Key words
prostate artery embolization - benign prostate syndrome - lower urinary tract symptoms
Einleitung
Die Prostataarterienembolisation (PAE) ist ein neues Embolisationsverfahren zur Behandlung
des benignen Prostatasyndroms (BPS), welches 2010 in einer Fallbeschreibung von 2
Patientenbehandlungen in der interventionsradiologischen Gemeinschaft vorgestellt
worden ist [1]. Es handelte sich in erster Linie um ein „Proof-of-Principle“, welches sogleich
zu einem enormen Interesse an dieser neuen minimal-invasiven Methode von Seiten der
Interventionsradiologen und auch auf Seiten der betroffenen Patienten geführt hat.
BPS – Ätiologie, Klinik, medikamentöse und chirurgische Therapie
BPS – Ätiologie, Klinik, medikamentöse und chirurgische Therapie
Das benigne Prostatasyndrom (BPS) beschreibt Symptome, die aus Beschwerden des unteren
Harntrakts (lower urinary tract symptoms – LUTS) und einer Harnabflussstörung aus
der Blase (bladder outlet obstruction – BOO) bestehen [2]. Die Harnabflussstörung wiederum wird durch eine benigne Prostatavergrößerung (Benigne
Prostatahyperplase – BPH) verursacht. Die BPH ist streng genommen eine histologische
Diagnose, die mit einer Proliferation von stromalen und epithelialen Zellen einhergeht
[2]
[3]. Die erhöhte Proliferation von stromalen und epithelialen Zellen führt in Kombination
mit dem verminderten programmierten Zelltod sowohl zu einer fibroadenomatösen Hyperplasie
als auch zu einer Vermehrung des Drüsengewebes [2]
[3]. Diese Zellproliferation wird von Androgenen, Östrogenen und Wachstumsfaktoren reguliert.
Das wichtigste Androgen ist Testosteron, welches in der Prostata durch den Typ-II-5α-Reduktase
fast vollständig zum biologisch aktiveren Dihydrotestosteron (DHT) umgewandelt wird
[4]. Typ-II-5α-Reduktase spielt des Weiteren eine wichtige Rolle in der Entwicklung
einer Hyperplasie [4]
[5].
Die Größe der Prostata und die Beschwerdesymptomatik korrelieren nicht zwingend miteinander.
Die Beschwerden im Rahmen eines BPS können zwischen obstruktiven Symptomen (Entleerungsphase)
und irritativen Miktionsbeschwerden (Speicherphase) unterschieden werden [2]. Zu den Symptomen der Entleerungsphase gehören verzögerter Miktionsbeginn und verlängerte
Miktionszeit sowie Abschwächung des Harnstrahls und gefühlte unvollständige Blasenentleerung
[2]. Als Symptome der Speicherphase sind vermehrte Nykturie, häufige Miktion mit kleinen
Harnmengen, unwillkürlicher Harndrang sowie Dysurie zu nennen [2].
Die Indikation zur Therapie des BPS wird über die Beschwerdesymptomatik und die Stärke
der eingeschränkten Lebensqualität gestellt. Grundlage bildet die medikamentöse Therapie
mit α1-Adrenorezeptor-Antagonisten (z. B. Tamsulosin, Alfuzosin), welche eine Relaxation
der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Prostata und der Urethra verursachen
[2]. Alternativ bzw. zusätzlich können 5α–Reduktasehemmer (z. B. Finasterid, Dudasterid)
gegeben werden, welche über eine Reduktion der Prostatadrüsen zu einer Rückbildung
des Prostatavolumens führen [2]. Ist die medikamentöse Therapie refraktär kommen chirurgische Therapien in Betracht
[2]. Der Goldstandard hierbei ist die transurethrale Resektion der Prostata (TURP).
Die vergrößerte Transitionalzone wird endoskopisch über die Harnröhre reseziert, wobei
der Sphinkter und der Samenhügel (Colliculus seminalis) erhalten bleiben. Mittels
monopolarem oder bipolarem Strom werden die vergrößerte Prostata schichtweise reseziert
und etwaige Blutungen gestillt. Alternativen zur TURP sind die Lasertherapieverfahren
wie HoLEP (Holium-Laser-Enukleation der Prostata) oder die photoselektvie Vaporisation
der Prostata (PVP) mit einem GreenLight-Laser. Diese Therapien sind optimal einsetzbar
für Drüsen ≤ 80 ml. Für größere Drüsen wird häufig die offene Prostataadenomenukleation
durchgeführt. Die PAE als Alternative zu den chirurgischen Verfahren kann unabhängig
von der Prostatagröße durchgeführt werden.
