegt [40]
[41]
[42]
Die Komplikationen der pulmonalen Ablation ähneln denen anderer nadelbasierter Ablationstechniken.
So sind Pneumothorax und Pleuraerguss sowie Hämoptysen häufig und werden bei bis zu
60 % der Prozeduren berichtet. Zumeist sind diese jedoch nicht therapiepflichtig.
Lediglich im Falle eines Pneumothorax wurde in bis zu 25 % der Fälle über die Notwendigkeit
einer Thoraxdrainage berichtet. Dabei waren Tumorgrösse und der Einsatz multipler
Ablationselektroden unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung einer Komplikation
[43].
Brust
Die Kryotherapie der Brust wurde zunächst vor allem erfolgreich zur Therapie symptomatischer
Fibroadenome eingesetzt [44]. Die Behandlung führt hier zu einer deutlichen Volumenreduktion und mehr als 80 %
der Fibroadenome sind 1 Jahr nach Therapie nicht mehr palpabel [45].
Der Einsatz der Kryotherapie beim Mammakarzinom hat sich ebenfalls etabliert, wobei
jedoch einige Besonderheiten zu beachten sind. Zunächst besteht bei Tumoren > 2 cm
ein deutlich erhöhtes Risiko einer lokal inkompletten Ablation, sodass die Größe ein
entscheidender Prognosefaktor ist [46]
[47]. Weiterhin erfolgte die Mehrheit der Ablationen ultraschallgeführt. Da dies nur
die Oberfläche des Eisballs ohne den dreidimensionalen Kontext zeigt, muss dies angesichts
der bestehenden Techniken als suboptimale Technologie angesehen werden. In einer aktuellen
Meta-Analyse konnte entsprechend gezeigt werden, dass die technische Erfolgsrate der
Kryoablation bei 93 % lag (95 % CI 81 – 98 %). Gleichzeitig wies die Kryoablation
mit nur 2 % (95 % CI 1 – 7 %) major-Komplikationen das günstigste Risikoprofil aller
Ablationstechniken auf [48].
In einer aktuellen prospektiven Studie mit nachfolgender Resektion der Läsionen wurden
86 Patienten mit 87 Mammakarzinomen < 2 cm eingeschlossen und mittels Kryotherapie
mit einem auf flüssigen Stickstoff basierenden Ablationssystem behandelt. Dies sieht
die ultraschallgeführte Positionierung nur einer Nadel vor. Unter diesen problematischen
Bedingungen konnte bei 92 % der Fälle eine lokale Kontrolle erreicht werden, wobei
das Ergebnis bei kleinen Tumoren bis 1 cm deutlich besser als bei größeren Tumoren
war [49]. Eine andere Untersuchung zeigte bei Mammakarzinomen bis 3 cm nach 12 Monaten in
76,9 % der Fälle eine lokale Kontrolle. Dabei wird auf die Notwendigkeit hingewiesen,
insbesondere bei größeren Läsionen > 1,5 cm multiple Nadeln einzusetzen [50]. Die Vorteile der Kryoablation liegen in der geringen Komplikationsrate und den
guten kosmetischen Ergebnissen. Offensichtlicher Nachteil ist die fehlende Möglichkeit
der axillaren Lymphknotendissektion, sodass hier eine ausschließliche Abhängigkeit
von der Bildgebung besteht. Auch nach hautsparender, brusterhaltender Resektion sind
eine ausgesprochen variable, relevante Zahl lokaler und loko-regionärer Rezidive in
1,7 bis 20 % der Fälle beschrieben [51]. Angesichts der Datenlage erscheint eine lokale Kryotherapie des Mammakarzinoms
daher bei Hochrisikopatienten mit kleinen Tumoren erwägenswert.
