Handchirurgie Scan 2018; 07(03): 205
DOI: 10.1055/a-0644-8952
Aktuell
Nervenkompressionssyndrome
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kortikosteroidinjektionen bei KTS: Schwere Komplikationen sind selten

Kaile E, Bland JDP.
Safety of corticosteroid injection for carpal tunnel syndrome.

J Hand Surg Eur Vol 2018;
43: 296-302
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Publication History

Publication Date:
15 January 2019 (online)

 

    Die lokale Injektion von Kortikosteroiden soll bei Patienten mit Karpaltunnelsyndrom (KTS) zu einer Besserung der Symptome führen. Allerdings betrachten viele Mediziner das Verfahren als bestenfalls wirkungslos und im schlimmsten Fall als komplikationsbehaftet. Sie befürchten v. a. Sehnenrupturen und intraneurale Injektionen mit der Folge chronischer neuropathischer Schmerzen.


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    Berichte über derartige Ereignisse beschreiben aber im Wesentlichen Einzelfälle, daher haben 2 britische Mediziner ihre Akten nun systematisch daraufhin ausgewertet.

    In die Analyse gingen 9515 Injektionen (Triamcinolon 40 mg ohne Zusatz von Lokalanästhetika) ein, die zwischen April 2004 und September 2016 in der Spezialklinik der Autoren verabreicht worden waren. Indikation war ein KTS vom Schweregrad 1 – 3. Die Injektion erfolgte dabei im Allgemeinen ohne sonografische Kontrolle radial der Sehne des M. flexor carpi radialis unter Vermeidung der A. radialis., wobei die Patienten aufgefordert wurden, Missempfindungen des N. medianus mitzuteilen.

    Das Auftreten schwerer unerwünschter Wirkungen wurde stets in den Akten dokumentiert. Im Zeitraum zwischen September 2014 und Juni 2016 (693 auswertbare Injektionen) hatten die behandelnden Ärzte darüber hinaus bei der Kontrolluntersuchung 6 Wochen nach der Intervention explizit nach Nebenwirkungen gefragt.

    Emma Kaile und Jeremy Bland identifizierten in der Gesamtgruppe aller Patienten insgesamt 4 schwere Nebenwirkungen (bei 9515 Injektionen): eine wahrscheinliche intraneurale Injektion mit zunächst persistierenden Schmerzen, die sich nach 3 Jahren zurückgebildet hatten, eine Sehnenruptur bei einem Patienten mit insgesamt 10 Injektionen und 2 Fälle einer Ischämie des Fingerendgliedes mit partieller Nekrose.

    Geringfügigere Nebenwirkungen waren allerdings deutlich häufiger: In dem Zeitraum, in dem sie aktiv danach gefragt wurden, nannten Patienten

    • nach 89 Injektionen (13 %) Schmerzen im betroffenen Gelenk und Unterarm, die sich im Allgemeinen innerhalb einer Woche (70 Injektionen), aber spätestes 3 Wochen nach der Injektion zurückgebildet hatten,

    • nach 16 Injektionen Hämatome und

    • als häufigste systemische Wirkung bei 13 Injektionen einen gesichtsbetonten Flush (12 Fälle bei Frauen).

    Neben diesen vorübergehenden Nebenwirkungen kam es nach 13 Injektionen zu einer anhaltenden lokalen Atrophie des Fettgewebes und Depigmentierung der Haut. Insgesamt berechneten die Autoren eine Inzidenz von

    •  < 0,1 % für schwere Nebenwirkungen (Sehnenruptur, intraneurale Injektion, Gangrän),

    • 2 % für persistierende geringfügige Nebenwirkungen (subkutane Atrophie, Depigmentierung) und

    • 15 – 20 % für geringfügige vorübergehende Nebenwirkungen (Schmerzen, Hämatome, Flushing).

    Hinweise auf eine Zunahme unerwünschter Wirkungen mit zunehmender Zahl von Injektionen an derselben Hand fanden sich dagegen nicht: Die Häufigkeit lag bei 34 % (1. Injektion), 36 % (2. Injektion) und 35 % (3. Injektion).

    Fazit

    Schwere Nebenwirkungen nach Kortikosteroidinjektionen bei KTS sind demnach selten, meinen die Autoren, auch ohne routinemäßige sonografische Kontrolle. Über vorübergehende Schmerzen und Hämatome sollten Patienten allerdings aufgeklärt werden. Kaile und Bland betonen jedoch, dass die hier berücksichtigten Injektionen von speziell geschulten Ärzten durchgeführt wurden. Ungeübte Mediziner sollten entweder ein solches Training absolvieren oder eine Überweisung zum Spezialisten in Erwägung ziehen.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim

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    Medikamenteninduzierte Hypopigmentierung. Hypopigmentierung nach monatelanger lokaler Kortikosteroidapplikation bei Hautyp IV nach Fitzpatrick.
    (Quelle: Lautenschlager S. Depigmentierungen/Hypopigmentierungen. In: Battegay E, Hrsg. Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten. 21., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme; 2017).

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    Medikamenteninduzierte Hypopigmentierung. Hypopigmentierung nach monatelanger lokaler Kortikosteroidapplikation bei Hautyp IV nach Fitzpatrick.
    (Quelle: Lautenschlager S. Depigmentierungen/Hypopigmentierungen. In: Battegay E, Hrsg. Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten. 21., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme; 2017).