Rationale/Wirkungsmechanismen der PAE
Rationale/Wirkungsmechanismen der PAE
Der Effekt der PAE beruht auf mehreren Wirkmechanismen. Durch die Embolisation kommt
es zur Verlegung von intraprostatischen Gefäßen und präkapillaren Arteriolen. Diese
führt zur irreversiblen Ischämie. Anschließend wird über eine inflammatorische Reaktion
und Ödembildung eine weitestgehend komplette Anoxie generiert. Nach Resorption der
Ödemkomponente und Organisation mit Narbenbildung setzt der Schrumpfungsprozess ein.
Gleichzeitig wird der intraprostatische Testosteronspiegel gesenkt und konvertiertes,
biochemisch hochaktives Dihydrotestosteron (DHT) reduziert. Beide Effekte sind ursächlich
für die Schrumpfung der Prostata [6]. Um diese Effekte optimal zu gestalten, ist die Wahl der adäquaten Embolisationspartikelgröße
essentiell. Einerseits soll eine zu tiefe Penetration mit Gefahr der Urethranekrose
und andererseits eine zu weit proximale Embolisation vermieden werden. Die erfolgreiche
Embolisation führt zusätzlich über eine Destruktion der intraprostatischen Nervenenden
zu einer Reduktion der α1-adrenergen Rezeptorendichte, welche zu einer Entspannung
der glatten Muskelzellen führt [7]. Die Dichte der α1-adrenergen Rezeptoren liegt bei der BPH ca. 6-fach über der in
der normalen Prostata [8]. Dadurch kommt es zu einem erhöhten Tonus der glatten Muskelzellen innerhalb des
Blasenhalses mit Beeinflussung des Blasenabstroms in die Urethra. Die Expression dieser
Rezeptoren bricht nach der Embolisation deutlich ein und führt daher zur Tonussenkung.
Dies erklärt möglicherweise die berichteten frühen klinischen Erfolge nach PAE, bei
denen eine nennenswerte Reduktion des Prostatavolumens noch im Hintergrund stehen
muss [9]
[10].
Patientenauswahl
Wichtige diagnostische Prädiktoren für die Einschätzung einer symptomatischen BPS
sind das Alter (≥ 60 Jahre), urodynamische Untersuchungen einschließlich maximaler
Harnstrahl (Qmax, Uroflowmetrie), Restharnvolumen (PVR, postvoid residual volume) sowie die Bestimmung
des Prostatavolumens mittels transrektalem Ultraschall (TRUS). Der Schweregrad der
durch die BPH hervorgerufenen Symptome des Patienten lassen sich am besten mit dem
International-Prostate-Symptom-Score (IPSS) -Fragebogen erfassen, welcher 7 Fragen
zur Symptomatik der BPH beinhaltet. Zusätzlich wird auf dem IPSS-Fragebogen eine Frage
zur Lebensqualität (Quality-of-Life – QoL) erhoben. Für die Symptome werden jeweils
0 bis 5 Punkte (0 = keine bis 5 = schwere Symptome) vergeben. Es können maximal 35
Punkte erreicht werden. Nach dieser Selbsteinschätzung des Patienten entspricht ein
Gesamtpunktwert < 8 nur einer geringen Symptomatik, 8 – 19 einer mittleren und 20 – 35
einer schweren Symptomatik. Der PSA-Wert muss bezüglich des Risikos eines zusätzlich
vorliegenden Prostatakarzinoms bewertet werden, da eine BPH per se auch zu einer Erhöhung
des PSA-Wertes führen kann. Bei Verdacht auf eine stauungsbedingte Niereninsuffizienz
muss für die Einschätzung der BPH auch ein Serum-Kreatinin mitberücksichtigt werden.
Zur Indikationsstellung der PAE ist daher die Zusammenarbeit mit der Urologie essentiell.
Die Voraussetzungen für eine PAE sind in [Tab. 1] und die Kontraindikationen in [Tab. 2] zusammengefasst.
Tab. 1
Voraussetzungen für eine Prostataarterienembolisation.
|
Prostata Vol. > 30 ml
|
|
IPSS: ≥ 18
|
|
QoL: ≥ 3
|
|
IEFF: nur Monitoring
|
|
Qmax: ≤ 15 ml/s bei Miktionsvolumen min.150 ml
|
|
Restharnvolumen: nur Monitoring, keine Ober- oder Untergrenze
|
Tab. 2
Kontraindikationen für eine Prostataarterienembolisation.
|
Prostata-Karzinom
|
|
große Harnblasendivertikel oder Blasenkonkremente (relativ)
|
|
akute Infektionen (Prostatitis, Urethritis)
|
|
Urethrastrikturen
|
|
neurogene Blasenstörung
|
|
ausgeprägte Arteriosklerose (relativ)
|
|
Niereninsuffizienz (eGFR < 60 ml/min.)