Muskulo-skelettales System
Die Kryoablation ist vor allem in palliativer Intention zur Kontrolle symptomatischer
muskulo-skelettaler Läsionen etabliert. Dabei konnte für unterschiedlichste Skelettbereiche,
einschließlich der Wirbelsäule, gezeigt werden, dass innerhalb von nur 1 Woche sowohl
eine Verbesserung des Schmerzscores als auch eine Reduktion der Schmerzmedikation
erreicht werden kann [52]
[53]. Callstrom et al. berichteten über eine Reduktion des Schmerzscores auf einer visuellen
Analogskala von 7,1/10 vor Therapie auf 4/10 nach 4 Wochen [53]. Allerdings sind die Langzeiteffekte variabel. In einigen Studien wird über eine
Verbesserung über 6 Monate und länger berichtet [53], während andere Autoren bereits nach 3 Monaten bei einzelnen Patienten ein Wiederauftreten
der Schmerzen beschreiben [54]. Adjunktive Maßnahmen, wie z. B. selektive Nervenblockaden können den Effekt der
Kryotherapie in palliativer Indikation unterstützen [52]. Sinnvoll ist die Kombination der Kryoablation in dieser Indikation mit einer Biphosphonat-Therapie,
da die Effekte synergistisch sind [55]. Komplikationen sind selten und je nach Lage der Läsion werden temporäre Neuropathien
mit bis zu 6 % am häufigsten beschrieben [52].
Der Einsatz der Kryoablation bei primären Knochentumoren ist in verschiedenen Konstellationen
beschrieben. Bei benignen Läsionen, wie der aneurysmatischen Knochenzyste, kann dies
effektiv sein [56]
[57]. Ebenso wurde die Kryotherapie für benigne, lokal invasiv wachsende Desmoide erfolgreich
evaluiert, mit guten Ansprechraten und einer Tumorprogression zwischen 0 bis 4 % über
2 Jahre nach Ablation [58]
[59]. Für maligne Primärtumoren des muskulo-skelettalen Systems liegen nur vereinzelte
Berichte vor [60], sodass die Kryoablation außerhalb von Studien als Primärtherapie nicht indiziert
ist. Allerdings kann die Kryotherapie durchaus erfolgreich zum Management symptomatischer
Sarkomrezidive, z. B. retroperitoneal, eingesetzt werden. So konnten Fan et al. bei
39 Patienten eine signifikante Schmerzreduktion von 7,49/10 auf 5,44/10 (p = 0,01)
auf einer visuellen Analogskala nach Kryotherapie retroperitonealer Sarkomrezidive
berichten [61].
Auch die Behandlung von Knochen- und Weichteilmetastasen bei oligometastatischen Patienten
mit bis zu 4 zu behandelnden muskulo-skelettalen Metastasen wurde in größeren retrospektiven
Serien evaluiert, mit einer variablen lokalen Tumorkontrolle. So betrug diese nach
21 Monaten 67 % bei Knochenläsionen und 97 % bei Weichteilläsionen [62]. Eine andere Serie beschreibt eine lokale Rezidivrate von 10 % nach 11 Monaten,
wobei es auch hier Unterschiede je nach Tumorlokalisation gab [63]. Vielversprechend scheint die Therapie einer limitierten Anzahl von Knochenmetastasen
zu sein. Deschamps et al. berichten in einem Kollektiv von 89 oligometastatischen
Patienten mit 122 Knochenmetastasen unterschiedlicher Primärtumore nach Radiofrequenzablation
oder Kryoablation eine lokale Tumorfreiheit von 67 % nach einem Jahr. Läsionen kleiner
2 cm ohne kortikale Arrosion waren dabei prognostisch besonders günstig. Hier wird
eine lokale Tumorfreiheit nach einem Jahr bei 85 % der Fälle erreicht [64]. Ergänzende Maßnahmen wie eine Osteoplastie können unabhängig von der ablativen
Therapie notwendig werden. Auch schließt diese Form der Behandlung eine spätere Radiotherapie
nicht aus. Die Komplikationsraten sind sehr niedrig mit jeweils nur vereinzelten Grad-3-Komplikationen
in den vorgenannten Serien.
Prostata
Die fokale Behandlung des Prostatakarzinoms ist eine häufig durchgeführte, aber auch
immer wieder kontrovers diskutierte Therapieoption [65]
[66]. Die Kryotherapie stellt dabei eine von mehreren fokalen Behandlungsoptionen dar.
