Handchirurgie Scan 2018; 07(03): 186-187
DOI: 10.1055/a-0644-9211
Diskussion
Rhizarthrose
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

3-Jahres-Ergebnisse der Arthroplastik mit dem bioresorbierbaren Interponat RegJoint

Mattila S. et al.
Bioabsorbable poly-L/D-lactide (96/4) scaffold arthroplasty (RegJoint™) for trapeziometacarpal osteoarthritis: a 3-year follow-up study.

J Hand Surg Eur Vol 2018;
43: 413-419
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 January 2019 (online)

 

    Der komplett bioresorbierbare Gelenkspacer RegJoint™ ist ein Polymerkissen, das in etwa 3 Jahren vollständig abgebaut werden soll. Während des Abbaus wird das Implantat allmählich durch körpereigenes Bindegewebe im Gelenkspalt ersetzt und es entsteht ein neues Pseudogelenk. RegJoint™ kommt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis der Daumensattel-, Fingergrund- und Zehengrundgelenke erfolgreich zum Einsatz. Welche mittelfristigen Resultate sind bei Patienten mit Rhizarthrose zu erwarten?


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    Simon Mattila und Kollegen vom Department of Hand Surgery in Helsinki berichteten 2016 über die 1-Jahres-Kurzzeitergebnisse nach RegJoint-Implantation bei Patienten mit Arthrose des Sattelgelenkes. Sie fanden überraschenderweise eine Osteolyse in unterschiedlicher Ausprägung bei 22 der 23 operierten Patienten und eine Fremdkörperreaktion bei 7 Patienten. In ihrer aktuellen Studie berichten sie nun über die mittelfristigen Ergebnisse bei diesen Patienten.

    Die Ärzte implantierten bei 23 Patienten mit radiologisch verifizierter Arthrose des Sattelgelenkes nach partieller Trapezektomie ein RegJoint™-Polymerkissen. Postoperativ erfolgte die Immobilisierung des Daumens mit einer Gipsschiene für 4 Wochen. Für die Auswertung der Langzeitergebnisse standen 22 Patienten zur Verfügung, die zu einer finalen Nachuntersuchung nach durchschnittlich 40 Monaten gebeten wurden (Range 36 – 53 Monate).

    Bei der Untersuchung nach einem Jahr zeigten 7 Patienten eine klinisch manifeste Fremdkörperreaktion mit erhöhtem Schmerzempfinden, Versteifung und Anschwellen im operierten Bereich. Drei dieser Patienten (13 %) wurden nach durchschnittlich 1,7 Jahren operativ revidiert. Während der Revision zeigte sich, dass die Filamente des Polymer-Implantats gebrochen waren, es fanden sich Fragmente verschiedenster Größe mit einem Durchmesser von 10 – 120 µm. Die Polymerfragmente waren eingebettet in Granulome und umgeben von infiltrierten Entzündungszellen.

    Die weiteren 4 dieser 7 Patienten, die nach einem Jahr eine Fremdkörperreaktion gezeigt hatten, berichteten von einem Rückgang ihrer subjektiven Symptome. Nach 3 Jahren, einem Zeitpunkt, zu dem das Implantat sich vollständig abgebaut haben sollte, waren die klinischen Anzeichen der Fremdkörperreaktion bei diesen 4 Patienten vollständig zurückgegangen und das durchschnittliche Schmerzempfinden war, bis auf einen Patienten, sehr niedrig (20 mm auf der 100 mm-visuellen-Analogskala).

    Die statistische Auswertung erfolgte mit den Daten der 20 Patienten ohne Revision. Der Vergleich der 1-Jahres- mit den 3-Jahres-Ergebnissen zeigte eine signifikante Zunahme der Griffkraft und der Schlüsselgriff-Stärke, der palmaren Abduktion und der Flexionswerte der Fingergrundgelenke. Beim Vergleich der präoperativen mit den 3-Jahres-Werten zeigte sich eine signifikante Reduktion der Schmerzbewertung (60 mm vs. 10 mm auf der 100 mm-visuellen-Analogskala), des Quick-DASH (55 vs. 13) und der Werte im Patient Evaluation Measure Fragebogen (66 vs. 11). Die Röntgenaufnahmen dieser Patienten nach 3 Jahren zeigten jedoch, dass die Ränder der osteolytischen Veränderungen im Bereich der Implantationsstelle bei 18 von 19 Patienten immer noch sichtbar waren.