|
Unter Berücksichtigung, dass die symptomatische BPH im Regelfall erst in der 6. bis
7. Lebensdekade bei Männern auftritt, handelt es sich um eine Altersgruppe, bei welcher
sehr häufig Komorbiditäten vorhanden sind, sodass die urologisch-chirurgischen Methoden
mit einem erhöhten Risiko verbunden sind. Hierbei ist vor allem das postoperative
Blutungsrisiko zu nennen [11]. Bei Patienten mit einer dauerhaften Antikoagulation, wie z. B. einer dualen Plättchenhemmung
oder Phenprocoumon (Marcumar®) -Therapie nach Schlaganfall, Herzinfarkt oder bei Trägern von kardiovaskulären Implantaten,
besteht ein sehr hohes postoperatives Blutungsrisiko bei den klassischen urologisch-operativen
Behandlungskonzepten. Auch bei Patienten mit einem Prostatavolumen > 65 ml ist die
PAE durchaus eine Alternative zur TURP oder der offenen Prostataenukleation, da insbesondere
bei größeren Prostatavolumina die Komplikationsrate urologisch-operativer Verfahren
mit urogenitalen Infektionen oder postoperativen Blutungen deutlich zunimmt. Insbesondere
jüngere, sexuell aktive Patienten fürchten eine retrograde Ejakulation. Diese kann
in über 75 % der Patienten als normale Folge nach TURP auftreten. Die häufig erwähnte
Komplikation der Erektionsstörung nach OP ist hingegen mit 0,5 – 1 % eher selten.
Ebenso gefürchtet ist jedoch die Komplikation der Harninkontinenz, sodass auch für
diese Patientengruppe die PAE eine gute Alternative zu den operativen Standardverfahren
darstellt. In unserer mehrjährigen Praxis der PAE haben wir in enger Zusammenarbeit
mit der Urologie Indikationen herausgearbeitet, bei denen wir inzwischen die PAE als
Behandlungsmethode der ersten Wahl anwenden ([Tab. 3]).
Tab. 3
Indikationen für eine Prostataarterienembolisation.
|
Patienten mit besonderen OP/Narkose-Risiken (Z. n. Myokardinfarkt, Antikoagulatiion)
|
|
sexuell aktive Männer (Risiko der retrograden Ejakulation bei Standard-Verfahren)
|
|
Prostata-Vol. > 65 ml (Alternative zur offenen Prostataadenomektomie)
|
|
refraktäre BPS-Medikation
|
|
permanenter Blasenkatheter
|
|
rezidivierende BPH-bedingte Blutungen
|
Technik
Die PAE erfolgt in Lokalanästhesie an der inguinalen Punktionsstelle. Eine zusätzliche
intravenöse Schmerzmedikation ist in der Regel nicht notwendig. Des Weiteren sollte
bei den Patienten ein Blasenkatheter gelegt werden. Dieser dient einerseits zur Orientierung
während der PAE und erleichtert zudem den Eingriff für den Patienten erheblich, da
hierüber ein ungehinderter Harnfluss möglich ist.
Im Folgenden wird schrittweise das standardisierte Verfahren der PAE, wie es bei uns
in der interventionellen Radiologie praktiziert wird, beschrieben. Begonnen wird mit
der retrograden Punktion der rechten A. femoralis communis und Einlage einer kurzen
5F-Schleuse. Es wird grundsätzlich eine beidseitige Embolisation der Aa. prostaticae
angestrebt. Um die anatomischen Gefäßverhältnisse und hier insbesondere den Abgang
der Aa. prostaticae beidseits zu identifizieren, ist die Anfertigung einer arteriellen
Rotations-CT-Angiografie (cone-beam-CT) empfehlenswert. Hierzu wird als erstes ein
Pigtail- oder RIM-Angiografiekatheter über die Schleuse eingeführt. Die Katheterspitze
sollte oberhalb der Bifurkation der A. iliaca communes in der distalen Aorta abdominalis
positioniert werden, da sich bei dieser Positionierung zuverlässig auch atypische
Abgänge der A. prostatica detektieren lassen ([Abb. 1]). Es erfolgt eine Anfertigung der Rotations-CT-Angiografie der Beckenarterien mit
insgesamt 90 ml eines Kontrastmittel-/Na-Cl-Gemischs (60 %/40 %), einer Injektionsrate
von 8 ml/s und einer Röntgenverzögerung von 7 s unter Verwendung von vorgewärmtem
Kontrastmittel mit einer Jodkonzentration von 250 mg/ml. Wenn eine Rotationsangiografie
