Handchirurgie Scan 2018; 07(03): 184-186
DOI: 10.1055/a-0644-8998
Diskussion
Rhizarthrose
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arthroskopische Synovektomie mit Interposition von autologem Fettgewebe bei Rhizarthrose

Kemper R. et al.
Arthroscopic Synovectomy Combined with Autologous Fat Grafting in Early Stages of CMC Osteoarthritis of the Thumb.

J Wrist Surg 2018;
7: 165-171
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 January 2019 (online)

 

    Bei einer symptomatischen Arthrose des Daumensattelgelenkes (Rhizarthrose) sind zunächst konservative Maßnahmen angezeigt, wie die Ruhigstellung des Gelenkes und die Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika und/oder von Kortikosteroiden. Sind diese Verfahren ausgereizt, kommt eine Reihe operativer Eingriffe infrage.


    #

    Klassisch ist dabei die Trapezektomie mit oder ohne Ligamentrekonstruktion (Suspension) und Weichteilinterposition. Kemper et al. stellen einen anderen Ansatz vor.
    Die Mediziner aus Regensburg und Murnau haben 12 Patienten (2 Männer) im Alter zwischen 30 und 67 Jahren in eine retrospektive Auswertung aufgenommen. Bei allen Teilnehmern lag eine frühe Rhizarthrose vor (Stadium 1 oder 2 nach Eaton-Littler in den Röntgenaufnahmen), eine konservative Therapie über ≥ 3 Monate hatte keine Erfolge erbracht. Zwischen Oktober 2013 und Juni 2016 führten die Handchirurgen bei diesen Patienten ein arthroskopisches Debridement des Gelenks mit Synovialisresektion und ggf. Entfernung von freien Gelenkkörpern durch. Anschließend wurde aus dem Abdomen des Patienten Fettgewebe entnommen und davon 2 ml unter arthroskopischer Sicht in den Gelenkspalt eingebracht. Als biologische Grundlage einer positiven Wirkung werden u. a. von den Adipozyten freigesetzte Wachstumsfaktoren vermutet.

    Postoperativ erfolgte eine Ruhigstellung des Gelenkes in einer Orthese für 4 Wochen, 6 Wochen postoperativ war die volle Belastung erlaubt.

    Für die jetzige Auswertung beurteilten Kemper und Kollegen

    • die Veränderung der Schmerzstärke auf einer visuellen Analogskala (VAS) von 0 (keine Schmerzen) bis 10 (stärkste vorstellbare Schmerzen) im Vergleich zu den präoperativen Werten,

    • die Veränderung der Funktionsfähigkeit nach Einschätzung der Patienten laut QuickDASH (Disabilities of the Arm, Shoulder, and Hand) im Vergleich zu den präoperativen Werten,

    • die postoperative Kraft bei Grob- und Spitzgriff und

    • die postoperative Fähigkeit zur Radialabduktion des Daumens.

    Dabei fanden sie

    • nach 3 – 6 Monaten bei den meisten Patienten eine Verminderung der Ruheschmerzen (präoperativ im Mittel 4,7 VAS-Punkte, auf postoperativ 1 – 6 Punkte) und eine Reduktion der Schmerzen unter Belastung (präoperativ 8,6 VAS-Punkte, postoperativ 2 – 10 Punkte),

    • nach 12 Monaten ähnliche Tendenzen (Ruheschmerzen 1 – 5 Punkte, Belastungsschmerzen 1 – 10 Punkte),

    • nach 24 Monaten bei 4 auswertbaren Patienten Ruheschmerzen zwischen 0 und 1 Punkt und Belastungsschmerzen zwischen 2 und 3 Punkten,

    • im QuickDASH im Mittel eine subjektive Verbesserung der Funktion,

    • bis Monat 12 eine Kraftminderung im operierten Gelenk im Vergleich zur gesunden Gegenseite, mit einer anschließenden allmählichen Verbesserung und

    • einen Bewegungsumfang des Daumens etwa entsprechend dem der gesunden Seite.

    Bei einem Patienten kam es zu über 9 Monate anhaltenden postoperativen Schmerzen, die sich unter spezieller Schmerz- und Physiotherapie zurückbildeten. Infektionen traten nicht auf, ebenso kam es zu keinen Komplikationen von Seiten der Fettgewebe-Entnahmestelle. Eine Trapezektomie wurde bislang bei keinem der Patienten notwendig.

    Fazit

    Die Kombination aus arthroskopischem Debridement und Interposition von autologem Fettgewebe könnte bei einer Rhizarthrose zumindest in Frühstadien eine Alternative zu invasiveren chirurgischen Behandlungsverfahren darstellen, so die Autoren. Allerdings sind prospektive Studien mit größeren Patientenzahlen und einer längeren Nachbeobachtungszeit notwendig, bevor die Methode allgemein empfohlen werden kann.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim

    Kommentar

    Die autologe Fettgewebstransplantation ist nach ersten Studien zur Behandlung der Rhizarhrose besonders in frühen Stadien wirksam.