Es ist sowohl die Behandlung der gesamten Prostata als auch die fokale Behandlung
bildgebend und bioptisch gesicherter Tumorareale möglich. Bei letzterem Ansatz ist
allerdings zu bedenken, dass das Prostatakarzinom oftmals multifokal auftritt. Andererseits
wird nicht jedes gesicherte Karzinom biologisch relevant. Eine weitere Rolle spielt
die Kryotherapie der Prostata als Salvage-Option nach Strahlentherapie. In dieser
Situation ist die Operation besonders komplex und mit einer deutlich erhöhten Komplikationsrate
wie Rektumverletzungen (~2 %) und Inkontinenz assoziiert (~23 %) [67].
Als größte Einzelstudie zur Kryoablation der Prostata kann das COLD-Register herangezogen
werden. Hier sind die Ergebnisse der fokalen Kryotherapie bei 1160 Patienten und der
Ablation der gesamten Prostata bei 4099 Patienten dokumentiert. Das biochemisch rezidivfreie
Überleben nach 3 Jahren betrug 75,7 % nach fokaler Ablation und 75,1 % nach Ablation
der gesamten Prostata. Die Komplikationsraten nach fokaler Ablation sind geringer
als nach Kryoablation der gesamten Prostata. Insgesamt sind die Komplikationsraten
jedoch niedriger als nach operativer Therapie [68]. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit zur fokalen Therapie des Prostatakarzinoms
identifizierte 11 auswertbare Publikationen zur fokalen Kryotherapie. Prospektiv randomisierte
Arbeiten fehlen hier. Die Ablation erfolgte unter Steuerung mittels transrektalem
Ultraschall. In einem medianen Nachsorgeintervall von 26 Monaten betrugen tumorspezifisches
Überleben und Gesamtüberleben jeweils 100 %. Bei 7,6 % der Patienten wurde eine zweite
fokale Therapie notwendig. Die Rate schwerwiegender Komplikationen war mit 2,5 % gering.
Die Kontinenz konnte bei allen Patienten erhalten werden, die Erektionsfähigkeit blieb
bei 81,5 % der Patienten erhalten [69].
Als Salvage-Therapie kann die Kryoablation der Prostata ebenfalls herangezogen werden.
Das mit 297 berichteten Patienten in der Salvage-Situation größte Patientenkollektiv
ist ebenfalls der Datenbank des COLD-Registers entnommen. Hier beträgt das 5-Jahres-Überleben
nach Kryotherapie 97 % mit einem biochemisch tumorfreien 5-Jahres-Überleben von 58,9 %
[70]. Die Komplikationsraten sind in dieser Situation höher als bei der nativen Ablation.
In der letzten Aufarbeitung der Datenbank des COLD-Registers betrug die Inkontinenzrate
1,6 % nach fokaler Ablation versus 12,3 % nach Ablation in der Salvage-Situation [68].
Als innovative Ansätze gibt es erste Daten zur MR-gesteuerten Kryoablation der Prostata.
So berichtete Gangi et al. über 11 Patienten mit MR-gesteuerter Kryoablation der gesamten
Prostata. Bei einem technischen Erfolg bei 10/11 Patienten kam es zu einer major-Komplikation
mit einer spontan ausheilenden rekto-urethralen Fistel [71]. Bomers et al. berichteten Ähnliches über die fokale MR-gesteuerte Kryoablation
beim Rezidiv nach Strahlentherapie des Prostatakarzinoms. Eine aktuelle Arbeit zur
MR-gesteuerten Kryoablation bei Rezidiv nach Strahlentherapie bei 47 Patienten zeigt
nach 12 Monaten nur bei 24 (51 %) der Patienten eine Kontrolle der Erkrankung, während
bei den verbliebenen 23 Patienten residuelle oder rezidivierende Tumore nachweisbar
waren [72]. Erste Daten zum Einsatz der fokalen MR-gesteuerten Kryoablation als Primärtherapie
bei Patienten mit niedrigem bis mittleren Risiko zeigte bei 10 Patienten eine 100 %
technische Erfolgsrate und bei 9/10 Patienten einen primären klinischen Erfolg ([Abb. 1]). Bei 1 Patienten wurde eine Re-Intervention bei initial inkompletter Ablation erforderlich
[73].
Sonstige
Im onkologischen Feld wurde die Kryoablation auch erfolgreich zur Behandlung von Malignomen
der Nebenniere oder im Kopf-Hals-Bereich beschrieben [74]
[75]. Insbesondere in palliativer Indikation ist die niedrige Morbidität ein indikationsbestimmender
Vorteil lokal-ablativer Therapien.