mit einer gesamten Detektorbreite von 30 – 40 cm zur Verfügung steht, lassen sich
die Aa. iliacae interna (AII) mit ihren Ästen beidseits vollständig abbilden. Falls
dies technisch nicht möglich ist, kann eine Rotations-CT-Angiografie über die Positionierung
des Führungskatheters in der jeweiligen linken und rechten A. iliaca interna seitengetrennt
durchgeführt werden. Für den Behandlungserfolg ist es unerheblich, mit welcher Seite
der Eingriff begonnen wird. Routinemäßig beginnen wir mit der Sondierung der linken
A. iliaca interna mit einem 4F-RIM-Katheter (z. B. Merit Medical, Salt Lake City,
USA) als Führungskatheter. Alternativ kann auch ein 5F-„Roberts-Uterine"-Katheter
(z. B. Cook, Bloomington, IN), ein 5F-Sidewinder-Katheter oder ein speziell für die
PAE entwickelter „Pisco-Prostatic“-Katheter (z. B. Merit Medical, Salt Lake City,
USA) eingesetzt werden. Es muss dabei jedoch beachtet werden, dass diese beiden alternativen
Sondierungskatheter für die zweckmäßige Verwendung erst über die Beckenachse konfiguriert
werden müssen, wozu ohnehin ein Cross-over-Manöver erforderlich ist. Falls das Cross-over-Manöver
erfolglos sein sollte, kann alternativ auch unmittelbar auf der kontralateralen Seite
ein zweiter Zugangsweg geschaffen werden, um einen erneuten Sondierungsversuch der
dann ipsilateralen AII zu unternehmen.
Abb. 1 Seltene Variante des Abgangs der A. obturatoria mit A. prostatica (PA) aus der A.
iliaca externa; dargestellt im cone-beam-CT a und in der Übersichtsangiografie b. Selektive Sondierung und Darstellung der distalen A. prostatica mit Kontrastierung
des Prostataparenchyms pa c und Abschlussaufnahme nach erfolgreicher Embolisation der A. prostatica d.
Unter Zuhilfenahme und Abgleich der 3D-Rekonstruktion als Maximum-Intensity-Projections
(MIP) der Rotations-CT-Angiografie wird der Abgang der A. prostatica identifiziert
und die optimale Angulation für die spätere Sondierung bestimmt ([Abb. 2], [3]). Alternativ kann auch eine manuelle Übersichtsangiografie mit einer ipsilateralen
Ausrichtung des Detektors von 30 – 40° oblique und einer kaudokranialen Angulation
von 10 – 15° zur Identifikation der A. prostatica erfolgen ([Abb. 4]). Anschließend wird ein Mikrokatheter in Koaxialtechnik eingeführt. Als Standard-Mikrokatheter
verwenden wir den 2.7F-Progreat-α (Terumo, Tokyo, Japan) -Katheter. Alternativ kann
auch ein 2.0F-Progreat-α (Terumo, Tokyo, Japan) mit einem 0.014 Inch-Cirrus-Führungsdraht
(Cook, Bloomington, IN, USA) verwendet werden. Die A. prostatica weist einen mittleren
Durchmesser von 0,9 mm (range 0,5 – 1,5 mm) auf und entspringt meistens aus der A.
pudenda interna oder aus einem gemeinsamen Abgang mit der A. vesicalis superior [12]
[13]. Die genauen anatomischen Verhältnisse und Gefäßvariationen werden unten näher erklärt.
Abb. 2 Abgang der A. prostatica (PA) aus der A. pudenda interna; dargestellt im cone-beam-CT
als MIP a und korrespondierend in der Übersichtsangiografie b. Selektive Sondierung und Darstellung der distalen A. prostatica mit Kontrastierung
des Prostataparenchyms pa c und Abschlussaufnahme nach erfolgreicher Embolisation („flow-stop“) der A. prostatica
d.
Abb. 3 Abgang der A. prostatica (PA) aus der A. glutea superior; dargestellt im cone-beam-CT
als MIP a und die korrespondierende Übersichtsangiografie b. Selektive Sondierung und Darstellung der distalen A. prostatica mit Kontrastierung
des Prostataparenchyms pa c und Abschlussaufnahme nach erfolgreicher Embolisation der A. prostatica d.
Abb. 4 Übersichtsangiografie der Äste der A. iliaca interna mit Abgang der A. prostatica
(PA) aus dem anterioren Bündel.
Es ist essentiell, die A. prostatica superselektiv mit dem Mikrokatheter zu sondieren.