    Dabei werden auch Stammzellen aus dem Fettgewebe injiziert, die somit ohne großen technischen Aufwand gewonnen werden können. Stammzellen haben sich zur Behandlung von Arthrose in verschiedenen tierexperimentellen Modellen als effektiv erwiesen. Auch heilt im Experiment implantiertes Gewebe nach Operationen (Bandplastiken) durch die Applikation von Stammzellen besser ein. Erste klinische Studien sind noch widersprüchlich.


    Die Injektion von autologem Fettgewebe in das Daumensattelgelenk zeigt in diesen ersten Studien eine deutliche Besserung der Ruhe und Belastungsschmerzen in den ersten Wochen, die über mehrere Monate anhält und nach einem Jahr in der Wirkung etwas nachzulassen scheint. Verschiedene Wirk-Mechanismen werden diskutiert: eine Pufferfunktion, ein unmittelbarer entzündungshemmender Effekt der Stammzellen und eine Umwandlung der Stammzellen in ortsständiges Gewebe.


    Zur wenig invasiven operativen Behandlung der Rhizarthrose werden arthroskopische Verfahren angewendet. In den meisten Fällen wird ein Teil des Os trapezium reseziert. In einigen Studien wurde autologes Gewebe oder Fremdmaterial interponiert, in anderen wurde ohne Interponat reseziert. Nur in einer Studie wurde auch über Erfolge nach alleiniger arthroskopischer Synovektomie mit Debridement im Stadium I und II nach Littler-Eaton berichtet, die nach einem Jahr andauern.


    Kemper und Mitarbeiter haben die arthroskopische Synovektomie mit der Injektion von Fettgewebe kombiniert. Sie beschränken sich auf die Stadien I und II. Es ist denkbar, dass sich beide Verfahren ergänzen und bessere Ergebnisse als nach einem der Verfahren allein erreicht werden. Dafür spricht, dass bei 4 Patienten ein positiver Effekt noch nach 2 Jahren erkennbar ist. Vorstellbar ist, dass durch die arthroskopische Vorbereitung und Erzeugung von Wundflächen die Stammzellen des Fettgewebes einheilen und sich in ortsständige Zellen umwandeln können.


    Allerdings wurde auch bei 4 der 12 behandelten Patienten ein deutlich verzögerter Rückgang der Beschwerden festgestellt, wenn man den Verlauf mit den Berichten über alleinige Fettgewebs-Injektion vergleicht. Ein zumindest teilweise negativer Effekt der Kombination von Arthroskopie und Fettgewebsinjektion ist nicht auszuschließen.


    Die Ergebnisse sind in der Studie ausführlich und gut nachvollziehbar dokumentiert. Eine fundierte Aussage über die Wirksamkeit oder Empfehlung zur Anwendung dieses kombinierten Verfahrens ist allein aufgrund der geringen Fallzahl nicht möglich. Die bisherigen Ergebnisse sind jedoch erfolgversprechend, so dass man dem Patienten das Verfahren nach genauer Information anbieten kann. Unbedingt sollten die weiteren Erfahrungen in Form von Studien dokumentiert werden.


    Zur Arthroskopie und arthroskopischen Operation des Sattelgelenkes allein besteht nach meiner Erfahrung eine nur relative Indikation. Kürzlich zeigte eine vergleichende Studie von partieller, arthroskopischer Resektion des Os trapezium gegenüber der offenen Resektionsarthroplastik ungünstigere Ergebnisse für das arthroskopische Verfahren [3].


    Autorinnen/Autoren

    Zoom Image
    Dr. Heinrich-Geert Tünnerhoff, Praxis und Belegklinik für Handchirurgie und plastische Chirurgie, Dr. Becker und Dr. Lauffer, Marbach am Neckar

    Literatur


    [1] Haas EM, Volkmer E, Giunta RE. Pilot study on the effects and benefits of autologous fat grafting in osteoarthritis of the CMC-1 joint compared to intraarticular cortisone injection: results after 3 months. Handchirurgie, Mikrochirurgie, plastische Chirurgie 2017; 49: 288 – 296


    [2] Herold C, Rennekampff HO, Groddeck R et al. Autologous Fat Transfer for Thumb Carpometacarpal Joint Osteoarthritis: A Prospective Study. Plastic and reconstructive surgery 2017; 140: 327 – 335


    [3] Rog D, Ozyurekoglu T, Karuppiah KK (2018) Arthroscopic Abrasion Arthroplasty Is Not Superior to Ligament Reconstruction and Tendon Interposition for Thumb Carpometacarpal Arthritis. Hand (N Y) 2018; 1558944718778405


    #


    Zoom Image
    Dr. Heinrich-Geert Tünnerhoff, Praxis und Belegklinik für Handchirurgie und plastische Chirurgie, Dr. Becker und Dr. Lauffer, Marbach am Neckar