Besondere Beachtung verdient die Kryoablation der Bauchspeicheldrüse. Dieses Organ
stellt aufgrund spezifischer und sehr schwerwiegender Komplikationsrisiken eine besondere
Herausforderung dar. Die Kryoablation, mit dem Effekt der erhaltenen Fibroblasten
und damit Bindegewebsstrukturen, bietet hier zumindest theoretisch einen Vorteil gegenüber
anderen ablativen Techniken. Die erste klinische Fallserie zur pankreatischen Kryoablation
wurde bereits 1991 veröffentlicht [76]. Seither wurden zahlreiche Berichte hierzu publiziert. Niu et al. berichten beispielsweise
in einer retrospektiven Serie über 32 Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom
ein 1-Jahres-Gesamtüberleben von 59,7 % nach Kryoablation des Pankreas. Besonders
bedeutsam sind die positiven Nebeneffekte wie eine Reduktion der Schmerzmedikation
(22/32) oder Verbesserung des Karnofsky-Index (16/32) [77]. Eine aktuelle Übersicht stellt den derzeitigen Stand der Kryotherapie der Bauchspeicheldrüse
bei allerdings kleinen klinischen Fallserien als beachtenswerte Therapieoption dar
[78].
Jenseits der vorstehend beschriebenen onkologischen Anwendungen ist die Kryotherapie
auch zur erfolgreichen Behandlung zahlreicher benigner Entitäten beschrieben. So ist
die Kryoablation beispielsweise in der Behandlung des Osteoid Osteoms ähnlich erfolgreich
wie andere perkutane Ablationstechniken mit einem klinischen Erfolg von 90,5 % bis
100 % ([Abb. 3a – c]) [79]
[80]. Fallserien berichten auch über die erfolgreiche Behandlung von schmerzhaften Läsionen
wie Morton Neuromen oder Neuromen nach Amputation [81]
[82]. Als neuere Anwendung ist Kryotherapie als Monotherapie oder Teil einer Kombinationstherapie
zur Behandlung von Gefäßmalformationen zu erwähnen [83]
[84]. Die Wertigkeit der zuletzt genannten Indikationen der Kryotherapie bleibt derzeit
noch offen, da bisher nur Fallserien niedriger Qualität berichtet wurden. Das große
Potenzial dieser Behandlungsform außerhalb typisch onkologischer Anwendungen wird
daran jedoch deutlich.
Abb. 3 Eine 29-jährige Patientin mit dem typischen klinischen und CT-morphologischen Befund
eines Osteoid Osteom am rechten Tibia (BA) wurde mittels Kryoablation behandelt. Hierzu
erfolgte eine CT-gesteuerte Anbohrung des Befundes und die Platzierung einer Kryotherapiesonde
b. Bereits unmittelbar nach der Therapie war die Patientin beschwerdefrei. Die MRT
am zweiten postinterventionellen Tag c zeigte keinerlei Kontrastmittelaufnahme im Nidus (Pfeil), jedoch eine lokale Periost-
und Weichteilreaktion mit Kontrastmittelaufnahme im Randbereich der Ablationszone
(Pfeilspitzen).
Perspektiven
Immunoablation
Seit Immuntherapeutika Eingang in die Routinetherapie verschiedener Malignome gefunden
haben, besteht ein starkes Interesse an den seit langem bekannten immunmodulierenden
Effekten der Kryoablation. Diese gehen letzten Endes darauf zurück, dass nach einer
lokalen Ablation antigenes Material im Körper verbleibt. Nekrotisches Gewebe setzt
sogenannte „Damage Associated Molecular Patterns“ (DAMPs) frei. Dabei handelt es sich
unter anderem um Hitze-Schock-Proteine, S100-Proteine, nicht-proteinische Komponenten
oder Nukleinsäuren. Über dendritische Zellen, die diese DAMPs phagozytieren, werden
verschiedene Pfade zur Immunstimulation aktiviert. Von einigen Autoren wird dies auch
als in-vivo-Impfung dendritischer Zellen bezeichnet [85]. Dabei zeigt die Kryoablation die stärkste immunstimulierende Antwort, wie an Interleukinen
oder Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) abgelesen werden kann [86]. Allerdings kommt es über die ebenfalls hervorgerufene Apoptose auch zu immunsupprimierenden
Wirkungen [87].