In der Regel wird die Prostata von einer Seite nur durch einen Hauptast der A. prostatica
versorgt. Unmittelbar vor der Prostata teilt sich die A. prostatica in einen kranialen
Ast zur Versorgung der zentralen Drüsenanteile und einen lateralen Ast zur Versorgung
der peripheren Zone ([Abb. 5]). Beachtet werden sollte auch, dass die Rami uretrales und capsulares zwangsweise
mit embolisiert werden. Eine Embolisation der A. vesicalis inferior, welche Äste zu
den Samenbläschen und Blasenwand abgibt, sollte vermieden werden.
Abb. 5 A. prostatica mit 2 kranialen Ästen zur Versorgung der zentralen Anteile der Prostata
und einem lateralen Ast zur vorwiegenden Versorgung der peripheren Zone.
Abweichend zu der in der Literatur häufig angegebenen Embolisation mit Mikrosphären
mit 150 – 250 µm Polyvinyl-Alcohol (PVA) -Partikeln (Cook, Bloomington, IN, USA),
mit einer Größe von 300 – 500 µm (Embosphere 300 – 500 µm, Merit Medical, Salt Lake
City, USA) [11] oder der Technik der Embolisation von mehreren Katheterpositionen (PErFecTED-Methode)
[14], favorisieren wir eine Technik mit einer Katheterposition mit kleinen biokompatiblen
250 µm Embozene-Mikrosphären (Boston Scientifics, Natick, MA, USA). Die Embozene-Mikrosphären
werden in Abhängigkeit des verwendeten Kontrastmittels in einem genau definierten
Verhältnis gemischt, sodass die Mikrosphären möglichst lange in Suspension bleiben
und nicht sedimentieren. Für eine vollständige unilaterale Embolisation der A. prostatica
werden im Allgemeinen weniger als 0,5 ml der Mikrosphären benötigt (im Gemisch mit
dem Kontrastmittel entsprechend mehr). Das Endziel der Embolisation ist mit dem „flow-stop“
des Mikrosphären-Kontrastmittel-Gemisches erreicht. Jeglicher Reflux sollte vermieden
werden. Als Erfolgskontrolle wird der Mikrokatheter etwas in der A. prostatica zurückgezogen
und eine Kontrollangiografie mittels manueller Kontrastmittelinjektion über eine 1ml-Spritze
durchgeführt. Diese Angiografie sollte mit möglichst wenig Druck und langsam erfolgen
(manuelle Injektionsrate ca. 0,2 ml/Sek.). Nach Abschluss der Embolisation auf der
kontralateralen Seite erfolgt die Entfernung des Mikrokatheters und die Sondierung
der ipsilateralen AII mit dem RIM-Katheter. Anschließend wird die PAE auf der ipsilateralen
Seite in gleicher Weise wie zuvor beschrieben wiederholt. Der Embolisationsvorgang
selbst ist bei der von uns präferierten Embolisationstechnik sehr kurzweilig. Der
Sondierungsvorgang der A. prostatica hingegen kann in Abhängigkeit von den anatomischen
Gefäßvariationen mit elongierten Iliakalarterien und arteriosklerotisch veränderten
Gefäßen mit Kinking oder Abgangsstenosen der A. prostatica sehr zeitaufwendig sein
([Abb. 6]). Es muss beachtet werden, dass die Durchleuchtungszeiten insbesondere in der Etablierungsphase
der PAE in Einzelfällen 60 Minuten übersteigen können. Aus unserer Erfahrung nehmen
die Durchleuchtungszeiten jedoch mit zunehmender Erfahrung deutlich ab.
Abb. 6 Hochgradig stenosierter gemeinsamer Abgang (Pfeil) der A. prostatica (PA) mit A.
vesicalis superior et inferior.
Anatomie der Prostataarterien
Anatomie der Prostataarterien
Orientiert man sich an den anatomischen Lehrbüchern mit Darstellung der Abgänge der
einzelnen Äste aus der AII, so kann der im deutschsprachigen Raum angewendete Merkspruch
aus dem Anatomieunterricht für die Gefäßabgänge der AII des weiblichen Beckens auch
auf das männliche Becken analog angewendet werden („Ingo saß Glut-glühend oben, um
sich Blase, Prostata und Rektum zu pudern.“) ([Tab. 4]). Danach entspringt die A. prostatica regelhaft als 9. Ast gemeinsam mit der A.
vesicalis superior aus der AII. Nach ihrem Abgang verläuft die A. prostatica schräg
nach kaudal und erreicht unterhalb der Blase anterio-medial die Prostata. In ihrem
Verlauf können regelhaft Äste zu den Samenbläschen und auch zur Basis der Harnblase
abgehen, zumal regelmäßig ein gemeinsamer Abgang von A. vesicalis sup. et inf. und
A. prostatica vorkommt. Die anatomischen Verhältnisse der arteriellen Äste aus AII
sind in [Abb. 7] schematisch dargestellt. Es handelt sich allerdings um eine sehr idealisierte Darstellung.