    Fazit

    Bei Implantation des bioresorbierbaren Gelenkspacers RegJoint™ kam es bei einer großen Zahl an Patienten mit Arthrose des Sattelgelenkes schon bald nach dem operativen Eingriff zu Fremdkörperreaktionen und Osteolyse. Die Fremdkörperreaktionen waren nach komplettem Abbau des Implantates nach etwa 3 Jahren zwar vollständig rückläufig, die Autoren raten aber vom Einsatz des RegJoint™ bei Patienten mit Arthrose der kleinen Finger- und Zehengelenke ab.

    Dr. Michaela Bitzer, Tübingen

    Kommentar

    Nun also das Update der 1-Jahres-Ergebnisse von Mattila (2016), welche in diesem Heft schon kommentiert wurden. Im Grunde decken sich die hier vorgestellten Ergebnisse und die daraus gezogenen Rückschlüsse nahezu vollständig mit meinen Erfahrungen mit diesem Implantat. Die entscheidende Frage scheint die Selektion der Patienten zu sein. Bisher fanden subchondrale Zysten („Geröllzysten“) in der Entscheidung der Interponate keine Berücksichtigung. Gerade bei der Verwendung alloplastischer Interponate sind diese aber neben dem auf das Interponat einwirkenden Druck in Bezug auf die zu erwartende Osteolysenbildung der entscheidende Faktor. Ich verwende aus diesem Grund bei präoperativ vorhandenen Zysten in der MC1-Basis seit 2 Jahren autogene Sehneninterponate, welche überraschenderweise ebenfalls Osteolysen aufweisen, wenn auch nicht in dem gleichen Ausmaß wie bei Verwendung von RegJoint! Die Fremdkörperreaktion ist also nicht allein der Grund für Osteolysenbildung, sondern scheint eher eine Katalysatorfunktion zu haben. Nach der Veröffentlichung von Mattila 2016 habe ich mein Patientenkollektiv noch einmal überprüft und konnte feststellen, dass massive Osteolysen in nahezu allen Fällen mit schon präoperativer ausgeprägter Zystenbildung vergesellschaftet waren und die Osteolysen sich genau im Zystenbereich bildeten. Insgesamt induziert RegJoint „nur“ 1 – 3 mm große Osteolysen, allerdings auch in den präformierten Zysten! Ein weiterer aus meiner Sicht wichtiger Punkt ist der geringe funktionelle Gewinn der Patienten bei Mattila. Die funktionellen Resultate unterscheiden sich nach 3 Jahren nicht von den 1-Jahres-Resultaten (wie bei mir) und weisen keinen Vorteil im Vergleich zur kompletten Trapezektomie auf. Dies ist in meiner Studie deutlich anders. Eine Erklärung könnte aus meiner Sicht bei gleicher OP-Technik und identischem Studienaufbau der kleine Unterschied in der Nachbehandlung sein. Mattila lässt seine Patienten nach 7 Wochen unlimitiert üben, in meiner Studie erfolgt der Kraftaufbau erst nach 3 Monaten. In den ersten 3 Monaten liegt der Fokus ausschließlich auf dem Erreichen eines vollen Bewegungsausmaßes des Daumenstrahls unter absolutem Verbot eines kraftvollen Grob- oder Feingriffs. Die zu frühe Druckbelastung scheint die Narbe zu schädigen und sollte aus meiner Sicht unbedingt vermieden werden! Doch dies ist nur eine persönliche Einschätzung, welche es zukünftig noch zu beweisen gilt.


    Interessenkonflikt


    Entwicklervertrag für Zach-Kompressionsdraht mit der Fa. Königsee Implantate


    Autorinnen/Autoren

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    Dr. med. Alexander Zach, Gemeinschaftspraxis Orthopädie und Unfallchirurgie Witstruck, Raabe, Zach, Tesmer, Bartel, Stralsund; Helios Hanseklinikum Stralsund, Leiter Sektion Handchirurgie, Abt. f. Unfallchirurgie, Stralsund

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    Dr. med. Alexander Zach, Gemeinschaftspraxis Orthopädie und Unfallchirurgie Witstruck, Raabe, Zach, Tesmer, Bartel, Stralsund; Helios Hanseklinikum Stralsund, Leiter Sektion Handchirurgie, Abt. f. Unfallchirurgie, Stralsund