Verschiedene Kombinationen aus Kryoablation und Immuntherapie wurden bereits experimentell
untersucht. So konnte bei Melanomen im Mausmodell gezeigt werden, dass die Kombination
von Kryotherapie und CpG-B-Oligodeoxynukleotiden zu einer signifikant effektiveren
Tumorkontrolle und sogar zu einer Regression sekundärer Tumore führt im Vergleich
zur jeder Monotherapie [85]. Ähnliches konnte auch für die Kombination von Kryoablation mit Imiquimod, einem
TLR7-Agonisten und Stimulator dendritischer Zellen, gezeigt werden [88]. Auch die Kombination von Antikörpern gegen CTLA-4 und Kryoablation verstärken das
Behandlungsergebnis [89]. Bei kolorektalem Karzinom im Mausmodell konnte ein Überlebensvorteil durch eine
Kombination aus Kryotherapie und Cyclophosphamid gezeigt werden. Dabei kam es zu einer
Unterdrückung regulatorischer T-Zellen, während tumorspezifische T-Zellen vermehrt
nachweisbar waren [90]. Auch die Kombination von Kryoablation und anti-CTD25-Antikörpern hat einen synergistischen
Effekt, der sich in verlängertem Überleben im Tier äußert [89].
Erste klinische Daten zur Kryo-Immuntherapie des Pankreaskarzinoms sind vielversprechend
[91]. Die Untersuchung dieser Effekte und vor allem die Translation in die Klinik stellen
wichtige Herausforderungen für die nahe Zukunft der lokalen Ablation dar.
Kombinationstherapie
Aufgrund der zur Peripherie hin abnehmenden Effektivität der Kryotherapie mit nur
partieller Zelldestruktion im Bereich zwischen -20 bis 0 °C, bei hier gleichzeitig
stattfindenden reparativen Prozessen mit Hyperämie und Inflammation, ist dies die
ideale Zielregion für Kombinationstherapien. Hierzu liegen bisher nur sehr wenige
Daten vor. Untersucht wurde in verschiedenen experimentellen Ansätzen die Kombination
aus Kryotherapie und systemischer Chemotherapie. Dabei zeigte sich für verschiedene
Substanzen, z. B. für Cyclophosphamid oder 5-Fluorouracil, ein Kombinationseffekt
im Sinne eines verbesserten Überlebens im Tiermodell [90]
[92]. Bei synchronisierter Gabe konnte im Gegensatz zur präinterventionellen Gabe für
Peplomycin und Bleomycin ein „Trapping“ der Substanz in der Kryoläsion gezeigt werden
[93]
[94]. Auch eine Kombinationstherapie ähnlich einer Elektrochemotherapie scheint möglich,
da eine lokale Kryoablation bei Melanomzellen zu einer Erhöhung der Permeabilität
der Zellwände für Bleomycin führt [95].
Klinisch konnte in einer Fallserie für das metastasierte kolorektale Karzinom ein
Überlebensvorteil mit einer Kombination aus Kryotherapie und Chemotherapie gegenüber
der Chemotherapie alleine gezeigt werden [96].
Die Kombination mit transarteriellen Techniken ist nur unzureichend untersucht. Eine
große Serie zur Kryotherapie kolorektaler Lebermetastasen kombinierte bei 280 von
526 mittels Kryotherapie behandelten Patienten mit Lebermetastasen kolorektaler Tumore
die Kryotherapie mit der TACE. Die lokale Progressionsrate nach 32 Monaten lag bei
6,4 % [97]. Weitere ermutigende Berichte liegen zur Kombinationstherapie von Sarkomen vor [98]. Obwohl diese Kombinationstherapie nach den Erfahrungen mit hyperthermen Ablationstechniken
eine naheliegende Kombination ist, sind die Daten zur Beurteilung dieser Therapien
unzureichend.
Die Kryotherapie hat auch das Potenzial, die Radiosensitivität von verschiedenen Geweben
zu erhöhen. Aus in-vitro-Versuchen ist dies seit längerem bekannt [99] und wurde in kleinen Fallserien auch für das Pankreas- und Bronchialkarzinom klinisch
bestätigt [100]
[101].