Bilhim et al. haben die anatomischen Variationen anhand von 75 Patienten vor PAE mittels
Angio-CT und der unmittelbar vor PAE durchgeführten Angiografie analysiert [15]. Der häufigste Abgang der A. prostatica konnte im mittleren Drittel der A. pudenda
interna mit 34 % beobachtet werden ([Abb. 2]). Ein gemeinsamer Abgang der A. prostatica mit der A. vesicalis superior wurde in
nur 20 % beobachtet ([Abb. 6]). Es muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass die bisher vorliegenden Auswertungen
und Erfahrungen nur auf relativ kleinen Patientenzahlen beruhen. Somit dient der Merkspruch
nur einer ganz groben Orientierung zum Auffinden der A. prostatica. Eine wichtige
Beobachtung ist auch, dass pro Beckenseite in 43 % der Fälle 2 unabhängige Aa. prostaticae
beobachtet worden sind [15]. Im Mittel wurden bei dem kleinen Kollektiv 2,9 ± 0,9 Aa. prostaticae pro Patient
identifiziert. Nach unserer Erfahrung lassen sich bei ca. einem Drittel aller Patienten
kleine Anastomosen oder Kollateralgefäße von der A. prostatica zur A. rectalis media,
A. pudenda interna oder A. vesicalis inferior feststellen ([Abb. 8]). In Abhängigkeit von der Ausprägung empfiehlt es sich zur Embolisation entweder
eine etwas distalere Katheterposition oder größere Mikrosphären zu wählen. Bei ausgeprägten
Anastomosen z. B. zur Blasenhinterwand verwenden wir 400 µm anstelle von 250 µm Mikrosphären.
Bei 20 % aller Patienten sind auch Anastomosen zur Gegenseite der Prostata zu beobachten
([Abb. 9]). Dies scheint auch ein Grund dafür zu sein, dass in vielen Fällen eine einseitige
PAE auch zu guten klinischen Ergebnissen führt [11].
Tab. 4
Anatomie-Merkspruch für die arteriellen Abgänge aus der A. iliaca interna angepasst
für die Beckenarterien des Mannes (Nummerierung siehe [Abb. 7]).
|
Ingo
|
1
|
A. iliolumbalis
|
|
saß
|
2
|
A. sacralis interna
|
|
Glut
|
3
|
A. glutaea superior
|
|
glühend
|
4
|
A. glutea inferior
|
|
oben,
|
5
|
A. obturatoria
|
|
um
|
6
|
A. umbilicalis
|
|
sich
|
7
|
A. vesicalis sup.
|
|
Blase,
|
8
|
A. vesicalis inf.
|
|
Prostata und
|
9
|
A. prostatica
|
|
Rectum zu
|
10
|
A. rectalis media
|
|
pudern
|
11
|
A. pudenda interna
|
Abb. 7 Schematische Darstellung der abgehenden arteriellen Äste aus der A. iliaca interna:
1: A. iliolumbalis, 2: A. sacralis interna, 3: glutea superior, 4: A. glutea inferior,
5: A. obturatoria, 6: A. umbilicalis, 7: A. vesicalis superior, 8: A. vesicalis inferior,
9: A. prostatica, 10: A. rectalis superior, 11: A. pudenda interna, 12: A. rectalis
inferior, 13: A. perinealis, 14: A. dorsalis penis
Abb. 8 Kollaterale der A. prostatica mit der A. pudenda interna a. Nach supraselektiver Sondierung des Kollateralgefäßes b und nochmaliger Kontrolle in optimierter Angulierung c erfolgte die Platzierung eines Mikrocoils d.
Abb. 9 Kräftige Kollaterale des lateralen Astes der A. prostatica zum Anus (Pfeil in a). Nach Platzierung eines Coils im lateralen Ast (Pfeil) Darstellung kräftiger Kollaterale
der ipsilateralen A. prostatica zur Gegenseite und Kontrastierung der gesamten Prostata
b. Abschlussaufnahme nach erfolgreicher Embolisation der A. prostatica c.
Patientenmanagement
Unsere Patienten erhalten am Vorabend oder Morgen der Intervention eine Einmalgabe
eines Antibiotikums (z. B. 500 mg Cirbofloxacin po) in Kombination mit einem nicht
steroidalen Antirheumatikum in antiphlogistischer Konzentration (z. B. 800 mg Ibuprofen
po) und 40 mg Omeprazol po als Prämedikation. Bei Vorliegen einer Unverträglichkeit
gegenüber jodhaltigen Kontrastmitteln erfolgt auf Station eine Prämedikation. Im Allgemeinen
haben die Patienten während oder nach der PAE keine Schmerzen. Als Bedarfsmedikation
können bei Auftreten eines Postembolisationssyndroms 40 Tropfen Novalgin® (Metamizol) oder bei starken Schmerzen 2×1 Tablette 10/5 mg Targin® retard (Oxycodon+Naloxon) po verabreicht werden. Bei Übelkeit und Erbrechen können
1 mg Granisetron in 100 ml isotonem NaCl als Kurzinfusion i. v. oder 3×30 Tropfen
Metoclopramid verabreicht werden. Nach der Intervention sollte die Antibiotika- und
antiphlogistische Therapie für weitere 10 Tage fortgeführt werden (z. B. 2× täglich
250 mg Ciprofloxacin + 800 mg Ibuprofen + 40 mg Omeprazol). Ein Schrumpfungseffekt
stellt sich ab etwa 1 Monat nach der Embolisation ein. Da der Effekt der Tonuserniedrigung
der glatten Muskulatur bei einigen Patienten unzureichend ist, empfehlen wir die Fortführung
der BPS-Medikation für einen Monat. In Absprache mit dem behandelnden Urologen kann
diese dann abgesetzt werden. Während des Aufklärungsgesprächs sollte der Patient explizit
auf die Neuheit des Verfahrens und fehlende Langzeitergebnisse hingewiesen werden.
Aus diesem Grund sollten die Patienten idealerweise unter Studienbedingungen untersucht
und therapiert werden. Aus unserer Sicht beinhaltet dies auch eine Nachkontrolle der
Patienten nach 1, 3, 6 und 12 Monaten mit der Erhebung des IPSS, QoL, IIEF, Qmax,
des Residualvolumens, des Prostatavolumens und etwaiger Nebenwirkungen.
Studienergebnisse
In einer aktuellen Metaanalyse wurden 750 Patienten aus insgesamt 13 Studien mit einer
Nachbeobachtungszeit von 3 – 12 Monaten weiterführend ausgewertet [16]. Bei diesen Patienten fand sich im Vergleich zu den Baseline-Werten eine signifikante
Verbesserung der betrachteten Endpunkte [16]. Im Einzelnen verbesserte sich der IPSS um –12,8 Punkte, die QoL um –2,3 Punkte,
der maximale Harnfluss (Qmax) um 5,3 ml/s, das Prostatavolumen um –29,8 ml, das Residualharnvolumen um –66,9 ml,
der International Index for Erectile Function (IIEF) um 1,3 Punkte und der PSA-Wert
um –0,8 ng/ml. Dies entsprach einer prozentualen Verbesserung der Studienpatienten
von 31 %–85 % für IPSS, 29 %–81 % für QoL, 17 %–132 % für Qmax, 5 %–45 % für das Prostatavolumen,
35 %–76 % für das Residualharnvolumen und 0 %–18 % für IIEF [16].
Bisher wurden die Daten von 3 Vergleichsstudien mit insgesamt 297 Patienten veröffentlicht
(149 Patienten in der PAE-Gruppe und 148 Patienten in der Kontrollgruppe TURP bzw.
Offene Adenomektomie) [17]
[18]
[19]. Mit diesen Daten konnte gezeigt werden, dass die Krankenhausaufenthaltsdauer in
der PAE-Gruppe kürzer als in der Kontrollgruppe war (Median 2,5 Tage vs. 4,8 Tage)
bei allerdings etwas längerer Interventionszeit (90 min vs. 62 min in der Kontrollgruppe)
[16]. In der größten Vergleichsstudie mit insgesamt 114 Patienten (Randomisierungsverhältins
1:1) fand sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Werten für
IPSS, QoL, Qmax, Restharnvolumen 6 Monate nach einer PAE bzw. TURP [17]. Entsprechend dem Studienregister „clinicaltrial.gov“ sind aktuell weitere 3 klinische
Studien (NCT01789840, NCT02054013, NCT02566551) mit dem Vergleich PAE versus TURP
aktiv. Eine Studie ist eine nicht randomisierte Multicenterstudie, während 2 Studien
kontrollierte randomisierte single-center-Studien sind. Des Weiteren rekrutiert eine
kontrolliert randomisierte single-center-Studie Patienten für den Vergleich PAE vs.
Placebo und eine weitere kontrolliert randomisierte Multicenterstudie Patienten für
den Vergleich PAE vs. Medikation. Aus diesem Grund sind sicherlich schon bald weitere
belastbare Studiendaten zur Wirksamkeit der PAE zu erwarten. Für die Fragestellungen,
welche Partikel und welche Partikelgröße verwendet werden sollen und welchen Einfluss
das Volumen der Prostata, das Alter und die ein- oder beidseitge Embolisation auf
den Erfolg der PAE haben, existieren ausschließlich nicht randomisierte single-center-Beobachtungsstudien
oder retrospektive Fallkohorten. Es konnte gezeigt werden, dass der klinische Erfolg
der Embolisation der Prostataarterien mit sphärischen Polyvinyl-Alkoholpartikeln (sPVA)
im Vergleich mit nicht sphärischen Polyvinyl-Alkoholpartikeln (nsPVA) eine äquivalente
Effektivität aufzeigt [20]. Hinsichtlich der verwendeten Partikelgröße gingen 100 µm nsPVA im Vergleich mit
200 µm nsPVA mit einer größeren Reduktion des Prostatavolumens und des PSA-Wertes
einher, während 200 µm nsPVA mit einem höheren klinischen Erfolg assoziiert waren
[21]. Der Einfluss der Größe von sPVA auf die Rezidivrate nach 12 Monaten zeigte keinen
Unterschied [22]. Das Volumen der Prostata scheint auf das outcome der PAE keinen Einfluss zu haben,
da zwischen den Gruppen PV < 50 ml, PV 50 – 80 ml und PV > 80 ml keine statistisch
signifikanten Unterschiede für IPSS, QoL und IIEF 6 Monate nach der Therapie bestanden
[23]. Hingegen scheint ein jüngeres Alter (≤ 65 Jahre) und stärker noch die beidseitige
Embolisation der Prostataarterien mit einem besseren klinischen Erfolg assoziiert
zu sein [20].
Komplikationen
Bei der PAE handelt es sich um eine sehr sichere Methode, unter der Voraussetzung,
dass diese technisch als superselektive Embolisationsmethode der A. prostatica durchgeführt
wird. In der Literatur ist bisher nur von einer akzidentellen Embolisation der Blasenhinterwand
bei einer Serie von 89 Patienten berichtet worden, welche zu einer Ischämie mit Blutung
und konsekutiver partieller Resektion der Blasenwand geführt hat [11]. Außer einer potentiellen Fehlembolisation sind jedoch keine Major-Komplikationen
zu erwarten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass unmittelbar vor der Embolisation
die Katheterposition möglichst auf 2 Ebenen angiografisch über den Mikrokatheter kontrolliert
wird. Die Lagebestimmung der Prostata kann mithilfe eines mit Kontrastmittel geblockten
Blasenkatheters erfolgen. Zusätzlich sollte ein Abgleich mit einer aktuellen Prostata-MRT-Untersuchung
erfolgen und dann erst die Embolisation durchgeführt werden. Mit dieser doppelten
Absicherung ist eine Fehlembolisation praktisch ausgeschlossen.
Als Minor-Komplikationen sind in erster Linie typische Komplikationen des endovaskulären
Embolisationseingriffs zu nennen. Die Schmerzsymptomatik ist im Vergleich zur UAE
bei der PAE zu vernachlässigen. Aus eigener Erfahrung, welche auch mit der Literatur
übereinstimmt, berichten einige Patienten innerhalb der ersten 2 Tage nach PAE über
ein leichtes Druckgefühl oder geringe Schmerzen in der Beckenregion mit Ausstrahlung
in den Dammbereich. Diese Beschwerden lassen sich jedoch mit oralen Analgetika gut
beherrschen. Der überwiegende Anteil an Patienten ist jedoch nach PAE vollkommen beschwerdefrei.
Als mögliche Spätkomplikationen haben wenige Patienten bis ca. 1 Monat nach der PAE
eine Blutbeimengung bzw. Koagel in ihrem Ejakulat. Dies ist zumeist ein Embolisationseffekt
durch die beginnende Nekrose der Prostata und ohne wesentlichen Krankheitswert. Selten
kann dies jedoch auch Ausdruck einer Fehlembolisation der Samenbläschen sein. In der
Literatur ist mit 9,4 % (14/149) der akute Harnverhalt eine häufige Komplikation [18]. Bei unseren eigenen Patienten beobachteten wir seit der periinterventionellen Gabe
von nicht steroidalen Antirheumatika in antiphlogistischer Dosierung diese Komplikation
nicht. Weitere, in der Literatur beschriebene Minor-Komplikationen der PAE sind in
absteigender Reihe der Häufigkeit Postembolisationssyndrome (4 %), Hämaturie (3,4 %),
Harninfektionen (2,7 %), Zunahme der Drangsymptomatik (2,0 %), Hämatospermie (0,7 %),
transiente rektale Blutungen (0,7 %), transiente Ischämie des Os pubis (0,7 %) und
transiente pelvine Schmerzen (0,7 %) [16]
[24].